Die 38. Jüdischen Kulturtage Berlin in der Stabi

Die 38. Jüdischen Kulturtage Berlin präsentieren im November ein Bühnen- und Musikprogramm, das zahlreiche Uraufführungen und Deutschlandpremieren enthält. Lesungen, Diskursformate, Screenings neuer israelischer Spielfilme sowie Workshops für Kinder und Jugendliche komplettieren das Angebot, das aus mehr als 40 Einzelveranstaltungen besteht.
Auch in der Stabi finden sie eine Bühne:

Sonntag, 16. November, 11 Uhr
Unter den Linden 8, Wilhelm-von-Humboldt-Saal
„MIR ZENEN DO!“ – „Wir sind hier!“ Bücher und Zeitungen aus den Displaced Persons-Camps
Feierliche Abschlussveranstaltung der Restaurierung der Sammlung der Displaced Persons-Literatur der Staatsbibliothek zu Berlin.
Die ersten Publikationen jüdischer Überlebender nach dem 2. Weltkrieg waren ein Ausdruck von Widerstand, Lebenswillen und Hoffnung – inmitten eines provisorischen Neubeginns. Die Bücher und Zeitungen unter einfachsten Bedingungen hergestellt auf schlechtem Papier und mit minimaler Ausstattung wurden umfassen restauriert, um sie für Forschung, Vermittlung und das kulturelle Gedächtnis zu bewahren. Die Restaurierung wurde dank der Unterstützung von Stiftungen und über 150 Spender:innen ermöglicht.
Vortrag: Thomas Rahe, eh. Wissenschaftlicher Leiter der Gedenkstätte Bergen-Belsen
• Gespräch: „Wie rettet man alte Bücher und Zeitungen vor dem Zerfall?“ Britta Schütrumpf, Restauratorin in der Staatsbibliothek zu Berlin, und Uwe Löscher, Werkstatt Uwe Löscher, Leipzig; Moderation: Petra Gute, rbb.
• Präsentation der Sammlung im Theodor-Fontane-Saal.
• Eintritt frei, Anmeldung erbeten


Tickets für die nachfolgenden Veranstaltungen: papagena-shop.comfortticket.de oder unter +49 (030) 479 974 74

Sonntag, 16. November, 14 Uhr
Unter den Linden 8, Wilhelm-von-Humboldt-Saal
Christian Berkel: „Sputnik“
Mit „Sputnik“ schließt Christian Berkel seine autofiktionale Roman-Trilogie ab, in der er die Geschichte seiner Familie durch die Katastrophen und Umbrüche des 20. Jahrhunderts nachzeichnet.
Der Autor und Schauspieler erzählt von einer Jugend im West-Berlin der 1960er-Jahre, vom Aufwachsen im Schatten der Shoah, von seiner Mutter, die als Jüdin Verfolgung, Flucht und Lager überlebte, aber jahrzehntelang nicht darüber sprechen konnte. Und von einem Vater, der aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte und sich mit dem Neuanfang schwertat. Inmitten dieser gebrochenen Biografien sucht der junge Christian Halt – und findet ihn überraschenderweise in Frankreich: im Französischen Gymnasium, in der Sprache, in der Kultur.
Eine Geschichte von Zerrissenheit und Selbstbehauptung – und ein eindringlicher Beitrag zur literarischen Aufarbeitung der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Sonntag, 16. November, 16:30 Uhr
Unter den Linden 8, Wilhelm-von-Humboldt-Saal
Dieter Borchmeyer: Thomas Mann und das Judentum
2022 legt Dieter Borchmeyer eine umfassende Darstellung des dichterischen und essayistischen Werks von Thomas Mann vor. Seit seiner Rede „Von Deutscher Republik“ 1922 bekannte sich Thomas Mann entschieden zur Demokratie.
Von da an setzte er sich wie kaum ein anderer deutscher Autor seiner Zeit intensiv mit dem Judentum auseinander: Seine jüdischen Figuren tragen die Spuren ihrer Zeit, weisen aber vielfach auch bedeutsam über diese hinaus.
Dieter Borchmeyer, geboren 1941, ist Professor emeritus an der Universität Heidelberg. Sein Arbeitsfeld umfasst vor allem die deutsche Literatur vom 18. bis 20. Jahrhundert sowie das Musiktheater mit Monographien zu Goethe, Schiller, Mozart, Wagner und Nietzsche.

