Toy Fad Bestiarium IV
von Diana Johanns
Herzlich willkommen zur vierten Folge unserer Reihe Toy Fad Bestiarium!
Wir wünschen viel Spaß und Erkenntnisgewinn und erinnern an die Einstiegsfrage: Auf welchen Grundlagen könnten die Labubus möglicherweise fußen?
Entdecken Sie uns!
Stinky – Der übelriechende Übeltäter
Name: Stinky, im Finnischen: Haisuli
Spezies: unspezifiziertes Wesen aus dem Mumin-Tal
Debüt: 1954
Erstmanifestation: als Comic Moomin and the Brigands
in der englischen Zeitung The Evening News
Schöpferin: Tove Jansson
Ursprungsorte: Schweden, England und das Mumintal in Finnland
Geschlecht: männlich
Gestalt: erinnert an einen Stahlschwamm mit Beinen
USP: Er riecht wie ein oft benutzter Stahlschwamm und isst fast alles auf, auch die Möbel der Mumins – und höchstwahrscheinlich auch deren Spülschwämme.
Extremitäten: vorhanden und definiert
Ohren: er trägt auf dem Kopf Fühler
Augen: groß, die Augenlider immer auf Halbmast
Nase: breitflächig
Mundpartie und Zähne: freiliegende Zahnleiste
Bekleidung oder Behaarung: dunkelbehaart und sehr zottlig
Charakter: Stinky sieht sich selbst als Schurke. Er gilt als egoistisch, gierig und verschlagen, und fungiert vorwiegend als Einbrecher, Ruhestörer und ungebetener Gast.
Allerdings sind seine Pläne von eher unterhaltender Natur und meist zum Scheitern verurteilt.
Mitunter zeigt er – widerwillig – Herz. 🤎
Rudeltier oder Einzelgänger: er lebt allein in der Natur und hat keinen dauerhaften Wohnsitz
Niedlich oder hässlich: gefällig
Kindchenschema: 3/5
Flauschfaktor: bei Anosmie schon sehr
Karriere: Och, ganz ordentlich für eine Figur aus der zweiten Reihe. Es gibt das übliche Merchandising-Angebot, also alles, was Stinky auch selbst essen würde: Schlüsselanhänger, Ladekabel, Tassen und Schüsseln.
Allerdings ist Stinky hier häufig nur Teil eines Gruppenbildes, daher gilt: Solange es die Mumins gibt, werden sich auch Stinky-Produkte verkaufen.
Besonderheit I
Stinky ist ein Funktionscharakter und Teil eines Ensembles. Deshalb tritt er im Comic und in den Zeichentrickfilmen nur in einzelnen Episoden auf. Eine Ausnahme ist sein antagonistischer Auftritt im letzten Mumin-Bilderbuch. Dieses erschien 1980 unter dem Titel Skurken i Muminhuset (dt. Die Mumins – Überraschung im Muminhaus). Innerhalb des Gesamtwerks nimmt es eine besondere Stellung ein.
Das Buch ist kein klassisch illustriertes Werk, statt Zeichnungen wurden Szenenfotos verwendet. Diese zeigen Arrangements in und um das große Modell des Muminhauses, das Tove Jansson zusammen mit ihrer Partnerin Tuulikki Pietilä schuf. Die Fotografien stammen von Tove Janssons Bruder Per Olov Jansson.
Das Haus und die darin verwendeten Figuren der Mumins und ihrer Freunde sind heute im Muminmuseum in Tampere ausgestellt.
Besonderheit II
Die Tür ist immer offen …
2025 wurde in der Ausstellung Tove Jansson and the Moomins: The Door Is Always Open der Brooklyn Public Library ein Bild von Stinky aus der Präsentation entfernt, nachdem eine Person aus dem Unterstützerkreis der Bibliothek die Darstellung als potenziell rassistisch kritisiert hatte.
Roleff Kråkström, Geschäftsführer von Moomin Characters – dem Unternehmen, das die Rechte an Janssons Werk verwaltet –, zeigte sich über die Entscheidung überrascht, reagierte aber gelassen.
Er akzeptierte die Änderung als Teil der gesellschaftlichen Diskussionen über Sensibilisierung und Wahrnehmung.
Eine vergleichbare Kritik an einer Figur aus dem Mumintal hat es bislang nicht gegeben.
