4. Dezember
Weihnachten als das „Fest der Liebe“ diente seit jeher auch als Anlass und Motiv für die Kriegspropaganda. Das Flugblatt an „Deutsche Frauen und Mädchen!“ ist hierfür ein Beispiel. Produziert und verteilt wurde es von der Sowjetischen Armee im Dezember 1941. Der im Juni desselben Jahres von Deutschland entfesselte Vernichtungskrieg hatte die Wehrmacht zu diesem Zeitpunkt bis vor die Tore Moskaus gebracht, wo der Kriegsverlauf jedoch eine entscheidende Wendung nehmen sollte. Während die territoriale Expansion der Wehrmacht an diversen Fronten gestoppt und in den Folgejahren rückgängig gemacht werden konnte, wurde die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden und anderer durch das NS-Regime verfolgter Gruppen bis zum Kriegsende stets weiter forciert.
Die Staatsbibliothek bewahrt eine Sammlung von rund 30.000 Einblattdrucken und Flugblättern vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Häufig sind diese Objekte mit Bildern oder Karikaturen versehen. Dies gilt insbesondere für Kriegszeiten, in denen Flugblätter vornehmlich der Propaganda dienten. Das hier präsentierte Objekt ist demgegenüber schlicht gehalten und beschränkt sich auf eine Textbotschaft. Es appelliert an die deutschen Mütter, „Gattinnen“ und „Mädchen“, denen das dritte Weihnachtsfest in Kriegszeiten bevorsteht. Die einzige Chance, ihre Söhne, Männer und „Liebsten“ wiederzusehen, bestünde für die Frauen demnach darin, sich gegen das NS-Regime zu wenden und damit ein Ende des brutalen Krieges herbeizuführen (zum Volltext).
Zur Verteilung der Flugblätter bedienten sich die Militärs verschiedenster technischer Hilfsmittel. Im Deutsch-Französischen Krieg 1870–71 beispielsweise kamen Flugblattballone zum Einsatz. Im Zweiten Weltkrieg wurden Flugblätter vermehrt über Artilleriegeschosse und Bombenflugzeuge verbreitet. Die Flugblattbomben waren dabei mit einem Zeitzünder ausgestattet, damit das Propagandamaterial möglichst gestreut platziert werden konnte. Das hier abgebildete Objekt zeigt das deutsche Propaganda-Geschoss 41, das im Zweiten Weltkrieg eingesetzt und mittels Artillerie abgefeuert wurde (das Objekt finden Sie auch in unseren Digitalisierten Sammlungen).
Literaturhinweis: Kirchner, Klaus: Flugblatt-Propaganda im 2. Weltkrieg. 22 Bände. Verlag für Zeitgeschichtliche Dokumente und Curiosa, Erlangen 1978–2015.
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Bei dem abgebildeten Geschoss handelt es sich um ene Flugblattrakete – Bezeichnung Propaganda-Geschoss 41. Also nicht „mittels Artillerie abgefeuert. Ich habe das Teil für Klaus Kirchner vor etwa 40 Jahren bemalt und beschriftet. Damals nannte man das noch „restaurieren“.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Sünkel