Montag, 17. November, 10 Uhr
Unter den Linden 8, Theodor-Fontane-Saal
Mascha Kaléko: Der König und die Nachtigall – Bilderbuch-Kino
Vorgelesen von Christiane Munsberg mit Projektion
Mascha Kaléko war eine der bedeutendsten Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts. Ihre Gedichte über Liebe, Sehnsucht, Verlust und Heimatlosigkeit sind bis heute berührend aktuell. Im Berlin der 1920er-Jahre beginnt Kalékos literarischer Weg, der durch das Exil und das Ringen um Sprache und Zugehörigkeit geprägt ist. Das Bilderbuchkino lädt Kinder, Familien und Schulklassen ein, die Welt der Dichterin zu entdecken. Die Veranstaltung verbindet literarische Bildung mit ästhetischer Erfahrung. Sie sensibilisiert junge Zuhörer:innen für Sprache, Biografie und gesellschaftliche Themen wie Exil, Freiheit und Verantwortung – und schafft gleichzeitig einen altersgerechten Zugang zu Mascha Kalékos Werk.
• Ab 7 Jahren

Montag, 17. November, 17:30 Uhr
Unter den Linden 8, Wilhelm-von-Humboldt-Saal
Susanne Schädlich: Kabarett der Namenlosen
Los Angeles zwischen 1939 und 1945. Endstation für deutsch-jüdische Emigrant:innen, Regisseur:innen, Schauspieler:innen, Schriftsteller:innen. Einer von ihnen ist Leopold Jessner. Von 1919 bis 1930 erster Generalintendant des Preußischen Staatstheaters in Berlin, Revolutionär der Bühne, bewundert, gehasst, bekämpft. Eng verknüpft mit ihm ist das Los „seiner“ Schauspieler:innen: Alexander Granach, Fritz Kortner, Elisabeth Bergner und Ernst Deutsch. Ihr Schicksal teilen Autoren wie Alfred Polgar, Alfred Döblin, Ludwig Marcuse oder Bruno Frank. Sie alle waren berühmt – in Deutschland. In Amerika sind sie „namenlos“, können in ihrem Metier kaum arbeiten, das größte Hindernis ist die Sprache. Susanne Schädlich, Autorin und Übersetzerin, holt die Schicksale dieser Menschen nach intensiven Recherchen zurück ins Rampenlicht.

Montag, 17. November, 19:30 Uhr
Unter den Linden 8, Wilhelm-von-Humboldt-Saal
Leon de Winter: Stadt der Hunde
Der niederländische Neurochirurg Jaap Hollander hat sich im Laufe seines Lebens auf scheinbar aussichtslose Operationen am Gehirn spezialisiert. Während er beruflich glänzt, lässt sich dies nicht von seinem Privatleben behaupten. Von seiner Frau ließ er sich nach dem Verschwinden der Tochter scheiden. Lea verschwand mit ihrem Freund bei einer Wanderung in der Wüste Negev in Israel. Die Leichen wurden bis heute nicht gefunden. Während einst die Vater-Tochter-Beziehung nie besonders eng war, findet Hollander über die Suche einen emotionalen Zugang zu seiner Tochter. Zehn Jahre später, mittlerweile im Ruhestand, erhält er die Anfrage des saudischen Prinzen, Mohammed bin Salman Al Saud (MBS), der den Arzt bittet, das Leben seiner Tochter zu retten. Schnell kristallisiert sich heraus, dass dies nicht nur ein medizinischer Fall ist, sondern eine diplomatische Dimension daran gekoppelt ist.

Dienstag, 18. November, 10 Uhr
Unter den Linden 8, Theodor-Fontane-Saal
Anne Frank: Die Füller Kinder – Bilderbuch-Kino
Anne Frank wollte Schriftstellerin werden: zwischen März 1943 und Mai 1944 verfasste sie neben ihren Tagebucheinträgen rund 40 Kurzgeschichten, Märchen und Beobachtungen. Diese hielt sie in einem eigenen Heft mit dem Titel „Erzählungen und Ereignisse aus dem Hinterhaus“ fest – sorgfältig ins Reine übertragen. Die Struktur des Heftes, die klare Themenordnung und ihr Stil zeugen von einem bemerkenswerten literarischen Bewusstsein. Anne las ihre Geschichten den anderen Untergetauchten vor, dachte über Urheberrechte nach und träumte sogar davon, in der Zeitschrift De Prins zu veröffentlichen. Sie entwarf fiktive Figuren, verarbeitete Erinnerungen und reflektierte über Gewissen, Freiheit und gesellschaftliche Normen – ein literarisches Schaffen, das weit über ihr Tagebuch hinausgeht. Vorgelesen von Julia Poznan mit Projektion.
• Ab 12 Jahren

