À la carte

Die Menükartensammlung der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz bietet einen Überblick über den Bedeutungswandel dieser speziellen grafischen Gattung seit ihrer Entstehung im 18. Jahrhundert. Die Sammlung gelangte 1916 durch eine Schenkung des Privatgelehrten Dr. Georg August Freund in den Besitz der Staatsbibliothek und umfasst knapp 3000 Karten. Einen Schwerpunkt bilden die Menükarten des kaiserlichen Hofes unter Wilhelm II., doch sind auch zahlreiche Beispiele für Menükarten aus dem bürgerlichen Milieu in der Sammlung vertreten, von Karten anlässlich privater Feste bis hin zu Speisekarten, die auf Kreuzfahrtschiffen Verwendung fanden. Die Menükarten enthalten vor allem die Speisenfolge, aber auch Angaben zu Getränken, Begleitmusik und weiteren Darbietungen auf Hochzeiten, Bällen und Schiffsreisen. Einige der Sammlungsobjekte zeichnen sich durch goldenen Verzierungen, Wappen, spielerische Ornamente sowie detaillierte Illustrationen aus.
Die Entwicklung der Gattung spielte sich im Zusammenhang mit der Etablierung öffentlicher Restaurants ab, die um 1770 in Paris ihren Anfang nahm. Nach dem jähen Ende des höfischen Lebens im Zuge der französischen Revolution fanden sich diejenigen, die für den Adel gearbeitet hatten, auf der Straße wieder, darunter auch viele Köche. Diese eröffneten die ersten Restaurants, die für alle zugänglich waren, sofern man zahlungskräftig war. Dort wurde nicht nur ein Tagesgericht serviert, sondern auch eine Auswahl an auf Bestellung zuzubereitender Speisen. Bedingt durch das wachsende Angebot wurde es notwendig, die unterschiedlichen Gerichte und Getränke schriftlich festzuhalten. Aus dem Schreiben auf eine Tafel (franz.: „carte“) an der Wand oder an der Tür entwickelte sich das Konzept der Speise- bzw. Menükarte. Der Begriff Menü (franz.: „menu“, Übers.: klein, zierlich) weist daraufhin, dass es sich um eine kleine Auswahl an Speisen aus einem großen Gesamtangebot handelt. Die Industrialisierung und die Entstehung einer bürgerlichen Mittelschicht führten dann ab der Mitte des 19. Jahrhunderts weltweit zur zunehmenden Verbreitung von Restaurants und damit auch an Menükarten.
Im Folgenden wird ein Überblick über die Hauptkategorien geboten, denen sich die Menükarten aus der Sammlung der Staatsbibliothek zuordnen lassen. Außerdem werden besonders interessante Vertreter jeder Kategorie vorgestellt.

Königliche Menükarten

Trotz ihrer standardisierten Gestaltung besitzen die höfischen Menükarten durch die verwendeten Goldverzierungen und die höfischen Insignien eine besondere Eleganz. Die Karten wurden als Vordrucke hergestellt, auf denen das Menü nur noch handschriftlich festgehalten werden musste. Gestaltet wurden die höfischen Menükarten vor allem vom deutschen Lithografen und Verleger Wilhelm Greve, weitere Beteiligte waren der Königliche Hoflieferant Hermann und die Graphische Kunstanstalt Paul Spengler. Die Königlichen Menükarten dienten nicht nur als Informationsquelle, sondern auch der Repräsentation der höfischen Gastgeber. Bei Hofe kamen sie mehrmals am Tag zum Einsatz, und zwar bei den täglichen Frühstücks-, Mittags- und Abendtafeln. Für besondere Anlässe, etwa Jagdgesellschaften, gab es besonders gestaltete Menükarten. Am Sitzplatz jedes Gastes ausgelegt, dienten die Karten als Erinnerung an den Prunk des Festes und an die Freigiebigkeit des Gastgebers.

Königliche Hofjagd

Daten zur Menükarte:

Menükarten-Nummer 533
Anlass/ Titel
 Königliche Hofjagd
Ort Hubertusstock
Datum 02.11.1888
Format 22,5×15,7 cm
Druck/ HZ Druck
Gestaltung Speisenfolge auf der Vorderseite mit Abbildung des Jagdgebietes
Sprache deutsch
Land Deutschland

Das Jagdschloss Hubertusstock war die offizielle Jagdresidenz der deutschen Staatsoberhäupter im Deutschen Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Am 2. November des Jahres 1888 wurde hier eine Königliche Hofjagd veranstaltet und die abgebildete Menükarte an die Gäste ausgehändigt. Auf der Vorderseite steht die Speisenfolge handschriftlich niedergeschrieben. Über der Speisenfolge sind das Wappen des Königreichs Preußen und des gesamten Staates Preußen sowie die Jagdgründe abgebildet.

The Royal Wedding Breakfast

Daten zur Menükarte

Menükarten-Nummer 1956
Anlass/ Titel The Royal Weeding Breakfast
Ort Buckingham Palace
Datum 27.07.1889
Format 22,0×14,5 cm
Druck/ HZ Druck
Gestaltung Vorderseite: Speisenfolge mit einer Blumenverzierung, Wappen und dem Buckingham Palace
Sprache französisch

Nach der Hochzeit von Prinzessin Louise Victoria Alexandra Dagmar, der ältesten Tochter des Prinzen von Wales, und Alexander William George, Earl of Fife, Ritter der Distel, am 27. Juli 1889 fanden im Buckingham Palace zwei getrennte Frühstückspartys statt. Die eine Gruppe bestand aus Braut, Bräutigam, der Königin und anderen Angehörigen der königlichen Familie. Die andere Gruppe setzte sich aus den geladenen Gästen zusammen.
Die hier abgebildete Menükarte sticht durch die Verzierung mit Blumen, einem Wappen und dem Buckingham Palace in kräftigen Farbtönen hervor.

