Aus der Antike in die Zukunft: Edition Topoi und Enhanced Publications

Das Feld des wissenschaftlichen Publizierens ist unter dem Einfluss der Digitalisierung einigermaßen unübersichtlich geworden. Wie etwa die Entstehung von Wissenschaftsblogs, maschinenlesbaren Nanopublikationen, Overlay Journals und speziellen Zeitschriften für die Veröffentlichung von Forschungsdaten, wissenschaftlichem Code oder Experimentvisualisierungen dokumentiert, ist ein Strukturwandel der Wissenschaftskommunikation in vollem Gange, in dessen Gefolge nicht nur Diversität und Granularität der publizierbaren Einheiten zunehmen, sondern auch die Erosion der im Druckzeitalter etablierten und an der Buchseite orientierten Grenzen von Dokumenten rasant voranschreitet. Denn wissenschaftliche Beiträge werden inzwischen nicht selten um Kommentarfunktionen und digitale Zusatzmaterialien erweitert, als Living Documents aktuell gehalten oder für das Text- und Data-Mining semantisch angereichert – ein Szenario, in dem selbst statische PDF-Dokumente vermittels des Utopia-Readers zu ungeahntem Leben erwachen können.

Dabei ist dieser Prozess – wovon etwa die Anfang 2014 von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften organisierte und alle Disziplinen einbeziehende Konsultation zur Zukunft des wissenschaftlichen Publikationssystems zeugt – keineswegs auf die Technik-, Natur- und Lebenswissenschaften beschränkt. Auch die Geistes- und Kulturwissenschaften, deren Publikationsformate der Zukunft sogar in einem kürzlich abgeschlossenen Forschungsprojekt exploriert wurden, gestalten den gegenwärtigen Strukturwandel der Wissenschaftskommunikation aktiv mit.

Besonders eindrucksvoll belegt dies eine kürzlich vorgestellte Erweiterung, mit der die ebenso reputierte wie produktive Open Access-Publikationsplattform des altertumswissenschaftlichen Exzellenzclusters Topoi – The Formation and Transformation of Space and Knowledge in Ancient Civilizations gewissermaßen im Futur II konjugiert wird. Und wir freuen uns darüber umso mehr, als doch das Projektkonsortium dieses im Rahmen der Exzellenzinitiative errichteten Forschungsverbunds neben der Freien und Humboldt-Universität auch die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, das Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, das Deutsche Archäologische Institut sowie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz unter Beteiligung unserer Kartenabteilung umfasst.

Konkret wurde eine technische Lösung dafür geschaffen, die in der Edition Topoi im Open Access erscheinenden Monographien, Sammlungen und Zeitschriftenaufsätze als Enhanced Publications, also gemeinsam mit den jeweils zugrundeliegenden Forschungsdaten zitierfähig zu veröffentlichen – darunter Digitalisate von Quellentexten und Objekten oder auch dreidimensionale Rekonstruktionen und Architekturmodelle. Neben entsprechenden Speicherinfrastrukturen stellt die Edition Topoi zudem auch eine komfortable Viewer-Software bereit, um die einzelnen Studien in ihrer digitalen Erweiterung sichtbar zu machen und Interaktion damit – etwa durch Annotationen oder dynamische Verlinkung externer Ressourcen – zu befördern.

Aber damit nicht genug, reicht doch der innovative Impuls der Edition Topoi, wie im Zuge der Präsentation dieser zukunftsweisenden Publikationsplattform deutlich wurde, durchaus bis in die Sphäre der Wissenschaftspolitik: Zu diesem Anlass legten nämlich die Trägereinrichtungen des Exzellenzclusters in Form einer bekräftigenden Note zur von diesen seit Langem bereits unterzeichneten Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen das Bekenntnis dazu ab, das Open Access-Paradigma konsequent auch auf (altertumswissenschaftliche) Forschungsdaten und Digitalisate anzuwenden und deren Nachnutzbarkeit – nicht zuletzt durch Computer – zu erleichtern.

Es versteht sich, dass Enhanced Publications gerade in einem Büchertempel, in dem von der frühmittelalterlichen Handschrift bis zum zeitgenössischen künstlerischen Objektbuch nahezu alle Erscheinungsformen von Schriftlichkeit zu finden sind, große Aufmerksamkeit genießen: So unterstützt z.B. die Möglichkeit zur persistenten Referenzierung unserer Digitalisate auf Seitenebene die nahtlose Verknüpfung wissenschaftlicher Veröffentlichungen mit den jeweils darin zitierten Quellentexten. Zudem tragen unsere Projektaktivitäten in den Bereichen von Texterkennung und Text Mining dazu bei, die digitalisierten Segmente unserer Sammlungen in maschinenlesbare Forschungsdaten zu transformieren, die Sie wiederum für die Erweiterung Ihrer Publikationen verwenden können. Und schließlich ist in diesem Zusammenhang noch das disziplinäre Open Access-Repositorium unseres Fachinformationsdiensts für internationale und interdisziplinäre Rechtsforschung zu nennen, das sowohl für juristische Textbeiträge offen steht als auch und naturgemäß für die Veröffentlichung der dazugehörigen prozessierten Forschungsdatensätze.

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