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Die Freunde Goethe und Herzog Carl August

Vortrag von Dr. Gerhard Müller (Jena)
„Denn er hat mir gegeben, was Große selten gewähren, Neigung, Muße, Vertrauen, Felder und Garten und Haus“
Venezianische Epigramme

Die Freunde Goethe und Herzog Carl August

Die Freundschaft Goethes mit Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach begann als Ausbruch des Dichters aus der bürgerlichen Enge der Vaterstadt Frankfurt am Main und als Versuch, zu erkunden, wie ihm die „Weltrolle“ an einem Fürstenhof zu Gesicht stehen würde. Carl August hingegen sah sein Mäzenatentum als Chance, hervorragende Persönlichkeiten des geistigen Lebens um sich zu sammeln und so aus der kleinstaatlichen Bedeutungslosigkeit herauszuwachsen. Goethe bürdete sich amtliche Pflichten bis an seine psychischen und physischen Leistungsgrenzen auf, musste aber nach zehn Jahren erkennen, dass er Gefahr lief, in den Tretmühlen der Landesadministration zermahlen zu werden, ohne wirklich viel bewirken zu können.

Die Flucht nach Italien wurde zum Ausweg aus diesem Dilemma, indem sie es ermöglichte, die Freundschaft neu zu definieren. Carl August ging auf Goethes Ansinnen ein, ihn künftig nur noch mit Aufgaben der Pflege von Kunst und Wissenschaft zu betrauen. So begann mit Goethes Rückkehr nach Weimar ein neues, ehrgeiziges Projekt. Keineswegs konfliktfrei, aber erfolgreich, etablierten sich Weimar und das benachbarte Universitätsstädtchen Jena durch die „gegen unsere Kräfte disproportionierte Förderung“ von Wissenschaft und Kunst als Mittelpunkt des geistigen Lebens in Deutschland.

Die Freundschaft Goethes und Carl Augusts erlangte nun eine Bedeutung, die beiden erst wirklich klar wurde, als das weimarische Herzogtum nach dem Zusammenbruch Preußens in der Schlacht bei Jena 1806 verloren schien. Der Nimbus Weimars und der weltweite Ruf Goethes und Wielands waren es ganz wesentlich, die in dieser kritischen Situation Land und Thron Carl Augusts zu retten vermochten.
Goethe sah sich nun als „öffentliche Person“ von nationaler Bedeutung, und Carl August musste dies respektieren. Wenn sie die immer wieder zwischen ihnen aufkommenden, mitunter tiefgreifenden Konflikte beilegen konnten, war das nicht mehr nur Ausdruck mäzenatischen Wohlwollens. Es war staatspolitische Notwendigkeit. Goethes Freundschaft mit Carl August wurde immer mehr zum Kern der Musenhoflegende, und der Mythos der Symbiose von Geist und Macht wirkte weit über den Tod beider hinaus prägend auf die deutsche Nationsbildung.

Eine Veranstaltung der Goethe-Gesellschaft Berlin e.V.