20. Dezember

Weihnachtsmarkttouristinnen und -touristen begegnen Ihnen dieser Tage sicherlich einige, aber kennen Sie auch Bibliotheksreisende? Wahrscheinlich eher weniger. Deshalb stellen wir heute einen solchen vor, und zwar den argentinischen Rechtsgelehrten und Direktor der späteren Nationalbibliothek Argentiniens Vicente Gaspar Quesada (1830–1913), der gemeinsam mit seinem Sohn Ernesto zahlreiche europäische Bibliotheken besuchte. Auf seiner Reiseagenda stand neben London, Paris, Mailand, München und Dresden auch die ‚Stabi‘, die sich damals noch ‚Königliche Bibliothek zu Berlin‘ schimpfte und in der ‚Kommode‘ am Opernplatz untergebracht war.

Was der bibliophile Argentinier dort und in anderen Bibliotheken vorfand, dokumentierte er detailliert – mitsamt der Abschriften der gängigen Benutzungsordnungen – in einem 600-seitigen Wälzer, den wir in den Digitalen Sammlungen des Ibero-Amerikanischen Instituts (IAI) gefunden haben. Aus der heutigen Benutzerperspektive findet sich dabei allerlei Sonderliches: Denn wer nicht männlich, Beamter oder Angestellter im öffentlichen Dienst war, und einen Bürgen (Cavent) vorzuweisen hatte, dem blieb die Möglichkeit zur Bücherausleihe verwehrt. Und auch die Medienausleihe unterlag in der Königlichen Bibliothek zu Berlin strengen Regularien: Wer kein wissenschaftliches Interesse nachweisen konnte, durfte weder Romane noch Poesie entleihen, sondern nur Bücher für „ernsthafte Studien“. Doch es gibt auch Bekanntes: Der Hinweis auf den sorgfältigen Umgang mit den ausgeliehenen Medien ist wohl bereits vielen begegnet.

Ob die Königliche Bibliothek in München oder die in Berlin in der Hitliste der europäischen Bibliotheken die Nase vorne hatte, lassen wir im Sinne der guten Vorweihnachtsstimmung offen. Von Berlin selbst war der Argentinier überaus angetan, aber lesen Sie selbst:

Der Band, inklusive der zahlreichen handschriftlichen Glückwunschschreiben und Rezensionen aus aller Welt, kam übrigens mit der umfangreichen Privatbibliothek der Quesadas in den 1920er Jahren nach Berlin.

Dieser Beitrag ist entstanden in Kooperation mit unserer Nachbarbibliothek zu Lateinamerika im Haus Potsdamer Straße, dem Ibero-Amerikanischen Institut.

Ibero-Amerikanisches Institut

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