18. Dezember
Kennen Sie Madame CoCo? Sie denken an Coco Chanel – über die wird später noch zu sprechen sein. Nein, hier ist die Rede von der Gelbstirnamazone CoCo, die – durchaus eine kleine Amazone – als Mäzenin junge, noch unbekannte Grafiker*innen, aber auch renommierte Vertreter*innen dieser Kunst beauftragt, für sie ein Exlibris, ein Bucheignerzeichen, zu stechen. Einzige Bedingung: sie selbst muss abgebildet werden. Damit knüpft sie an die alte Tradition an, Bücher der eigenen Bibliothek mit dem Namen des Eigners zu verbinden, sei es durch einen handschriftlichen Eintrag, ein gestempeltes oder gedrucktes Wappen oder ein kleines Bild, das die Büchersammlung oder den Eigner charakterisiert. Eine Sitte, die sehr schnell zur Sammelleidenschaft wurde wie bei CoCo, die aber auch ein sicherer Nachweis für die Provenienz eines Buches ist und daher den Bibliotheken dazu dient, den möglichen Eigentümer unrechtmäßig in ihren Besitz gelangter Bücher ausfindig zu machen. CoCos Exlibris-Serie ist inzwischen in zahlreichen deutschsprachigen Bibliotheken von Zürich über Wien, München, Frankfurt und Hannover vertreten, so auch in der Staatsbibliothek zu Berlin.
Freundlich übergeben von dem rührigen Impresario Gerhard Hartmann, gibt es eine Bedingung für die Schenkung: eine Danksagung an CoCo persönlich, was sicher dem einen oder anderen Bibliothekar etwas Überwindung abverlangt! An ein Phantom schreiben? Aber nein, CoCo ist kein Phantom, sondern ein sehr lebendiger Vogel, der zum neuen Jahr gerne eine seiner Federn an die Sammlerfreundinnen verschickt und der treu versorgt und behütet in einer Lebensgemeinschaft mit Gerhard und Brigitte Hartmann lebt, einem Sammler- und Mäzen-Ehepaar aus Lindau am Bodensee, das bekannt für seine eindrucksvolle Sammlung zeitgenössischer Druckgrafik ist.
An der Staatsbibliothek ergänzt die „Sammlung CoCo“ die beiden großen Exlibris-Sammlungen aus der Vorkriegs- und der Nachkriegszeit und die zahlreichen Ankäufe und Geschenke aus jüngerer Zeit, wie u.a. die Nachlässe von Gerhard Tag und Oswin Volkamer.
Sie sehen in dem heutigen Adventskalenderfenster einen Farbholzschnitt des Leipziger Grafikers Frank Eißner, der CoCo im Dialog mit ihrer Namensvetterin, der französischen Modeschöpferin – beide Damen nicht im kleinen Schwarzen – präsentiert; die Radierung des estnischen Illustrators und Grafikers Harry Jürgens, der Coco als Grande Dame mit Hut und Zigarettenspitze im Kreise ihrer Bewunderer darstellt, eine Arbeit für den 7. Exlibriswettbewerb in Shanghai 2013. Die Berliner Grafikerin Bettina Rulf gestaltete 2008 CoCo als mittelalterliche Amazone mit Pfeil und Bogen auf einem Steckenpferd sitzend, über ihr die Trophäen eines Jahrmarktsschießstandes. Claudia Berg aus Halle rückt 2011 auf ihrer Radierung die Gelbstirnamazone ganz an das Ende ihrer Sitzstange, hier sieht sie scheu auf den Betrachter.