Ausgelöscht – Verloren – Wiederentdeckt.

90 Jahre Zerstörung des Instituts für Sexualwissenschaft

Online-Präsentation einer kleinen Kabinettausstellung zur
Gedenkveranstaltung am 10.5.2023

Die Gedenkveranstaltung zum 90. Jahrestag der Bücherverbrennung am 10. Mai 2023 in der Staatsbibliothek zu Berlin richtet ihr Augenmerk auf die Zerstörung des Instituts für Sexualwissenschaft. Konzipiert wurde die Veranstaltung von der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld unter Mitwirkung der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft. Weiterhin beteiligt waren das Deutsche Zentrum für Kulturgutverluste sowie QueerSearch. Dachverband deutschsprachiger queerer Archive, Bibliotheken und Sammlungen.

Das Institut für Sexualwissenschaft wurde 1919 als weltweit erste Einrichtung seiner Art gegründet. Es widmete sich umfassend der Forschung zur Sexualität, leistete Sexualaufklärung und Eheberatung, unterstützte trans Personen und setzte sich für Menschen ein, die nicht der heterosexuellen Norm entsprachen. Damit stand das Institut exponiert für den liberalen Geist der Weimarer Republik und wurde mit seinem jüdischen Mitbegründer Magnus Hirschfeld zu einem frühen Ziel nationalsozialistischen Terrors. Bei der sogenannten „Aktion wider den undeutschen Geist“ wurden im gesamten Deutschen Reich Bücher verfemter Autor_innen aus den Bibliotheken entfernt um sie öffentlich zu verbrennen. Im Zuge dessen wurden Bibliothek und Sammlung des Instituts geplündert. Das größte Konvolut der am 10. Mai 1933 auf dem Opernplatz verbrannten Bücher stammte aus dem Institut für Sexualwissenschaft.

Magnus Hirschfeld befand sich 1933 bereits im Exil und starb 1935 in Nizza, ohne jemals wieder nach Deutschland zurückzukehren. In der zeitgenössischen Berichterstattung über die Bücherverbrennung wurden Hirschfeld und das Institut für Sexualwissenschaft stets erwähnt. Nach dem Krieg geriet die herausgehobene Position, die dem Institut bei der Bücherverbrennung zukam, jedoch in Vergessenheit. Die Vernichtung des Instituts wirkte nachhaltig. Erst mit der Arbeit der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, die 1982 aus der Berliner Schwulenbewegung heraus entstand, wurde diesem Vergessen entgegengewirkt.

Zur Gedenkveranstaltung im Haus Unter den Linden werden Exponate aus dem ehemaligen Bestand des Institut für Sexualwissenschaft und zu Magnus Hirschfeld gezeigt. Diese Kabinettausstellung von vier Vitrinen ist hier dokumentiert.

Das Institut für Sexualwissenschaft und seine Bibliothek (1919 – 1933)

Der jüdische Arzt Magnus Hirschfeld (1868 – 1935) gründete 1919 zusammen mit dem Psychiater Arthur Kronfeld (1886 – 1941) und dem Mediziner Friedrich Wertheim († 1961) das Institut für Sexualwissenschaft in Berlin. Das Institut widmete sich der Erforschung der Sexualität in ihrer ganzen Breite, informierte etwa über Empfängnisverhütung oder Geschlechtskrankheiten. Hirschfeld beschrieb den Zweck des Instituts als eine „Forschungsstätte, eine Lehrstätte, eine Heilstätte und eine Zufluchtsstätte“. Das Institut befand sich In den Zelten 9a und 10, dort wo heute das Haus der Kulturen der Welt steht. Am 6. Mai 1933 wurde das Institut von faschistischen Studenten der Hochschule für Leibesübungen und Mitgliedern der SA geplündert. Am 10. Mai 1933 wurden beträchtliche Teile der Institutsbibliothek auf dem Opernplatz (heute Bebelplatz) verbrannt. Im Dezember 1934 überwies der Polizeipräsident von Berlin der Preußischen Staatsbibliothek achtundzwanzig aus der Bibliothek des Instituts geraubte Bücher. Einige dieser Bücher wurden vor und nach 1945 katalogisiert, waren aber nur mit Sondergenehmigung zugänglich. Zwei der vier heute noch in der Staatsbibliothek zu Berlin befindlichen Bücher sind hier zu sehen. Der Verbleib der übrigen Bände lässt sich nur teilweise nachvollziehen.