Die Mumins und auch ihr anrüchiger Freund Stinky stehen weiterhin für Toleranz, Offenheit und Inklusion.
Oskar – Grouch Up Your Life
Name: Oskar, auch Oskar der Griesgram, im Original: Oscar the Grouch
Spezies: Monster und Grouch
Debüt: 10. November 1969
Schöpfer: Jim Henson und Jon Stone
Ursprungsorte: Manhattan, New York City und
die Sesame Street
Erstmanifestation: als Handpuppe in der US-Kinderfernsehsendung Sesame Street
Geschlecht: männlich
Bekleidung oder Behaarung: Er ist von Kopf bis Fuß behaart; die Fellfarbe war im Original orange,
ist nun aber grün.
Obacht: Die Tonne ist seine Wohnung, nicht seine Hose oder sein Hut!
Gestalt: groß und plüschig
Extremitäten: Arme und Beine sind vorhanden.
Erneut Obacht: Der Körper endet in der, nicht als Tonne!
Ohren: nicht sichtbar, aber er hört, obwohl er nichts hören will
Augen: groß, mit dominanter Monobraue
Nase: nicht sichtbar; da er aber beglückt „stinkigen“ Müll besingt, muss er riechen können
Mundpartie und Zähne: Riesenmaul, zahnlose Kauleiste, große rote Zunge
Niedlich oder hässlich: absolut liebenswert
Kindchenschema: 2/5
Flauschfaktor: Wehe!
Charakter: Oskar ist ein Griesgram, also dauerhaft grimmig, unwirsch und übellaunig.
Er hat seine Freude an dem Miss- und Unbehagen anderer Sesamstraßenbewohner, hegt jedoch eine sehr, sehr innige Liebe zu Müll aller Art.
Hören Sie selbst: Oskar mag Müll
Rudeltier oder Einzelgänger: Stört man seine Ruhe, ist es falsch; lässt man ihn in Ruhe, ist es auch nicht richtig.
Er kann nicht mit anderen und mit sich – auch nicht.
Indes besitzt er etliche Haustiere und eine Freundin:
Grundgetta, die er Grungie nennt.
Alter Romantiker eben.
Karriere: Auch Oskar gehört einem Ensemble an, funktioniert jedoch durch seine klare Abgrenzung von den anderen als autonome Figur mit eigener (und erfolgreicher) „Produktlinie“.
Oskar ist so etwas wie ein Maskottchen für Müllbeseitigung und Abfallmanagement. Als echter Ökopionier verkörpert er mit seiner Liebe zum Müll und dem daraus entstehenden Recyclinggedanken Umweltbewusstsein – und damit moderne Werte.
Im Frühjahr 2025 legten Müllarbeiter in Birmingham ihre Arbeit nieder, um gegen geplante Lohnkürzungen und Stellenstreichungen zu protestieren. Als Zeichen der Solidarität nutzten die Beschäftigten die Figur Oskar und seine Tonne als Logo und Symbol für ihren Protest und den täglichen Kampf um Anerkennung und faire Arbeitsbedingungen.
Besonderheit I
Oskar mag ein Griesgram sein, doch er vermittelt eine wichtige Botschaft: „Anders zu sein, ist völlig in Ordnung!“ und „Du hast das Recht, nicht fröhlich zu sein.“
Ihm zu Ehren wurde der National Grouch Day ins Leben gerufen – ein inoffizieller Feiertag am 15. Oktober, der das grummelige Wesen feiert und dazu einlädt, den inneren Miesepeter herauszulassen – sei es durch Jammern, Nörgeln oder schlichtes Murren.
Sie wollen selbst eine Griesgrämin oder ein Griesgram werden?
Eine Handreichung finden Sie hier: Griesgrämigkeit für Einsteiger
Besonderheit II
Oskars Wesen, seine Werte und sein ungewöhnlicher Wohnsitz sorgten immer wieder für Kritik. Gleichzeitig bestand das Ziel, die deutsche Ausgabe der Sesamstraße stärker an die Lebensrealität des hiesigen Publikums anzupassen.
Aus diesen Gründen wurde Oskar nach und nach durch andere Figuren ersetzt. Bereits 1978 übernahm das adlige Meerschweinchen Uli von Bödefeld seine Negativrolle. Doch auch diese Figur stieß aufgrund ihrer Denkweise auf Kritik. Nach Lizenzende im Jahr 1989 wurde Uli von Rumpel abgelöst – eine gemäßigte Version Oskars. Im Gegensatz zu Oskar, der in einer Mülltonne lebte, hauste Rumpel in einem Fass, und im Gegensatz zu Oskar blieb er nur bis 2009.