Königliche Frühstückstafel

Daten zur Menükarte:

Menükarten-Nummer 2632
Anlass/ Titel
Königliche Frühstückstafel
Ort Göhrde
Datum 29.11.1901
Format 23,5×15,0 cm
Druck/ HZ Druck
Hersteller Wilhelm Greve
Gestaltung Vorderseite: Kartusche mit 2 Wappen, Krone, Engel, Wolken und Speisefolge; Rückseite: handschriftliche Anmerkung
Sprache deutsch
Land Deutschland

Göhrde war kaiserliches Jagdgebiet, weshalb häufig höfisches Klientel im Jagdschloss zugegen war. Die abgebildete Menükarte stammt allerdings nicht von einer Jagdgesellschaft, sondern wurde zur Königlichen Frühstückstafel am 29. November 1901 gereicht. Verziert ist die Karte mit einer Kartusche, welche zwei Wappen, eine Krone, Engel und Wolken zeigt, darunter folgt die Speisenfolge.
Abgebildet ist das Wappen des Königreichs Preußen und des preußischen Staates, welches auf die Erhebung des Herzogtums Preußen zum Königreich 1701 zurückzuführen ist. Den Kopf des Adlers ziert eine geschlossene Königskrone und er trägt eine geöffnete Herzogskrone um den Hals, hinzu kommen noch ein Zepter und ein Reichsapfel.

Besondere Anlässe

Menükarten, die zu einem besonderen Anlass entstanden sind, laden dazu ein, sich näher mit diesen mehr oder weniger bekannten historischen Ereignissen auseinanderzusetzen. Während Karten für pompöse kaiserliche Feste und Staatsanlässe außergewöhnliche Momente markieren, geben Speisenfolgen im Rahmen von Vereins- und Verbandsfeiern einen Einblick in das alltägliche Leben. Unabhängig vom Anlass geben die Menükarten häufig Informationen preis, die über das Offensichtliche hinausgehen, und sie animieren dazu, sich näher mit den historischen und soziokulturellen Zusammenhängen rund um ihre Entstehungszeit auseinanderzusetzen.

Einweihung des Nord-Ostsee-Kanals

Daten zur Menükarte:

Menükarten-Nummer 29
Anlass/ Titel Festtafel aus Anlass der feierlichen Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals
Ort Holtenau
Datum 21.06.1895
Format 27,0×19,3 cm
Druck/ HZ Druck
Hersteller Doepler, E.d.J.
Gestaltung Klappkarte mit goldener Rahmung; Vorderseite: Gestaltung des Themas mit allegorischen Figuren, Kronen, Adler und den Örtlichkeiten am Kanal; linke Innenseite: Speisenfolge und Getränke; Rückseite: Reichsadler
Sprache deutsch, französisch
Land Deutschland

Es liegt eine Menükarte vor, die anlässlich des Festaktes zum Höhepunkt der dreitägigen Einweihungsfeier des Nord-Ostsee-Kanals entstand. Der 100 Kilometer lange Kanal stellte eines der wichtigsten Bauwerke des Deutschen Reiches dar und verband durch das heutige Land Schleswig-Holstein hindurch Nord- und Ostsee. Er wurde von 1887 bis 1895 gebaut, involvierte somit drei Generationen deutscher Kaiser und spielt auch heute noch eine wichtige Rolle in der Binnenschifffahrt.
Die Menükarte ist auf den 21. Juni 1895 datiert, den Höhepunkt der Feierlichkeiten. An diesem Tag warteten auf Tafeln, die zusammen mehrere 100 Meter lang waren, 12.000 Rosen und eine Vielzahl an Gerichten auf die knapp 1000 adligen Gäste. Für die Gestaltung der Karte zeichnete Emil Doepler verantwortlich. Seine Signatur ist in der linken unteren Ecke der Menükarte zu erkennen. Zudem ist die Karte mit geografischen Andeutungen gespickt. In den beiden oberen Ecken finden sich Abbildungen von Leuchttürmen mit den Inschriften „Brunsbüttel Hafen“ und „Kiel Holtenstein“. Die genannten Orte markieren den Übergang des Kanals in die beiden Meere. Unten in der Mitte ist die Levensauer Hochbrücke zu erkennen. Die Karte ist aufklappbar und wurde für das internationale Publikum auf Deutsch, Englisch und Französisch verfasst. Auf der Rückseite befindet sich das kaiserliche Wappen.

