6. Dezember
Suchen Sie noch nach einem Weihnachtsgeschenk? Im Zweifelsfall ist Schmuck immer eine gute Idee! Aber Achtung: Unser heutiges Türchen warnt uns eindringlich und weist auf die Vergänglichkeit von teuren Juwelen hin:
Verstehen Sie nicht? Das liegt wohl an der stenographischen Schrift, die heute nur noch von wenigen Personen beherrscht wird, z.B. von den Parlamentsstenograph*innen im Bundestag, die jede Plenarsitzung protokollieren.
Vor gut 100 Jahren wurde Stenographie dagegen in Schulen unterrichtet und von vielen Menschen als schnelle Kurzschrift genutzt – die Tagebücher von Samuel Pepys aus dem 17. Jahrhundert sind beispielsweise weitgehend in Stenographie verfasst. Stenographie war sogar so verbreitet, dass Reclam Ausgaben berühmter Texte wie E.T.A. Hoffmanns Das Fräulein von Scuderi in Steno veröffentlichte (vgl. unser heutiges Digitalisat etwas weiter unten). Im 19. Jahrhundert stritt eine Vielzahl stenographischer Systeme um die Vorherrschaft, und es konnte ein regelrechtes Politikum sein, welches System wo und wann Verwendung fand. Dabei geht Stenographie eigentlich sogar schon bis in die Antike zurück: Die „Tironischen Noten“, deren Namen wir dem Sekretär Ciceros verdanken, gelten als erstes derartiges Schriftsystem. An diesem Vorbild orientierte sich dann später die Tachygraphie, eine spätgriechische Schnellschrift.
Unser Scuderi-Band basiert auf dem Einigungssystem Stolze-Schrey von 1897, das noch heute in der deutschsprachigen Schweiz bevorzugt wird. Eines verbindet aber alle modernen Stenographie-Systeme: Sie sind aus möglichst einfachen Zeichen gebildet, so dass Profis bis zu 500 Silben pro Minute schreiben können. Das ist mehr als 16 Mal so viel wie die meisten Menschen handschriftlich schaffen! Grundlage ist die Zerlegung einzelner Wörter in Silben, die Vereinfachung der Rechtschreibung und das Zusammenziehen häufiger Buchstabenkombinationen oder Wörter zu nur einem Zeichen. Einige Vokale werden sogar nur durch den Abstand zwischen zwei Zeichen oder durch die Dicke des nachfolgenden Konsonanten sichtbar.
Aber was bedeutet das Zitat aus dem Fräulein von Scuderi denn nun eigentlich? Für die Eiligen hier gleich der Klartext: „Der reiche Schmuck, kaum gekauft, verschwand auf unbegreifliche Weise, mochte er verwahrt sein, wie er wollte.“ Seien Sie also wachsam, was Ihre Weihnachtsgeschenke angeht! Falls Sie aber das Stenographiefieber gepackt hat, finden Sie hier eine kleine Einführung und einen Spickzettel, mit dessen Hilfe Sie selbst stenographieren lernen können. Vielleicht ist das ja auch eine Idee für Ihre Weihnachtskarten, falls doch alles wieder am 23. Dezember fertig werden muss? Wir helfen Ihnen schon mal ein wenig: