18. Dezember

Wir sehen ein Porträt in schwarz und weiß: Eine Frau mit schwarzen Schuhen und weißem Kittel steht vor einer Wand und blickt auf ein langgestrecktes Bild mit tiefschwarzem Grund, von dem sich skelettartige Umrisse leuchtend abheben: ein Schädel, ein Torso mit überkreuzten Armen, Becken, Beine und Füße, alles wie mit einem Leuchtstift umrahmt. Das Porträt des Toten (oder der Toten?) scheint wie neben der Frau zu schweben.

Das Bild, das wir Ihnen heute präsentieren, zeigt die Radiologin Anna Bolan neben ihrem Werk: Der großformatigen Röntgenaufnahme einer ägyptischen Mumie. Anna Bolan war Ende der 1920er Jahre an das Field Museum in Chicago gekommen, genauer: zur Röntgenabteilung, der bis dahin einzigen in einem US-amerikanischen Naturkundemuseum. Als Leiterin legte sie ein Programm zur Durchleuchtung aller Mumien in den Sammlungen des Museums auf.

Mumien mit Röntgenstrahlen zu untersuchen, versprach eine behutsamere Herangehensweise an die jahrtausendealten Überreste als sie einfach auszuwickeln. Während Wohlhabende und Adelige im 19. Jahrhundert noch Mumien als Attraktion auf Partys auspackten – zum Grusel und um nach Schätzen zu stöbern –, hatte sich demgegenüber die wissenschaftliche Beschäftigung mit den bandagierten Toten im 20. Jahrhundert auf einen möglichst behutsamen Ansatz verlegt. Die Röntgentechnologie versprach einen schonenden, aber gleichzeitig tiefen und neuartigen Blick in das Innere der Einbalsamierten.

In den 1920er Jahren war das Röntgen als eine ursprünglich medizinische Diagnostik in die Museumpraxis hinübergeschwappt. Damit aber, und hier sind wir wieder bei unserem heutigen Bild, waren die Röntgenaufnahmen der Mumien, die Anna Bolan angefertigt hatte, vor allem ein medizinisches Untersuchungsobjekt – wenn auch mit historischem Einschlag. Denn der Anatom Roy L. Moodie nutzte Bolans Aufnahmen für eine großangelegte Studie über Krankheiten und Verletzungen, die sich an den mumifizierten Körpern nachweisen ließen und Auskunft über lange zurückliegende Leiden und Gebrechen gaben – historische Medizin sozusagen, oder Paläopathologie.

Das Bild ist eines von zahlreichen Porträts, die sich in unserer Sammlung der Atlantic Photo-Gesellschaft m.b.H. befinden. Um in den Porträts zu stöbern, empfehlen wir Ihnen im StaBiKat im Suchschlitz den Suchschlüssel ‚Stichw. Serie/Zeitschrift/mbW‘ auszuwählen und einfach nur ‚Porträts digital‘ einzugeben. Dann erhalten Sie Zugriff auf alle verfügbaren digitalisierten Porträts. Oder Sie suchen direkt in unseren Digitalisierten Sammlungen nach ‚“Album 21″‘ und erhalten so alle verfügbaren Atlantic-Fotos.

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