Einweihung des Kölner Doms

Daten zur Menükarte:

Menükartennummer 415
Anlass/ Titel
 Einweihung Kölner Dom
Ort Brühl
Datum 15.10.1880
Format 27,0×20,0 cm
Druck/ HZ Druck
Hersteller Königlicher Hof-Lithograph Hermann Veit
Gestaltung Vorderseite: Speisenfolge; Rückseite: handschriftliche Anmerkungen
Sprache französisch
Land Deutschland

Diese Menükarte verweist auf ein ganz besonderes historisches Ereignis. Anlässlich der Einweihung des Kölner Doms wurde ein Festbankett veranstaltet, was die vorliegende Karte bezeugt. Nach einer extrem langen Bauzeit von insgesamt 632 Jahren konnte der Dom schließlich eingeweiht werden. Nach nur schleppend vorangehenden Bauarbeiten bis ins 16. Jahrhundert hatte das Projekt fast 300 Jahre lang geruht. Erst 1842 wurde die Fertigstellung des Doms unter Friedrich Wilhelm IV. fortgesetzt. 1880 wurde der Bau vollendet und am 15. Oktober mit einem Fest eingeweiht, für das eigens Menükarten hergestellt wurden.
Die Karte besteht aus einem Blatt, das auf der Vorderseite bedruckt ist. Die linke Seite wird von einem floralen Ornament dominiert. Zudem ist unter einer Krone ein Wappen erkennbar, welches links den kaiserlichen Reichsadler und rechts das Emblem des Königreichs Sachsen zeigt. Ort und Datum sind in stilisierter Form am Kopfende der Menükarte zu erkennen. Darunter ist das Tagesmenü auf Französisch niedergeschrieben, den Abschluss bildet eine Zeichnung des fertiggestellten Kölner Doms. Am unteren Ende der Karte ist die Signatur des königlichen Hoflithografen Hermann Veit erkennbar.
Sowohl optisch, als auch durch den außergewöhnlichen historischen Zusammenhang sticht diese Menükarte aus der Masse heraus.

13. Jahresversammlung des Vereins deutscher Fabriken feuerfester Produkte

Daten zur Menükarte:

Menükartennummer 1537
Anlass/ Titel
 XIII. Jahresversammlung des Vereins deutscher Fabrikanten feuerfester Produkte
Datum 01.03.1893
Format 20,5×14,5 cm
Gestaltung auf einem rosa Seidenband, welches durchgezogen werden kann, befindet sich die Speisenfolge
Sprache deutsch
Land Deutschland

Hier wird zwar kein bedeutendes historisches Ereignis thematisiert, doch die Menükarte besticht durch ihre außergewöhnliche Gestaltung. Den Anlass bildete ein Festessen zum 13. Jubiläum des Vereins deutscher Fabriken feuerfester Produkte am 1. März 1893. Der erwähnte Verein war ein Zusammenschluss aller Industrien, die feuerfeste Materialien für die Stahlindustrie oder die Glasherstellung produzierten.
Mit diesem Vorwissen um das Betätigungsfeld des Vereins überrascht die filigrane Gestaltung der Menükarte. Die Karte besteht aus einem einzelnen Blatt, das auf der Vorderseite grafisch gestaltet ist. In der oberen Hälfte ist eine Schriftrolle aufgemalt, die mit einer Aussparung versehen ist. Die Gerichte stehen auf einer roséfarbenen Banderole aus (womöglich feuerfestem) Stoff, die an beiden Enden bewegt werden kann, sodass man das jeweilige Gericht in der Aussparung der Karte erkennen kann, was für einen spielerischen Effekt sorgt. Auch der Rest der Karte ist in der Art gestaltet, dass man ihr einige Hinweise auf die Aufgabenfelder der Industrie für feuerfeste Produkte entnehmen kann. So sind neben einem Ofen auch gusseiserne Werkzeuge erkennbar, der Titel steht auf einer Art Spiegel geschrieben, und am Rand der Karte ist eine Figur in Arbeitskleidung abgebildet.

Private Anlässe

Menükarten anlässlich bürgerlicher Feste sind innerhalb der Sammlung Freund in großer Zahl vertreten. Das Selbstverständnis der Gesellschaftsschicht, aus der diese Karten stammen, war durch starke Gegensätze geprägt: Einerseits vollzog sich durch den Industrialisierungsprozess ein dynamischer Wandel innerhalb der Gesellschaft. Unternehmer und Großindustrielle, die das Großbürgertum bildeten, waren die Hauptgewinner dieser Entwicklung. So lebten im Jahr 1907 in Berlin, dem damaligen Industriezentrum des Reiches, mehr Millionäre als in den USA. Auf den Berliner Straßen konnte man eine für diese Zeit ungewöhnlich große Menge an technische Neuheiten bestaunen. Edle Kaufhäuser und Flaniermeilen prägten die reichen Viertel der Stadt.
War das Lebensideal zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch durch den Wunsch nach Assimilation an den Adelsstand bestimmt, so entwickelte das Großbürgertum durch ihnen gemachte Zugeständnisse wie neue Adelstitel und das damit verbundene Wissen um die eigene Macht und Unverzichtbarkeit für den Staat ein neues Selbstvertrauen. Dies schlug sich in einem eigenen Stilempfinden und eigenen Statussymbolen nieder. Zum neuen Lebensgefühl des Bürgertums gehörten auch ausschweifende Feierlichkeiten. Ein opulentes Mahl, oft verewigt auf aufwendig gestalteten Menükarten aus Luxuspapier, durfte hierbei natürlich keinesfalls fehlen. Als Luxuspapier bezeichnet man die in vielen Farben, mit Prägungen, Goldbesätzen und Applikationen gestalteten Modeldruckpapiere, die sich ab den 1860er-Jahren großer Beliebtheit erfreuten und deren Ästhetik das Erscheinungsbild vieler Karten, die in dieser Ausstellung vorgestellt werden, bestimmt.

