9. Dezember

Von Engeln, Wundern und dem Projekt Orient-Digital

Yoones Dehghani, Michaela Hoffmann-Ruf (Projekt „Orient-Digital“)

Lobpreis sei Gott, dem Schöpfer der Himmel und der Erde, der die Engel zu Boten machte, mit Schwingen, zwei, drei oder vier! (Koran, Sure 35,1; Übersetzung Bobzin 2010)

Engel gehören zum christlichen Weihnachtsfest und beflügeln seit jeher die Fantasie der Menschen. Sie fungieren als Übermittler der „frohen“, göttlichen Botschaft an die Menschen. Ganz ähnlich verhält es sich im Islam. Auch dort spielen Engel als Boten und Diener Gottes eine wichtige Rolle. Das arabische Wort für Engel (malak, pl. malāʾika) bedeutet wörtlich „Bote, Gesandter, Kurier“.

Im Koran werden verschiedene Kategorien von Engeln beschrieben, die unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Der Tradition zufolge sind Engel aus Licht gemacht, im Gegensatz zum Menschen, der aus Lehm geschaffen wurde. Die vier wichtigsten Engel im Islam sind der „Engel der Offenbarung“ (Dschibril), der „Engel der Unterweisung“ (Mika‘il), der „Engel des Todes“ (Izra‘il), und der „Engel der Auferstehung“ (Israfil) – wobei nur die ersten beiden namentlich im Koran erwähnt werden.

Dschibril – Engel der Offenbarung

Dschibril (Gabriel) übermittelte die göttliche Botschaft an den Propheten Muhammad „in deutlicher arabischer Sprache“ (Sure 26, 195). Dem Koran zufolge wurde er auch als Bote zu Mar­­yam (Maria) gesandt mit der Nachricht von Jesu Geburt.

Mika’il – Engel der Unterweisung

Mika‘il (Michael) gilt als der Engel, der gemeinsam mit Dschibril dem Propheten erschien und ihn unterrichtete.

Izra’il – Engel des Todes

Über Izra‘il, der die Seelen von den Körpern trennt, wird in der Prophetentradition berichtet.

Israfil – Engel der Auferstehung

Israfil findet in der eschatologischen Literatur Erwähnung und wird meist mit Trompete abgebildet.

Munkar und Nakir

Die beiden Engel Munkar und Nakir registrieren die Taten der Menschen.

Ausführlich über „die Bewohner der Himmel“, d.h. die Engel, ihre verschiedenen Arten, Merkmale und Aufgaben, berichtet das Werk „Die Wunder der Schöpfung und die Merkwürdigkeiten der existenten Dinge“ (ʿAǧāʾib al-maḫlūqāt wa-ġarāʾib al-mauǧūdāt), auch bekannt als „Kosmographie“, von Zakariya Ibn-Muhammad al-Qazwini (1203–1283). Dieses Werk entstand vermutlich in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts im Südirak. Zahlreiche Abschriften und Übersetzungen in verschiedene Sprachen belegen die Beliebtheit und weite Verbreitung des Werkes. Vergleichbare Werke gibt es auch von anderen Autoren. Für alle zählten die Engel zu den Wundern der Welt.

Die Staatsbibliothek zu Berlin besitzt eine Reihe von Manuskripten dieses Werks in verschiedenen Sprachen, darunter einige mit aufwändigen Illustrationen. Die hier gezeigten Abbildungen stammen aus der Handschrift Ms. or. fol. 2562; das Bild links zeigt die schmuckvolle erste Seite (f. 2b) in dieser Abschrift, die auf das Jahr 1114/1703 datiert. Es handelt es sich um eine osmanisch-türkische Version von al-Qazwinis Kosmographie. Diese wurde von Hüseyn Ibn-Mehmed Ibn-Mustafa verfasst.

Die hier vorgestellten Handschriften stehen beispielhaft für den Bestand orientalischer Manuskripte, die im Rahmen des DFG-geförderten Projektes „Orient-Digital“ erschlossen werden. Ziel dieses zunächst auf drei Jahre ausgelegten Projektes ist der Aufbau eines Verbundkatalogs und eines Portals für orientalische Handschriften in Deutschland. Hiermit verbunden sind die Etablierung gemeinsamer Erschließungsstandards, die Konvertierung gedruckter Kataloge in elektronische sowie die Zusammenführung aller bestehenden elektronischen Nachweise.