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Kurt Hiller (Hg.)
Das Ziel. Jahrbücher für geistige Politik
München: Kurt Wolff, 1920

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Georges Surbled
Die Moral in ihren Beziehungen zur Medizin und zur Hygiene.
Band II: Das geistig-sinnliche Leben
aus dem Französischen übersetzt von Albert Sleumer
Hildesheim: Borgmeyer, 1923

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Anschreiben des Polizeipräsidenten von Berlin
21. Dezember 1934
[Historische Akten A 62]
Akten der Preußischen Staatsbibliothek, Historische Aktensammlung der DSB A 62 (durch die Gestapo), Beschlagnahmte und sekretierte Literatur (1934-1941)

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Heinz Starkenburg
Das sexuelle Elend der oberen Stände. Ein Notschrei an die Öffentlichkeit
Leipzig: Friedrich, 1898

Georges Surbled
Die Moral in ihren Beziehungen zur Medizin und zur Hygiene.
Band II: Das geistig-sinnliche Leben
aus dem Französischen übersetzt von Albert Sleumer
Hildesheim: Borgmeyer, 1923
Signatur: D 9541/5-2<3>

Dieses Exemplar stammt aus der Bibliothek des Instituts für Sexualwissenschaft und wurde der Preußischen Staatsbibliothek im Dezember 1934 vom Polizeipräsidenten von Berlin als eines von achtundzwanzig Büchern aus dem Institut überwiesen. Der Stempel des Instituts (oben rechts) wurde durchgestrichen.

Das Buch trägt einen Stempel der Preußischen Staatsbibliothek (linke Seite mittig) und darunter einen Sekretierungs-Aufkleber („Secr.“), der im Laufe der Zeit ebenfalls durchgestrichen wurde.

Der Sekretierungs-Aufkleber verweist auf die Zensur. Sekretierte Literatur war nur mit Sondergenehmigung zugänglich.

Heinz Starkenburg
Das sexuelle Elend der oberen Stände. Ein Notschrei an die Öffentlichkeit
Leipzig: Friedrich, 1898
Signatur: Kd 1196/6<4>

Dieses Buch aus der Bibliothek des Instituts für Sexualwissenschaft wurde der Preußischen Staatsbibliothek im Dezember 1934 vom Polizeipräsidenten von Berlin übergeben. Das Exemplar trägt mehrere Stempel des Instituts für Sexualwissenschaften. Die gestempelten Buchstabenkürzel („SA“, „SM“, „K“) sind vermutlich Sachgruppen der Institutsbibliothek. Die handschriftlichen Vermerke stammen vermutlich aus der Zeit nach der Vernichtung des Instituts.

Oben links ist die Signatur der Preußischen Staatsbibliothek zu sehen. Darunter steht ein Verweis, dass es sich um sekretierte Literatur handelt. D.h. das Buch unterlag der Zensur und war nur mit Sondergenehmigung zugänglich.

Unten links ist vermerkt: „Laut Verordnung des Reichspräsidenten vom 28.2.1933 zur Vernichtung bestimmt!“ Wer diesen Hinweis zur Vernichtung hier eingetragen hat, und warum das Buch nicht vernichtet wurde, ist nicht bekannt.

Anschreiben des Polizeipräsidenten von Berlin
21. Dezember 1934
[Historische Akten A 62]
Akten der Preußischen Staatsbibliothek, Historische Aktensammlung der DSB A 62 (durch die Gestapo), Beschlagnahmte und sekretierte Literatur (1934-1941)

Mit diesem Anschreiben wurde Raubgut aus der Bibliothek des Instituts für Sexualwissenschaft an die Preußische Staatsbibliothek übergeben.

In den Historischen Bibliotheksakten im Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin gibt es eine Liste (das im Anschreiben erwähnte „Verzeichnis“), die einen Teil der 28 übergebenen Bücher auflistet. Diese Liste ist online im Provenienz-Wiki, der Plattform für Provenienzforschung und Provenienzerschließung des Gemeinsamen Bibliotheksverbunds (GBV), einsehbar. Der größte Teil der auf der Liste befindlichen Bücher gilt als Kriegsverlust.