Das Festessen des Kegelclubs

Daten zur Menükarte:

Menükartennummer 376
Anlass/Titel Festessen des Kegelclubs (Namenlos)
Ort Berlin
Datum 09.04.1892
Format geschlossen in cm 18,5×13,5
Farbe mehrfarbig
Druck/Hz Druck
Hersteller Georg Pintus, Berlin C. Adlerstr. 7
Gestaltung Vorderseite: Blüten und Kegelspieler,  Innenseite: links Speisenfolge, rechts Getränkekarte
Sprache deutsch
Land Deutschland

Zu einem gutbürgerlichen Leben gehörte die Mitgliedschaft in Vereinen. Diese stellten oft auch eine Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe dar. Naturbewegungen erfreuten sich großer Beliebtheit, ebenso Sportvereine wie zum Beispiel Kegelvereine. Vom Festessen eines solchen stammt diese vielfarbig gestaltete Menükarte. Sie enthält zu dieser Zeit beliebte Gerichte wie „Artischocken mit holländischer Tunke“, „Bruststücke von Haselhühnern mit Carolinen-Reis mit Rahm Tunke“, oder „Granat Sorbet“. Ebenfalls enthalten ist eine Auswahl an hochwertigen Weinen (inklusive der Preise).

Menükarten von Hochzeitsfeiern

Daten zur Menükarte:

Menükartennummer 2945
Anlass/Titel Hochzeitsessen
Ort Heilbronn
Lokalität Hotel Falken
Datum 16.10.1900
Format geschlossen in cm: 18,8×11,1
Druck/Hz Druck u. Prägung
Hersteller C. W. Fischer
Gestaltung Vorderseite: Kleines Mädchen liegend in einem Blumenbett, Anlass, Speisenfolge
Sprache deutsch
Land Deutschland

Menükarten im Rahmen von Hochzeitsfeierlichkeiten haben im Gegensatz zu den anderen vorgestellten Karten einen persönlicheren Charakter. Es handelt sich in den meisten Fällen nicht um vorgefertigte oder besonders prunkvoll gestaltete Karten, die die geladenen Gäste beeindrucken sollten, sondern individuell vom Hochzeitspaar gestalte Exemplare, die eine hübsche Erinnerung an den denkwürdigen Tag darstellen sollten. Dies ist auch an der vorliegenden Menükarte zu erkennen, die anlässlich der Trauung eines Herrn Christian Grund, eines Schultheißen (also einem vom Landesherren Beauftragten, dessen Aufgaben die Ausübung der Verwaltungshoheit, sowie häufig das Richteramt in niedrigen Gerichtsbarkeiten waren), und einem Fräulein Marie Eisenmenger aus Ernsbach entstand. Die Hochzeit fand am 16. Oktober 1900 im Hotel „Falken“ in Heilbronn statt.
Die Karte ist einseitig gehalten und mit Elementen des Jugendstils gestaltet. Die für die Hochzeitsfeier angegebene Speisenfolge erscheint bodenständig und weniger an modernen Trends orientiert. Sie enthält Speisen wie „Salm mit holländischer Tunke und Kartoffeln“ (Lachs mit Sauce Hollandaise und Kartoffeln), „Poularden, Salat und Dunstobst“, sowie „Verschiedenes Eis“ mit „Waffeln“.

Silvester bei Schaurtés

Daten zur Menükarte:

Menükartennummer 1512
Anlass/Titel Gemütliches Zusammensein bei Schaurtè zu Sylvester 1898-1899
Ort Berlin
Lokalität Hotel Schaurtè
Datum Sylvester 1898/99
Format geschlossen in cm: 16,5×10,5
Farbe mehrfarbig + Gold
Druck/Hz Druck + Prägung
Hersteller C. W. Fischer
Gestaltung nur Vorderseite: Wappen in Rot und Blau und Krone, Anlass Text, goldener Rand
Sprache deutsch
Land Deutschland

Ein „Gemütliches Beisammensein bei Schaurté zur Sylfester-Feier 1897-1898“ verspricht der Text auf der Vorderseite dieser Menükarte, die als kleines Heftchen im Format 16,5 x 10,5 Zentimeter daherkommt und von der „graphischen Kunstanstalt Paul Spengler Berlin“ produziert wurde. Wer bei dieser Anzeige an einen gemütlichen Silvester-Toast im kleinen Kreis denkt, irrt sich. Dies offenbart sich einerseits durch die Identität des Gastgebers: Louis Schaurté (1851-1934), dessen Geburtsname eigentlich Ludwig Hubert Schaurte lautete, war ein Gastronom und Hotelier der Spitzenklasse, königlicher Hoflieferant und Besitzer des Veranstaltungsortes der Silvesterparty, des Hotels „Monopol“, welches sich nahe des Bahnhofs Friedrichstraße befand.
Die Speisenfolge ist in französischer Sprache verfasst und enthält zahlreiche französische Spezialitäten wie „Huitres royal“ (königliche Austern), Pate de foies gras de Strassburg a la Schurte (Gänsestopfleberpaste Straßburg a la Schurté) und Beignets de Sylvester (ein Krapfen-artiges Siedegebäck mit Puderzucker), was darauf hindeutet, dass es sich beim Gastgeber um einen großen Liebhaber der französischen Kultur handelte. Abschließend lässt dieser es sich nicht nehmen, seinen Gäste in Form eines eigenhändig verfassten Gedichtes seinen Dank auszusprechen.

