Martina Wörgötter: „Stefan Zweig und seine Vision vom geeinten Europa als geistige Heimat“
Für den jüdischen Schriftsteller Stefan Zweig bedeutete Europa mehr als nur einen geografischen Raum, nämlich eine geistige Heimat – ein Kulturraum des Austauschs, der Toleranz und des Friedens. Als überzeugter Humanist setzte er sich für Verständigung und interkulturellen Austausch ein, vermied jedoch eine direkte politische Stellungnahme. In seinem autobiografischen Werk „Die Welt von Gestern“, das er kurz vor seinem Tod im Exil in den USA und in Brasilien schrieb, reflektiert Zweig über die zerstörerischen Auswirkungen der beiden Weltkriege auf sein Leben und die Gesellschaft.
Er beschreibt die prägende Rolle des Judentums in Kultur und Gesellschaft und zeichnet das Bild einer Welt, die durch den Aufstieg des Faschismus und die Zerstörung jüdischen Lebens nachhaltig erschüttert wurde. Das Exil zieht sich als zentrales Thema durch Zweigs Leben – er fühlte sich als Fremder in seiner habsburgischen Heimat und in der Welt, die er als Dichter und Zeitzeuge bereiste. Dabei lässt er sein altes Europa, wie er es aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg erinnert, noch einmal als utopische Welt der Sicherheit auferstehen. Als überzeugter Humanist und Pazifist glaubte er an die geistige und kulturelle Bedeutung einer gemeinsamen Wertebasis. Für Zweig war das vereinte Europa mehr als ein politisches Ideal – es war ein Ort geistiger Zuflucht, in dem Intellekt, Kultur und humanistische Ideale eine zentrale Rolle spielten und Orientierung in schwierigen Zeiten boten. Angesichts der gegenwärtigen europäischen Zeitenwende erhalten Stefan Zweigs humanistische Appelle neue Aktualität. Einst berühmter als Thomas Mann, wurden seine Bücher ins Kino gebracht und in 50 Sprachen übersetzt. Doch dann kam Hitler – von Wien nach London, von New York nach Brasilien musste er fliehen. Überall fremd, nirgends zu Hause, schrieb er aus diesem Schmerz seine Vision: ein Europa ohne Grenzen, in dem Kultur und Humanität siegen. Heute erlebt der Bestseller-Autor eine Renaissance: Seine „Welt von Gestern“ wird wieder millionenfach gelesen, aus Sehnsucht nach europäischer Einheit.
Martina Wörgötter zeigt, warum Stefan Zweig der erste moderne Europäer war und was wir heute von ihm lernen können. Denis Petkovic liest Texte aus Stefan Zweig „Die Welt von Gestern“ und wird damit die Erinnerungen des großen Europäers zum Leben erwecken.
Dr. Martina Wörgötter spricht über Stefan Zweigs unermüdliches Engagement für eine gemeinsame europäische Identität, seine tief verwurzelten pazifistischen und humanistischen Überzeugungen sowie seinen inneren Konflikt zwischen Rückzug und moralischer Verantwortung. Zudem gibt die Leiterin des Stefan Zweig Zentrums Salzburg Einblicke in die laufende Forschungsarbeit zu Leben und Werk Stefan Zweigs und erläutert, wie das Institut sein Erbe bewahrt und seine Relevanz für die heutige Zeit neu interpretiert.
Denis Petković absolvierte seine Schauspielausbildung an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin und war am Burgtheater Wien, Volkstheater Wien sowie bei den Salzburger Festspielen engagiert. 2004 und 2005 führten Andrea Breth-Inszenierungen mit ihm zum Berliner Theatertreffen. Zu seinen Regisseuren zählen Martin Kušej, Stefan Kimmig, Volker Lösch und Karin Beier. Wichtige Rollen: Don Juan (Molière), KarlMoor („Die Räuber“) und Faust („Urfaust“). Seit 2013 ist er Ensemblemitglied am Schauspiel Leipzig.
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