Bei der Vorbereitung von Editionen frühneuzeitlicher Texte ist es wichtig, die Textgenese nachvollziehen zu können. Die dabei zu untersuchenden Drucke der Handpressenzeit weisen diverse Varianten auf, da der Druckprozess mehrmals für korrigierende Eingriffe am stehenden Satz angehalten werden konnte. War die Nachfrage höher als zunächst kalkuliert, konnte auch ein zeilenidentischer Neusatz angefertigt werden, der nur bei den Details vom Original unterscheidbar ist.

Eine Untersuchung dieser Drucke auf mögliche Varianten ist ohne technische Hilfsmittel für die Augen sehr ermüdend. Leicht kann dabei etwas übersehen werden. Der amerikanische Bibliograph Charlton Hinman (1911-1977) entwarf Mitte des 20. Jahrhunderts auf Basis einer Entwicklung aus der Militärtechnik zum Vergleich von Luftbildaufnahmen den nach ihm benannten Hinman-Collator, bei dem zwei Exemplare eines Druckes auf dafür vorgesehene nebeneinander befindliche Ablagen gelegt und mittels eines Binokulars, einem speziellen Objektiv, abwechselnd betrachtet werden konnten. Eine Konstruktion von Spiegeln und Lampen half dabei, zwischen diesen hin- und herzuschalten. Ab den 1980er Jahren wurden Kameras und Computer verwendet, die Unterschiede farblich darstellen konnten.

Die Weiterentwicklung dieser sogenannten kinematographischen und der Farbkontrast-Methode findet sich in modernen Softwareentwicklungen wie dem Open-Source-Softwaretool Traherne Digital Collator und der App Image Compare der University of Oxford. Beide sollen im Rahmen dieser Wissenswerkstatt kurz vorgestellt werden.

Dozent: Stefan Duhr

Zugangsdaten:

Online-Workshop über Webex:

https://spk-berlin.webex.com/spk-berlin/j.php?MTID=mad688559edaaaf543c67a7dc2cde24bf