Kurt Hiller (Hg.)
Das Ziel. Jahrbücher für geistige Politik
München: Kurt Wolff, 1920
Signatur: Ag 10425-4.1920 < a >

Dieses Buch stammt aus dem Privatbesitz Magnus Hirschfelds. Kurt Hiller (1885 – 1972) war Publizist und Schriftsteller und als Protagonist der ersten Schwulenbewegung dem Institut für Sexualwissenschaft eng verbunden. Von 1908 bis 1933 engagierte er sich im Wissenschaftlich-humanitären Komitee. Zwischen 1915 und 1924 gab Hiller fünf Ausgaben des literarischen Jahrbuchs „Das Ziel“ heraus.

Dieses Exemplar des vierten Jahrbuchs widmet er Hirschfeld mit den Worten: „Dem Kämpfer für Freiheit Magnus Hirschfeld in dankbarer Verehrung!“

Das Buch gelangte 1962 über die Zentralstelle für wissenschaftliche Altbestände in den Bestand der Deutschen Staatsbibliothek in Ostberlin.

Schriften Magnus Hirschfelds im Bestand der Staatsbibliothek

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Magnus Hirschfeld
Psychoanalytischer Fragebogen
ausgearbeitet mit: Carl Abraham, Iwan Bloch, James Fraenkel, Otto Juliusburger, Heinrich Koerber, Carl Friedrich Jordan, Max Tischler, Georg Tobias et al.
Berlin, 1909
handschriftlicher Vermerk: Exemplaire annoté par A van Gennep

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Magnus Hirschfeld
Sappho und Sokrates. Wie erklärt sich die Liebe der Männer und Frauen zu Personen des eigenen Geschlechts?
Zweite Auflage
Leipzig: Max Spohr, 1902

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Magnus Hirschfeld
Racism
Translated and edited by Eden and Cedar Paul
London: Gollancz, 1938

Magnus Hirschfeld
Psychoanalytischer Fragebogen
ausgearbeitet mit: Carl Abraham, Iwan Bloch, James Fraenkel, Otto Juliusburger, Heinrich Koerber, Carl Friedrich Jordan, Max Tischler, Georg Tobias et al.
Berlin, 1909
Signatur: 3 K 408 R
handschriftlicher Vermerk: Exemplaire annoté par A van Gennep

Magnus Hirschfeld hat diesen Fragebogen gemeinsam mit zahlreichen Kollegen für die therapeutische Praxis konzipiert. In diesem Exemplar wurden die 127 Fragen vom deutsch-französischen Ethnologen Arnold van Gennep (1873 – 1957) vollständig ausgefüllt.

1944 wurde das Exemplar von der Preußischen Staatsbibliothek im besetzten Paris antiquarisch bei der Librarie Orientaliste Paul Geuthner für 200 Francs erworben. Unklar ist, wann Gennep den Fragebogen ausgefüllt hat, für wen er dies getan hat und warum sein Fragebogen bereits zu seinen Lebzeiten antiquarisch gehandelt wurde.

Magnus Hirschfeld
Sappho und Sokrates. Wie erklärt sich die Liebe der Männer und Frauen zu Personen des eigenen Geschlechts?
Zweite Auflage
Leipzig: Max Spohr, 1902
Signatur: 50 MA 35728

1896 veröffentlichte Magnus Hirschfeld seine erste sexualwissenschaftliche Abhandlung, „Sappho und Sokrates“, noch unter dem Pseudonym „Dr. med. Th. Ramien, Arzt in Berlin“.

Die zweite Auflage dieses Textes zur Ätiologie der Homosexualität erscheint dann sechs Jahre später unter seinem Namen.

Dieser Band wurde 2018 von der Staatsbibliothek zu Berlin für die Sammlung Deutscher Drucke erworben.

Magnus Hirschfeld
Racism
Translated and edited by Eden and Cedar Paul
London: Gollancz, 1938
Signatur: Pn 1003/1095 < a >

Diese frühe Studie zum Thema Rassismus erschien drei Jahre nach Hirschfelds Tod als englische Übersetzung.

Die Preußische Staatsbibliothek hatte im Nationalsozialismus die Berechtigung zum Kauf verbotener Literatur, und, wie die alte Signatur belegt, wurde ein anderes Exemplar dieses Buchs noch zu Kriegszeiten erworben. Das kleine „a“ in spitzen Klammern deutet darauf hin, dass hier ein Kriegsverlust antiquarisch ersetzt wurde.

