„Er war immer sehr offen für Kritik – sofern die Kritik von ihm selbst kam.“

Rückblick zum Werkstattgespräch mit Prof. Dr. Peter-André Alt zur neuen Sigmund Freud-Biographie

Am 14. Februar war Prof. Dr. Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität Berlin, zu Gast in der Staatsbibliothek, um seine neue Biographie zu Sigmund Freud im Rahmen eines Gesprächs mit Generaldirektorin Barbara Schneider-Kempf vorzustellen.

Nach der Begrüßung der Gäste und einer Einführung in das Thema nahmen Peter-André Alt und Barbara Schneider-Kempf auf einer schwarzen Recamiere Platz und sprachen über Alts Motivation und Schreibprozess, Sigmund Freuds Persönlichkeit und die Wirkung der psychoanalytischen Erkenntnisse auf verschiedene Wissenschafts- und Kulturbereiche. Besonders beeindruckend wirkte dabei die Leistung des Literaturwissenschaftlers und Präsidenten der FU Berlin, Peter-André Alt, die Fülle an Material aus alten und neuen Quellen sowie aus der Unmenge an internationaler Forschungsliteratur auszuwerten und zu einem stimmigen Gesamtbild zu komponieren. Alt reizte dabei vor allem, dass es trotz der hohen Anzahl an bislang bereits veröffentlichten Freud-Biographien immer noch Facetten zu entdecken gibt, die in der Forschung bislang kaum Beachtung gefunden haben.
Neben vielen anderen Aspekten, die im Gespräch gestreift wurden, hob Alt einige der faszinierenden Charaktereigenschaften und Eigenheiten Sigmund Freuds hervor, wie seine eiserne Disziplin und die Fähigkeit, sich selbst immer wieder zu reflektieren und zu korrigieren. So war Freud durchaus aufnahmefähig für Kritik an seinen Thesen und Überzeugungen – allerdings nur dann, wenn die Kritik von ihm selbst kam. Anderen Kritikern gegenüber war er unerbittlich. Er brach mit langjährigen Freunden und ließ bislang geförderte Talente gnadenlos fallen, wenn sie Zweifel an Freuds Theorien äußerten.Alt schilderte zudem die breite gesellschaftliche Wirkung der psychoanalytischen Erkenntnisse, ohne die wir heute ganz anders denken und handeln würden. Bei jeder neueren biographischen Darstellung beispielsweise werden auch die familiären Prägungen ganz selbstverständlich berücksichtigt. Dagegen sei zu beklagen, dass die Psychoanalyse trotzdem nie eine angemessene wissenschaftliche Anerkennung erfahren habe. So gebe es an den Universitäten keine psychoanalytischen Fachbereiche.

Das Gespräch im prall gefüllten Simón-Bolívar-Saal wurde ergänzt durch zwei Lesungen aus der Biographie und eine anschließende Publikumsdiskussion.

Begleitend zeigte die Staatsbibliothek exklusiv an diesem Abend eine kleine Ausstellung mit besonderen Beständen zu Sigmund Freud, darunter wenig bekannte frühe Schriften, Erstausgaben seiner wegweisenden Werke, ein Briefautograph und eine illustrierte Ausgabe von E.T.A. Hoffmanns phantastischem Werk „Die Elixier des Teufels“, das Freud beeinflusste, sowie einige Exponate zur Freud-Rezeption.

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