3. Dezember

Adventszeit ist Zeit zum Märchen- und Geschichtenerzählen. Wo kann man sich dazu besser inspirieren lassen als in unserer Ausstellung Reisende Erzählungen: Tausendundeine Nacht zwischen Orient und Europa? Die heute vorgestellte illustrierte arabische Handschrift gehört zu den Highlights dieser Ausstellung, denn es gibt weltweit nur sehr wenige Exemplare dieser Art. Die Geschichte vom indischen König Dschaliad, seinem Sohn Wird-Khan und dem Minister Schimas ist eine Art Prinzenspiegel. In eine Rahmenhandlung werden verschiedene Fabeln und Erzählungen eingebaut, die den ungezogenen Königssohn wieder auf den rechten Weg bringen sollen. Diese Sammlung war als eigenständiges Werk ebenso im Umlauf wie als Teil der Überlieferung von Tausendundeiner Nacht.

Die hier gezeigte Abschrift aus dem 17. Jahrhundert stammt aus Ägypten. Erst kürzlich konnte von einer französischen Wissenschaftlerin die Verbindung zu einer koptischen Buchwerkstatt in Kairo hergestellt werden, wo in erster Linie Evangelien-Handschriften ausgeschmückt wurden. Interessant ist auch, dass ein Jahr vor dem Erwerb dieser Handschrift durch die Berliner Bibliothek bereits eine andere Handschrift von einem anderen Buchhändler erworben wurde, welche der ersteren in Stil, Format und Machart gleicht. Es handelt sich dort um eine arabische Version des Alexanderbuches, einem im Mittelalter weit verbreiteten Legendenstoff, der sich um den historischen Alexander den Großen rankt. Auf dem Titelblatt dieser Handschrift (siehe Abbildung links) kann der Arabisch-Kundige erkennen, dass dies das gemeinsame Titelblatt für insgesamt fünf Werke war – neben einem Sindbad-Buch, der Geschichte von der Messingstadt und der Fabelsammlung Kalila und Dimna enthielt sie auch die Geschichten vom König Dschaliad. Die gesamte Handschrift wurde vermutlich von ihrem letzten Besitzer zerteilt, um sie gewinnbringender verkaufen zu können. Es ist dem Zufall zu verdanken, dass zumindest zwei Teile in Berlin landeten. Ein dritter Teil dieser zerteilten Handschrift, die Fabeln von Kalila und Dimna, befindet sich heute in der Bayerischen Staatsbibliothek (Cod.arab. 615).

Die hier vorgestellte Handschrift war in sehr schlechtem konservatorischen Zustand. Gerade konnte sie aber in einem zweijährigen Masterprojekt am Institut für Restaurierung und Konservierung der Technischen Hochschule in Köln untersucht und restauriert werden.

Und wer die Geschichte von Dschaliad, Wird-Khan und Schimas lesen möchte, der findet sie im sechsten Band der Erzählungen aus den tausendundein Nächten in der Übersetzung von Enno Littmann, den Sie im Haus Potsdamer Straße ausleihen können.

Falls Sie mehr über die Objekte der Ausstellung Reisende Erzählungen: Tausendundeine Nacht zwischen Orient und Europa wissen möchten, dann nehmen Sie doch an unserem Rahmenprogramm teil: Heute spricht Arnoud Vrolijk aus Leiden zum Thema The Introduction of the 1001 Nights in the Dutch Republic and its Dissemination Abroad: From Galland to Goethe.

Ort: Staatsbibliothek zu Berlin, Simón-Bolívar-Saal,

Zeit: 03.12.19, 18.00 Uhr.

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