Literatur zu Magnus Hirschfeld

Seit 1982 gibt die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft maßgebliche Impulse zur Wiederentdeckung Hirschfelds und zur Erforschung der Geschichte des Instituts für Sexualwissenschaften. Alle Autor_innen und Herausgeber_innen der hier gezeigten Publikationen haben sich bei der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft engagiert oder in der Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft gearbeitet, bzw. tun dies immer noch.

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Manfred Herzer
Magnus Hirschfeld
Leben und Werk eines jüdischen, schwulen und sozialistischen Sexologen
Frankfurt a.M.: Campus, 1992

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Hans Bergemann, Ralf Dose und Marita Keilson-Lauritz (Hg.)
Magnus Hirschfelds Exil-Gästebuch
Leipzig: Hentrich & Hentrich, 2019

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Rainer Herrn
Der Liebe und dem Leid
Das Institut für Sexualwissenschaft 1919-1933
Berlin: Suhrkamp, 2022

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Manfred Baumgardt, Ralf Dose, Manfred Herzer und Hans-Günter Klein
Magnus Hirschfeld. Leben und Werk. Eine Ausstellung aus Anlaß seines 50. Todestags, veranstaltet von der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft
Ausstellungskatalog
Berlin: Verlag Rosa Winkel, 1985

Manfred Baumgardt, Ralf Dose, Manfred Herzer und Hans-Günter Klein
Magnus Hirschfeld. Leben und Werk. Eine Ausstellung aus Anlaß seines 50. Todestags, veranstaltet von der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft
Ausstellungskatalog
Berlin: Verlag Rosa Winkel, 1985
Signatur: 711337 und Hs LS CZ 1985-5

Die in diesem Katalog dokumentierte Ausstellung wurde vom 1. August bis zum 9. September 1985 in der Staatsbibliothek zu Berlin an der Potsdamer Straße im damaligen West-Berlin gezeigt.

Manfred Baumgardt, Ralf Dose, Manfred Herzer und Hans-Günter Klein gründeten 1982 in Kleins Wohnung die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, die maßgeblich zur Erinnerung an und zur Bewahrung des Vermächtnisses von Magnus Hirschfeld beigetragen hat. Hans-Günter Klein (1939 – 2016) war Bibliothekar in der Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin.

Manfred Herzer
Magnus Hirschfeld
Leben und Werk eines jüdischen, schwulen und sozialistischen Sexologen
Frankfurt a.M.: Campus, 1992
Signatur: 1 A 195685

Diese Biographie zu Magnus Hirschfeld erschien 1992 als Band 10 der Schriftenreihe der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft. 2001 erschien eine zweite, überarbeitete Auflage.

Hans Bergemann, Ralf Dose und Marita Keilson-Lauritz (Hg.)
Magnus Hirschfelds Exil-Gästebuch
Leipzig: Hentrich & Hentrich, 2019
Signatur: 10 A 75290

Magnus Hirschfeld führte während seines Exils von 1933 bis 1935 ein Gästebuch, in das sich u.a. Emma Goldman, Alfred Döblin, André Gide und Salomo Friedländer eintrugen.

Hirschfeld befand sich bei der Machtübernahme der Nazis auf Weltreise und kehrte nicht nach Deutschland zurück. Anfang 1933 hielt er sich in der Schweiz auf und begab sich im Mai 1933 nach Frankreich, wo er zunächst in Paris, dann in Nizza lebte. Dort verstarb er an seinem 67. Geburtstag, dem 14. Mai 1935.

Das Gästebuch befindet sich heute im Deutschen Literaturarchiv Marbach.

Rainer Herrn
Der Liebe und dem Leid
Das Institut für Sexualwissenschaft 1919-1933
Berlin: Suhrkamp, 2022
(Link zum Ebook im Bestand der SBB)

Rainer Herrn arbeitet seit 1991 an der Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft und seit 2008 am Institut für Geschichte und Ethik in der Medizin der Charité.

Queere Lektüren

Berliner Studierende lesen im Rahmen der Gedenkveranstaltung queere Autor_innen aus unterschiedlichen Jahrzehnten, um der Zerstörung des Instituts die Wiederaufrichtung queeren Wissens, queerer Literatur und queeren Lebens entgegenzustellen. Neben Magnus Hirschfeld werden Charlotte Wolf, Emilia Roig und Kim de l’Horizon gelesen.