Hotels und Restaurants

Noch im 17. Jahrhundert übernachteten Reisende in der Regel bei Vertreterinnen und Vertretern des eigenen Standes. Wer aufgrund der Zugehörigkeit zu einer niederen Standesgruppe keine Unterkunft fand, fand Unterschlupf in Gastwirtschaften, die Zimmer ohne jeglichen Komfort vermieteten. Mit der verstärkten Nutzung der Postkutsche im 18. Jahrhundert wurde das Reisen einfacher und die Zahl der Übernachtungsmöglichkeiten wuchs stetig. In Deutschland stieg im Laufe jenes Jahrhunderts die Anzahl der Gasthöfe auf 80.000.
Im Jahr 1774 wurde in London das erste Hotel der Welt eröffnet, das diesen Begriff auch im Namen trug („Grand Hotel“, Covent Garden). Beim Wort Hotel (franz.: „hôtel“) handelt es sich ursprünglich um eine Bezeichnung für die Stadthäuser der Adligen. Das Konzept des Hotels konnte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts etablieren und erlangte eine enorme wirtschaftliche Bedeutung, einhergehend mit der Entwicklung des Tourismus als neue Dienstleistungsbranche. Ein vom unternehmerischen Bürgertum hervorgerufener Bauboom führte zur Entstehung einer Vielzahl an Hotels, die eine immer diverser werdende Klientel anzogen.

Frankfurter Hof

Daten zur Menükarte:

Menükartennummer 462
Anlass/Titel
Menü
Ort Frankfurt am Main
Lokalität Frankfurter Hof
Datum 19.03.1885
Format (geschlossen, in cm) 19,8×12,8
Druck/HZ Druck
Gestaltung Vorderseite: Speisenfolge, Veranstaltungshinweise; Rückseite: Sehenswürdigkeiten, Eisenbahnfahrplan
Sprache deutsch
Land Deutschland

Das Hotel „Frankfurter Hof“ wurde am 26. Juni 1876 als Grand Hotel von internationalem Standard im Stadtzentrum von Frankfurt am Main eröffnet. Der Festsaal, das Herzstück des Hauses, beherbergte die beiden längsten Tische der Stadt, die „tables d’hôte“ (dt.: Tische des Gastgebers). Es wurde täglich Mittagessen serviert, dabei gab es für alle dasselbe Menü, und es wurden bei dieser Vorform des Business Lunch ca. 20000 Essen jährlich verkauft. Das mit Gaslicht beleuchtete, durch ein eigenes Heiz- und Dampfhaus beheizte und mit hydraulischen Aufzügen ausgestattete Haus erhielt 1881 als erstes Hotel in Frankfurt am Main eine eigene Fernsprechnummer. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich das mit allen modernen Annehmlichkeiten ausgestattete Hotel bei Europas High Society und der intellektuellen Elite etabliert, so dass es bis zum heutigen Zeitpunkt fortbesteht.
Bei der vorliegenden, relativ unaufdringlich gestalteten Menükarte handelt es sich um die Speisenfolge vom 19. März 1885. Die Karte ist beidseitig in Rot und Schwarz bedruckt. Auf der Vorderseite findet sich unter dem Hotelnamen, der in einer mittelalterlich anmutenden Typografie wiedergegeben ist, das Ende des 14. Jahrhunderts eingeführte Wappen der Stadt Frankfurt am Main. Darunter wird das Menü auf Französisch aufgelistet, der Sprache des Kulturraums, der das 19. Jahrhundert dominierte. Das Speisenangebot besteht aus Suppe, Fisch- und Fleischgerichten, Beilagen, Süßspeisen und Nachtisch. Nicht fehlen dürfen die „Saucissons de Francfort“ (dt.: Frankfurter Würstchen), eine Lokalspezialität, für die Frankfurt schon seit dem Mittelalter berühmt ist. Unter der Überschrift „Theater“ werden tagesaktuelle Veranstaltungshinweise aufgelistet, zum Beispiel eine Aufführung von „Der fliegende Holländer“ im Frankfurter Opernhaus. Auf der Kartenrückseite werden noch heute beliebte Frankfurter Sehenswürdigkeiten genannt, darunter der Palmengarten, der Zoo, das Städel‘sche Kunstinstitut (heute: Städel Museum) und das Geburtshaus von Johann Wolfgang von Goethe.

Restaurant Carl Hiller

Daten zur Menükarte:

Menükartennummer 514
Anlass/Titel
Menü
Ort Berlin
Lokalität Restaurant, Wein- & Delicatessen-Handlung Carl Hiller, Inh. L. Adlon
Datum 30.05.1887
Format (geschlossen, in cm) 19,0×12,5
Druck/HZ Druck
Hersteller R. Barnick, Berlin S
Gestaltung Klappkarte, Vorderseite: Angaben zum Restaurant, Innenseite links: Tischbericht, Innenseite rechts: Menü, Rückseite: Herstellername
Sprache deutsch, franz.
Land Deutschland

