19. Dezember
Wenn Sie glauben, bei unserem heutigen Objekt handelt es sich um Geschenkpapier, dann müssen wir Sie enttäuschen! Es handelt sich auch nicht um einen selbstgezeichneten Tannenzweig! Sehen Sie einmal genauer hin! Was erkennen Sie?
Ganz genau, es handelt sich um eine Landkarte. Aber nicht um irgendeine! Das heutige Objekt ist eine sogenannte Manuskriptkarte aus der späten Qing-Dynastie, die sich in der Sammlung mongolischer Karten der SBB befindet. Sie ist auf den 29. Tag des Ersten Frühlingsmonats im Zweiten Jahr der Regierungsdevise Xuantong („Verkündete Ordnung“) datiert, was dem 10. März 1910 entspricht. Und sicher fragen Sie sich jetzt, wofür diese Karte genutzt wurde? Leider nicht für Reisen oder Wanderungen, sondern mithilfe solcher Karten wurden ganz schnöde Steuern erhoben.
Die „Karte des Banners des Nawangsikür“ zeigt das Weidegebiet eines hohen Adligen, dessen Residenz samt Kloster im Zentrum zu erkennen sind: zwei Jurten und ein rechteckiges Gebäude. Das Gebiet liegt im Nordosten der heutigen Mongolei. Im oberen Teil der Karte sieht man das Quellgebiet des Flusses Onon, der im Khentii-Gebirge mit seinen schneebedeckten Kuppen entspringt. In seinem weiteren Verlauf fließt er in nördlicher Richtung nach Sibirien, wo er sich mit der Ingoda zur Schilka vereinigt. Aus dem Zusammenfluss von Schilka und dem sich aus Süden nähernden Argun entsteht der mächtige Amur, der nach zweitausend Kilometern nahe der Stadt Nikolajewsk ins Meer mündet. Auf dem Onon kann man mit einem Boot bis zum Pazifik gelangen.
Nicht so weit führt der deutlich größer gezeichnete, südwärts strömende Cherlen. Der wird sich bald nach Osten wenden, weite Steppengebiete durchqueren und sich schließlich in einen See ergießen, den die Chinesen Hulun Hu nennen, die Mongolen aber lieber als Dalai Nuur bezeichnen. Trotz seines Namens ist der „Ozean-See“ ein chinesischer Binnensee ohne Abfluss und somit Endstation des Flusses Cherlen.
Beschrieben ist die Karte in dem Werk „Mongolische Handschriften, Blockdrucke, Landkarten“ von Walther Heissig und Klaus Sagaster, Wiesbaden 1961, Seite 387, Katalognummer Hs. or. 153.
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