Abriss für den Aufbau: Neuer Lesesaal für die Staatsbibliothek
Die seit ihrer Errichtung Anfang des vorigen Jahrhunderts erste Generalsanierung der Staatsbibliothek Unter den Linden zählt neben der Museumsinsel zu den größten Bauvorhaben der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Nach Abschluss der umfangreichen Maßnahmen wird die Staatsbibliothek den Anforderungen des 21. Jahrhunderts
an einen modernen Bibliotheksbau gerecht werden.
Nachdem kürzlich die Gründungssanierung abgeschlossen wurde, bei der man die maroden Fundamente des Gebäudes durch eine neue Pfahlgründung ersetzte, werden jetzt mit dem Abriss von vier Magazintürmen im Innenhof der Anlage die Voraussetzungen geschaffen für den Neubau eines zentralen Lesesaals und die Grundinstandsetzung des gesamten Gebäudes. Mit dem neuen zentralen Lesesaalnach den Plänen von HG Merz erhält die Bibliothek ihr funktionales und architektonisches Zentrum zurück und die einzigartige Bildungslandschaft in der Mitte Berlins gewinnt einen herausragenden zentralen Ort der Forschung und Wissenschaft hinzu.
Dem neuen Lesesaal müssen die vier Magazintürme weichen, die in den achtziger Jahren für 2,2 Mio. Bände an der Stelle des im Zweiten Weltkriegstark beschädigten und 1975 abgerissenen Kuppellesesaals errichtet wurden. Die Türme entsprachen in keiner Weise den heutigen Anforderungen. Sie waren nicht klimatisiert. Sie sind auf lediglich einer Ebene an das Bibliotheksgebäude angebunden, zudem fehlte eine Buchtransportanlage. Der nun beginnenden Demontage der Magazine ging die Auslagerung von 50.000 laufende Meter Buchbestand inein Zwischenlager im Westhafen voraus. Um den Bibliotheksbetrieb so wenig wie möglich durch die unvermeidliche Staub- und Schallentwicklung zu stören, wurden spezielle Vorrichtungen an den nächstliegenden Fassaden angebracht. Die Abrissarbeiten werden innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein.
Die im Architektenwettbewerb 2000 preisgekrönten Pläne von HG Merz sehen vor,die Dramaturgie der Raumabfolge wieder herzustellen, die Ernst von Ihne als Baumeistervon Kaiser Wilhelm II. für die Bibliothek als eine Art via triumphalis entworfen hatte. Betritt man das Gebäude Unter den Linden gelangt man über einen monumentalen Durchgang zum Brunnenhof. Es folgt der großzügige Treppenaufgang zum Vestibül. Heute endet hier der Weg. In Zukunft wird sich hier der neue Lesesaal, ein kubischer Lichtkörper mit einem Sockel aus hohen Bücherwänden, anschließen, exakt an der Stelle des alten, zerstörten Kuppellesesaals. Das Vestibül wird der Knotenpunkt sein, von dem aus auch die Wege hin zu den Sonderlesesälen, den heutigen dezentralen Hauptleseräumen, führen werden. Im neuen Lesesaalgebäude werden 250 Leserplätze, ein großer Freihandbereich, Tresormagazine und ein Ausstellungsbereich entstehen.
Nach der Wiedervereinigung haben die beiden Staatsbibliotheken in Ost und West mit dem 2-Häuser-Modell ein klares Profil erhalten. Während das Haus in der Potsdamer Straße gegenwartsorientierte Arbeits- und Forschungsbibliothek geworden ist, entwickelte sich das Haus Unter den Linden zum Zentrum für historische und wissenschaftshistorische Forschung. Im wesentlichen werden hier die historischen Druckschriften der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek und Sonderabteilungen (Handschriften, Musikalien, Karten, Zeitungen, Kinder- und Jugendbücher) zusammengeführt. Es entsteht ein Zentrum, das herausragende Quellen (mittelalterliche Handschriften, Originalhandschriften von Johann Sebastian Bach etwa) und eine zeitgemäße Infrastruktur bereit hält. Bereits heute können Bücher aus dem Gesamtbestand beider Bibliotheken an beiden Standorten bestellt und innerhalb von 24 Stunden abgeholt oder eingesehen werden.
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