Dienstag, 18. November, 19 Uhr
Unter den Linden 8, Wilhelm-von-Humboldt-Saal
Das Blaue Sofa präsentiert
Das Blaue Sofa – das Literaturforum von Bertelsmann – ist wieder bei den Jüdischen Kulturtagen Berlin zu Gast mit fünf Autor:innen, die ihre aktuellen Bücher vorstellen: Assaf Gavron (* 1968): „Everybody be cool. Zwei Erzählungen“, Dmitrij Kapitelman (* 1986): „Russische Spezialitäten“, Sarah Levy (* 1985): „Kein anderes Land: Aufzeichnungen aus Israel“, Henrik Szántó (* 1988): „Treppe aus Papier“ und Christiane Wirtz (* 1970): „Wie schwer wiegt ein Schatten“

Mittwoch, 19. November, 18 Uhr
Unter den Linden 8, Wilhelm-von-Humboldt-Saal
Irina Scherbakowa: MEMORIAL. Erinnern ist Widerstand
Im Oktober 2022 erhält die Menschenrechtsorganisation Memorial den Friedensnobelpreis. Noch am selben Tag wird die Beschlagnahmung des Büros in Moskau angeordnet. Der Welt ist das Netzwerk Memorial durch seine beispiellose Aufklärungsarbeit bekannt, Moskau jedoch sieht in ihm vor allem eins: eine oppositionelle Kraft, die es auszuschalten gilt. Seit 30 Jahren kämpft die NGO für eine Aufarbeitung der totalitären Herrschaft in der ehemaligen Sowjetunion und für die Verbesserung der aktuellen Menschenrechtssituation.
Nachdem das Netzwerk als „ausländische Agentenorganisation“ diffamiert und offiziell aufgelöst wurde, stehen die Mitglieder im Exil vor der Frage, wie die Erinnerung der Zukunft gestaltet werden kann. Hierfür hat Zukunft Memorial Expertinnen und Experten aus den Bereichen historische Forschung, Publizistik und Literatur um sich versammelt: So erinnern u.a. Aleida Assmann, Karl Schlögel, Gerd Koenen, Herta Müller und Swetlana Alexijewitsch an die Aktionen und Erfolge der mutigen Dissidentinnen und Dissidenten.

Mittwoch, 19. November, 20 Uhr
Unter den Linden 8, Wilhelm-von-Humboldt-Saal
Martina Wörgötter: „Stefan Zweig und seine Vision vom geeinten Europa als geistige Heimat“
Für den jüdischen Schriftsteller Stefan Zweig bedeutete Europa mehr als nur einen geografischen Raum, nämlich eine geistige Heimat – ein Kulturraum des Austauschs, der Toleranz und des Friedens. In seinem autobiografischen Werk „Die Welt von Gestern“, das er kurz vor seinem Tod im brasilianischen Exil in den USA und Brasilien schrieb, reflektiert Zweig über die zerstörerischen Auswirkungen der beiden Weltkriege auf sein Leben und die Gesellschaft. Überall fremd, nirgends zu Hause, schrieb Stefan Zweig aus diesem Schmerz seine Vision: ein Europa ohne Grenzen, in dem Kultur und Humanität siegen.
Martina Wörgötter zeigt, warum Stefan Zweig der erste moderne Europäer war, und was wir heute von ihm lernen können. Der Schauspieler Denis Petkovic liest Texte aus Stefan Zweigs „Die Welt von Gestern“ und wird damit die Erinnerungen des großen Europäers zum Leben erwecken.

Besuchen Sie auch ab dem 19. Oktober unsere Ausstellung im Stabi Kulturwerk:
Materialisierte Heiligkeit. Jüdische Buchkunst im rituellen Kontext

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Im Rahmen der 38. Jüdischen Kulturtage Berlin der Jüdischen Gemeinde zu Berlin

Während der Veranstaltung werden Bild- und Videoaufnahmen für die Öffentlichkeitsarbeit der Staatsbibliothek zu Berlin angefertigt. Mit Ihrer Anmeldung stimmen Sie der Veröffentlichung zu nichtkommerziellen Zwecken zu.

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