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Christa Wolf und Charlotte Wolff
Ja, unsere Kreise berühren sich
Briefe
München: Luchterhand, 2004

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Emilia Roig
Why We Matter. Das Ende der Unterdrückung
Berlin: Aufbau, 2021

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Kim de l’Horizon
Blutbuch
Köln: DuMont, 2022

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Charlotte Wolff
Psychologie der lesbischen Liebe
Eine empirische Studie der weiblichen Homosexualität
Reinbek: Rowohlt Taschenbuch, 1973
übersetzt von Christel Buschmann

Charlotte Wolff
Psychologie der lesbischen Liebe
Eine empirische Studie der weiblichen Homosexualität
Reinbek: Rowohlt Taschenbuch, 1973
übersetzt von Christel Buschmann
Signatur: 29 SA 1804-8040

Charlotte Wolff (1897 – 1986) wuchs als Kind deutsch-jüdischer Eltern in Westpreußen auf und promovierte 1928 in Berlin in der Humanmedizin. Dort lebte sie mit ihrer Partnerin in einer gemeinsamen Wohnung.

Ihre leitende Position in der Schwangerschaftsfürsorge der Berliner Krankenkassen musste sie schon 1931 angesichts des zunehmenden Antisemitismus‘ aufgeben. Endgültig gekündigt wurde sie im Februar 1933. Nachdem sie für kurze Zeit von der Gestapo verhaftet wurde, verließ sie Deutschland im Mai 1933 und floh zunächst nach Frankreich, 1936 dann weiter nach Großbritannien.

In den 1960er- und 70er-Jahren lieferte Wolff mit ihren theoretischen Überlegungen zu lesbischer Sexualität und Bisexualität eine Kritik an Freud und gilt seitdem als eine Pionierin der Sexualwissenschaft.

Dieses Buch erschien 1971 zuerst auf Englisch als „Love between Women“.

Christa Wolf und Charlotte Wolff
Ja, unsere Kreise berühren sich
Briefe
München: Luchterhand, 2004
Signatur: 1 A 541513

Christa Wolf (1929 – 2011) und Charlotte Wolff (1897 – 1986) schrieben sich von 1983 bis zu Charlotte Wolffs Tod im Jahr 1986 Briefe zwischen London und Ost-Berlin. Während dieser Zeit arbeitete Wolff an ihrer Monografie zu Magnus Hirschfeld.

Christa Wolf stieß diesen Briefwechsel an, als sie in Charlotte Wolffs Autobiografie „Augenblicke verändern uns mehr als die Zeit“ (1983, Titel der englischen Originalausgabe von 1980: „Hindsight“) über eine Koinzidenz im Schreiben der beiden Autorinnen zu Karoline von Günderode und Heinrich von Kleist liest.

Emilia Roig
Why We Matter. Das Ende der Unterdrückung
Berlin: Aufbau, 2021
Signatur: 10 A 130892

Emilia Roig ist französische Politologin und Autorin. Seit 2005 lebt sie in Berlin, wo sie 2017 das Center for Intersectional Justice gründete.

Kim de l’Horizon
Blutbuch
Köln: DuMont, 2022
Signatur: 10 A 152572

Für diesen ersten Roman, der die Auseinandersetzung einer nichtbinären Person mit dem eigenen nicht-Erinnern schildert, wurde Kim de l’Horizon 2022 sowohl mit dem Schweizer Buchpreis als auch mit dem Deutschen Buchpreis geehrt.

Diese virtuelle Präsentation begleitet die Veranstaltung „Ausgelöscht – Verloren – Wiederentdeckt. 90 Jahre Zerstörung des Instituts für Sexualwissenschaft“ von der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld in Kooperation mit der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, der Staatsbibliothek zu Berlin, dem Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste sowie QueerSearch. Dachverband deutschsprachiger queerer Archive, Bibliotheken und Sammlungen.

Konzept und Kuratierung: Dr. Michael Bucher
Gestaltungskonzept und Umsetzung: Christin Murawski
Beratung und Provenienzforschung: Michaela Scheibe
Fotos: Carola Seifert und Anka Bardeleben-Zennström