Das „Restaurant (Carl) Hiller“ war ein kleines Berliner Restaurant mit der Adresse Unter den Linden 62/63. Es war 1886 von dem aus Mainz stammenden Gastronomen Lorenz Adlon (1849 – 1921) übernommen worden, wodurch er sich einen Namen in Berlin machen konnte. Das Restaurant wurde hauptsächlich von Angehörigen des deutschen Hochadels frequentiert. Adlon führte neben dem Restaurant eine Weingroßhandlung in der Wilhelmstraße, wo zu jener Zeit wichtige Ministerien des Königreichs Preußen angesiedelt waren. 1907 eröffnete er das Luxushotel Adlon und fand in Kaiser Wilhelm II. einen zahlungskräftigen Gast der ersten Stunde. Das Hotel wurde zu einem beliebten Ort für Festivitäten der europäischen Oberschicht, und ein Nachbau des im Krieg zerstörten Hotels existiert unter gleichem Namen bis zum heutigen Tag.
Die Menükarte ist aufklappbar und beidseitig in Schwarz und Gold bedruckt. Sowohl die Vorderseite, als auch der Innenteil sind mit ornamentalen Rahmen geschmückt. Die Wörter „Restaurant“ und „Wein- und Delicatessen-Handlung“ stehen in Druckbuchstaben im historistischen Stil auf einer Schärpe, die sich durch die obere Hälfte der Kartenvorderseite schlängelt. Unter dem Schärpenelement steht der Restaurantname, darunter die Adresse, dann der Inhaber, „L. Adlon“, mit dem Hinweis, dass er „Hoflieferant Sr. Hoheit des Herzogs Friedrich von Anhalt“ sei. Der Kundschaft sollte somit deutlich vermittelt werden, das im „Hiller“ nur das Beste auf den Tisch kommt. Passend zum genannten hochherrschaftlichen Kunden findet sich oben rechts auf dem Titelblatt das Wappen des Herzogtum Anhalt, das von zwei Bären gehalten wird. Im Innenteil befindet sich auf der linken Seite eine Übersicht der Speisen in deutscher Sprache, auf der rechten Seite steht die französische Übersetzung. Dem Innenteil kann man entnehmen, dass es sich um das Menü zum Pfingstmontag, dem 30. Mai 1887, handelt. Serviert wurden Vorspeisen, Suppen, Fisch bzw. Meeresfrüchte, vier verschiedene Fleischgerichte mit Beilagen, Vanille- und Erdbeereis, sowie zusätzlich noch ein Dessert.

Hotels Schweizerhof & Luzernerhof

Daten zur Menükarte:

Menükartennummer 980
Anlass/Titel
Menü
Ort Luzern
Lokalität Schweizerhof, Proprietaires Hauser Frères
Datum 29.04.1890
Format (geschlossen, in cm) 16,0×11,0
Druck/HZ Druck
Gestaltung Vorderseite: Speisenfolge; Rückseite: Abbildung des Hotels
Sprache franz.
Land Schweiz

Das Hotel Schweizerhof befindet sich am Ufer des Vierwaldstättersees in einem Palais, das neobarocke Architekturelemente aufweist und beidseitig freistehende Dependancen besitzt. Die Schweiz war im 19. Jahrhundert das beliebteste Touristenziel überhaupt. Allein in Luzern stieg die Zahl der Gästebetten zwischen 1860 und 1915 von 870 auf 8600. Im Zuge des florierenden Tourismus wurde das Hotel 1845 erbaut und befindet sich seit 1861 ununterbrochen im Besitz der Familie Hauser. Das Haus steht unter Denkmalschutz, die ursprüngliche Architektur ist zum größten Teil erhalten geblieben, und das Interieur aus dem 19. Jahrhundert wird bis heute genutzt. Zu den berühmtesten Hotelgästen zählen Lew Tolstoi, Richard Wagner, Mark Twain, Kaiser Wilhelm II., Kaiserin Eugénie und Hans Christian Andersen.
Es liegt eine kleinformatige, beidseitig bedruckte Karte vor, die auf der Vorderseite in Blau und Schwarz und auf der Rückseite in Schwarz gehalten ist. Der Vorderseite sind, unter der von barocken Schnörkeln umgebenen Überschrift „Menu“, die Speisen vom 29. April 1890 in französischer Sprache zu entnehmen. Der Text wird von einem Rahmen eingefasst, der sich aus klassizistischen Architekturmotiven zusammensetzt. Unten auf der Karte sind zwei Schwäne zu erkennen (eventuell eine Anspielung auf einen wichtigen Luzerner Verkehrsknotenpunkt, den unweit des Hotels gelegenen Schwanenplatz). Das kulinarische Angebot besteht aus einem Fischgericht, zwei Fleischgerichten (darunter ein französisches Lammfleisch-Ragout namens Navarin), als Beilagen Pommes frites (seit dem Ende des 17. Jahrhunderts bekannt und ursprünglich wohl aus Belgien stammend) und Salat, dann zum Abschluss noch Käse, Früchte und ein Dessert. Die Rückseite der Menükarte wird von einem Stahlstich geziert, der eine Frontalansicht des Hotelkomplexes mit belebter Promenade und regem Betrieb auf dem Vierwaldstättersee wiedergibt. Das Hauptgebäude des Hotels ist (bis heute) erkennbar an der auf dem Dach angebrachten Schweizerfahne.

Kreuzfahrten

Eine Kreuzfahrt ist heute nichts Ungewöhnliches mehr, doch Mitte des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gestaltete sich eine Reise zur See noch wesentlich spannender und aufregender. Es war eine neue Art des Reisens, auch wenn sich nur der betuchtere Teil der Bevölkerung diesen Luxus leisten konnte. Doch dafür wurden Ihnen neben Unterhaltung auch vielseitige Menüs auf kunstvoll gestalteten Karten geboten, die sie Ihre Reise sicher nicht so schnell vergessen ließen.
Die folgenden Menükarten stammen alle von Dampfern der 1857 gegründeten Reederei Norddeutscher Lloyd, eine der bedeutendsten deutschen Reedereien des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts mit einem regelmäßigen Linienbetrieb von Europa nach Amerika, Ost-Asien und Australien.