Oskar grummelt bis heute.
Doraemon – Musophobischer Keinohrkater
Name: Doraemon (jap. ドラえもん), auch Ding Dong
Spezies: Roboter (Code MS-903)
Debüt: 1. Dezember 1969
Geburtsdatum: 3. September 2112
Schöpfer: das Mangaka-Duo Fujiko Fujio, bestehend aus Hiroshi Fujimoto und Motoo Abiko
Ursprungsorte: Japan und die Matsushiba-Roboterfabrik
Erstmanifestation: als Hauptfigur in einem Manga,
das im selben Monat in sechs japanischen
Kinderzeitschriften erschien
Bekleidung und Behaarung: Doraemons Karosserie ist blau und wurde gelb lackiert. Diese Beschichtung verlor er später und war fortan wieder blau. Er besitzt einen roten Schwanz, der als Krafthebel dient, ein rotes Halsband mit einer daran befestigten gelben Glocke sowie eine vierdimensionale Tasche auf dem Bauch.
Als Roboter besteht er natürlich aus Metall, als Kater hat er selbstverständlich Schnurrhaare.
Geschlecht: männlich
Körper: rundlich, Doraemon ist 129,3 cm groß und wiegt 129,3 kg
Ohren: wurden durch eine fehlprogrammierte
Computermaus abgenagt
Extremitäten: Rundpfoten
Augen: groß und kullerig
Nase: klein und kullerig
Mundpartie und Zähne: Ein richtiger Schlund!
Zähne vorhanden.
Rudeltier oder Einzelgänger: Seine Aufgabe ist es, den Viertklässler Nobi Nobita zu unterstützen. Dadurch wird er Teil von dessen Familie und Freundeskreis.
Zudem zeigt er ein starkes Interesse an Katzen
verschiedener Materialien.
Flauschfaktor: trotz Metallkorpus äußerst hoch
Charakter: freundlich, fröhlich,
zugewandt und gutmütig
Niedlich oder hässlich: niedlich
Karriere: Phänomenal! Die Mangas wurden mehrfach ausgezeichnet; Bücher, Serien, Filme, Videospiele und die riesige Produktpalette sind äußerst erfolgreich und verkaufsstark. Doraemon gilt als eine der populärsten und beliebtesten Zeichentrickfiguren Japans. Er war Botschafter für japanische Anime, Gast der Olympischen Sommerspiele 2016 und ist im asiatischen Raum eine äußerst performante Werbefigur – von Fast Food bis
Politik.
Ein Museum gibt es selbstverständlich auch.
Besonderheit I
Der anhaltende und enorme kommerzielle Erfolg von Doraemon konzentriert sich vor allem auf Asien; in westlichen Ländern ist die Figur hingegen kaum bekannt.
Ein möglicher Grund dafür ist, dass viele Geschichten auf japanischen Feiertagen, Legenden und moralischen Vorstellungen basieren.
Besonderheit II
Professor Yasuyuki Yokoyama, emeritierter Professor an der Universität Toyama, hat in einer Analyse von 1.344 Doraemon-Comics insgesamt 1.963 verschiedene „Himitsu Dōgu“ (Geheimwerkzeuge) gezählt.
Zu den bekanntesten Erfindungen zählen der Take-Copter – eine kleine Kopfbedeckung aus Bambus, mit der man fliegen kann –, die Zeitmaschine für Zeitreisen, die pinkfarbene Überall-Tür, mit der man jeden gewünschten Ort erreichen kann, sowie das Übersetzer-Werkzeug, ein würfelförmiger Wackelpudding, der das Sprechen jeder Sprache ermöglicht.
Yokoyama betont, dass der Einsatz der Gadgets nicht nur die Fantasie der Kinder anregt, sondern zugleich verdeutlicht, dass man zur Lösung von Problemen nicht zwingend auf futuristische Werkzeuge angewiesen sein muss.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
und bis zum nächsten Mal.
Alle vorherigen Beiträge finden Sie nachfolgend.





