Mittagessen auf dem Dampfer „Ems“

Daten zum Dampfer „Ems“

Stapellauf 27. Februar 1884
Jungfernreise 04. Juni 1884, Bremerhaven – New York
Schicksal 1901 an Elder Dempster & Co. verkauft und in „Lake Simcoe“ umbenannt, September 1909 zum Abwracken nach Genua verkauft
Länge 131,00m
Breite 14,35m
Maximalgeschwindigkeit 17kn (Knoten) / 31,484km/h
Passagierplätze 1.Klasse – 194 Plätze, 2.Klasse – 134 Plätze, Zwischendeck – 876 Plätze

Daten zur Menükarte:

Menükarten-Nummer 1584
Datum
Donnerstag, 27. Mai 1888
Menü Mittagessen
Form 16.5×10.5cm, Klappkarte, mehrfarbig, deutsch

Die Schrift ist sehr kunstvoll gestaltet, weshalb das „t“ in „Norddeutscher“ auf den ersten Blick leicht als „h“ durchgehen könnte. Unterhalb des Titels findet sich eine detaillierte Illustration, die höchstwahrscheinlich den Dampfer „Ems“ selbst darstellt. Im Vordergrund ist ein Ausschnitt eines Schiffsdecks zu sehen, bestehend aus Elementen wie Steuerrad, Webleinen, Rettungsboot und einem zusammengefalteten Segel, in welchem ein Anker platziert ist. Auf diesem ist ein von der amerikanischen Flagge geziertes Wappen dargestellt, darauf sitzend ein Adler mit ausgebreiteten Flügeln und einer Pergamentrolle in den Krallen. Der Adler steht vermutlich für das Wappentier des Deutschen Reiches. Die Pergamentrolle könnte auf die zu diesem Zeitpunkt bereits seit drei Jahren bestehenden Postdampferlinien zwischen Europa und Amerika hindeuten, welche flächendeckend vom Norddeutschen Lloyd betrieben wurden. In der Mitte der Rückseite findet sich ein Anker, an welchem drei Wappenschilde befestigt sind, eines davon ziert die amerikanische Flagge, ein anderes das Logo des Norddeutschen Lloyd, das dritte das Wappen Bremens. Die Innenseite zeigt wahrscheinlich den Dampfer „Ems“, dieses Mal durch ein Bullauge betrachtet. Die eigentliche Speisekarte ist auf einem Pergamentdesign mit den vorgedruckten Schriftzügen „Dampfer „Ems““ und „Speise-Karte“ zu finden. Das Menü sowie das aktuelle Datum wurden per Hand mit blauer Tinte in kunstvoller Schrift eingetragen, möglicherweise vom Chefkoch selbst.
Da die Karte handschriftlich verfasst und die Tinte stellenweise verblasst ist, lässt sich nicht alles deutlich erkennen, doch die Vorspeise Bouillon (Brühe) mit Klößen, als auch einige Hauptgerichte wie Steinbutt mit Butter und Huhn mit Tomatensauce sind leserlich, sowie die Nachspeisen Eiscreme & Torte und Butter & Käse. Auch gab es wohl ein Angebot von Braten, Salat und Pudding. Insgesamt eine umfangreiche Auswahl, wobei auffällt, dass trotz der maritimen Atmosphäre nur ein Fischgericht gereicht wurde.

Lunch auf dem Dampfer „Preussen“

Daten zum Dampfer „Preussen“

Stapellauf 10. Juli 1886
Jungfernreise 3. November 1886, Bremerhaven – Australien (zweimonatige Quarantäne in Sydney nach Ausbruch der Pocken an Bord)
Schicksal 1909 zum Abwracken nach Genua gesandt
Länge 118,92m
Breite 13,93m
Maximalgeschwindigkeit 14kn (Knoten) / 25,928km/h
Passagierplätze 1.Klasse – 100 Plätze, 2.Klasse – 28 Plätze, Zwischendeck – 2202 Plätze
Besonderheiten Erstes, neu gebautes Schiff des Norddeutschen Lloyd für Strecken nach Ostasien und Australien

Daten zur Menükarte:

Menükarten-Nummer 1588
Datum
Donnerstag, 11. Oktober 1900
Menü Mittagessen/Lunch
Form 21×13.5cm, Karte mit Postkarte, mehrfarbig, deutsch/englisch

Die Vorderseite zeigt wahrscheinlich den Dampfer „Preussen“ in einem runden Rahmen umrankt von Efeu, welcher sich über den gesamten oberen Rand der Karte ausbreitet. Mittig auf der Karte findet sich der Schriftzug „Dampfer „PREUSSEN“ den 11. October 1900“ und „Lunch“, bevor die eigentliche, dieses Mal gedruckte Speisekarte folgt. Abgeschlossen wird diese durch eine schlichte Zierde, welche die Optik des Efeus im Titel aufgreift. Die Rückseite ist eine leere Postkarte, lediglich im Titel mit dem Schriftzug „Postkarte – Weltpostverein“ versehen, mit einem französischen Untertitel: „Carte postale – Union postale universelle“. Dank der kunstvollen Gestaltung der Menükarte und der anzunehmenden Ermangelung anderer Postkarten an Bord des Dampfers war es wohl gar keine schlechte Idee, die Karte als Souvenir zu verschicken oder sie selbst als Erinnerung zu behalten.
Zur Vorspeise wurden eine Puchero Suppe (ein traditionell spanischer Eintopf, der in Südamerika beliebt ist) und eine klassische Fleischbrühe gereicht. Die Hauptspeisen waren entweder Rumpsteak mit einer Tafelpilzsauce und Lyoner Kartoffeln oder Eier in Curry mit Reis. Überraschend ist das Angebot eines vegetarischen Gerichts, ein seltener Fall innerhalb der Menükarten von Passagierdampfschiffen aus der Sammlung Freund. Zum Nachtisch wurde Rote Grütze mit Vanillesauce gereicht. Insgesamt erscheint diese Speisenfolge durch die große Auswahl an Kaltspeisen und Häppchen eher für einen Brunch geeignet gewesen zu sein, doch verhungert ist bei diesem Mittagessen sicher trotzdem niemand.

Menü auf dem Dampfer „Kaiser Wilhelm der Grosse“

Daten zum Dampfer „Kaiser Wilhelm der Grosse“

Stapellauf 04. Mai 1897
Jungfernreise 19. September 1897, Bremerhaven – New York
Schicksal 1914 Einsatz als Hilfskreuzer und durch die Besatzung selbst versenkt, 1952 verschrottet
Länge 141,90m
Breite 15,12m
Maximalgeschwindigkeit 22,35kn (Knoten) / 41,392km/h
Passagierplätze 1.Klasse – 340 Plätze, 2.Klasse – 346 Plätze, 3. Klasse – 1074 Plätze
Auszeichnungen Von 1897 bis 1900 Träger des Blauen Bands (Ehrung, die das schnellste Schiff für bezahlende Passagiere auf der Transatlantik-Route Europa – New York erhalten hat)
Besonderheiten Vier Schornsteine – revolutionär als neue Schnelldampferklasse, welche weltweit kopiert wurde; erstes Passagierschiff mit kommerzieller Anlage zur Funktelegrafie, 1900 von Marconi’s Wireless Telegraph Company eingebaut

Daten zur Menükarte:

Menükarten-Nummer 1623
Datum
Montag, 24. August 1903
Menü unbekannt, wahrscheinlich Mittagessen
Form 19×13.5cm, Klappkarte, mehrfarbig, deutsch/englisch

Die Vorderseite wird am oberen Rand erneut vom Schriftzug „Norddeutscher Lloyd Bremen“ geziert, kunstvoll in einem verzierten Rahmen platziert, welcher wohl den Dampfer „Kaiser Wilhelm der Grosse“ selbst umrandet. In der Mitte des unteren Randes des Zierrahmens ist das Seitenprofil eines Mannes erkennbar (möglicherweise Kaiser Wilhelm I., nach welchem der Dampfer benannt wurde). Die Rückseite zeigt das Musikprogramm der Reise, das sich aus sieben Musikstücken zusammensetzt. Neben dem ersten Finale aus „Lohengrin“ von Richard Wagner finden sich auch Werke wie „American Patrol“ von Frank W. Meacham und „Der kreuzfidele Kupferschmied“-Marsch von Carl Peter, um die verschiedenen Nationalitäten anzusprechen, die sich wahrscheinlich auf dieser Reise befanden. Die Innenseite zeigt links unterhalb einer maritimen Illustration den Schriftzug „Dampfer „KAISER WILHELM DER GROSSE““ und „Montag, den 24. August 1903“, gefolgt von der Speisekarte in deutscher Sprache. Rechts findet sich eine weitere Illustration, und die Schriftzüge „S.S. „KAISER WILHELM DER GROSSE““ und „Monday, August 24th 1903“ sind zu lesen, gefolgt von der Speisekarte in englischer Sprache.
Die Vorspeisenauswahl auf dieser Karte ist auf zwei Angebote begrenzt, eine Geflügel-Suppe nach Kaiser Wilhelm und eine Kraftbrühe mit verlorenen (pochierten) Eiern. Das Hauptspeisenmenü gestaltet sich vielseitig und bot neben einem Fischgericht – Rheinlachs mit Gallert auf moderne Art – auch eine Fleischoption – Rindslenden nach Maillot an. Zusätzlich werden ein Geflügelgericht – Masthühner nach La Bresse – und sogar eine vegetarische Option aufgeführt – Braunschweiger Stangenspargel mit Rahmsauce. Das Nachspeisenmenü bietet unter anderem Kopfsalat, Crème Kronprinzen Art, Rahm-Eis und Früchte. Dazu wurde Kaffee gereicht. Insgesamt erscheint dieses Menü zunächst übersichtlich, doch wohlgewählt und vielseitig, bietet eine Vielzahl an Optionen, die individuell kombiniert werden konnten und somit wohl keine Wünsche offen ließen.

Wenn Sie sich die Menükarten anschauen wollen, melden Sie sich gerne bei der Menükartensammlung der Handschriftenabteilung.

Diese virtuelle Ausstellung wurde erstellt von: Malwa Grosse, Lara Szymanowsky, Antonia Krenz, Jannik Kuhs und Vincent Richter im Rahmen ihrer Ausbildung.