Fenster zum Hof: Ausblick neuer Lesesaal
Die Öffentlichkeit ist ab sofort eingeladen, Zeuge der baulichen Veränderungen am Standort Unter den Linden zu sein: Durch das großformatige ‚Fenster zum Hof‘ können Besucher der Staatsbibliothek vom Vestibül aus den technisch anspruchsvollen Abriss der Büchertürme verfolgen. Seit Beginn des Jahres leitet dieser die vorbereitenden Arbeiten für den Bau des neuen zentralen Lesesaals ein.
Die begleitende Bilddokumentation „230 Jahre Bauen für die Bibliothek“ verfolgt die Geschichte der Institution an ihren historischen Standorten: Von der Königlichen Bibliothek am Bebelplatz – der „Kommode“ – über das seit 1914 bezogene Gebäude Unter den Linden bis hin zum Bibliotheksbau Hans Scharouns an der Potsdamer Straße im damaligen Westteil der Stadt. Vor allem aber bietet sie einen Ausblick auf die Bauplanungen für das Haus Unter den Linden. Anhand der Dokumentation kann der Besucher die Entwicklung einer Bibliothek nachvollziehen, welche, wie keine andere in Deutschland, von Prosperität bis Zerstörung alle Facetten der Geschichte Deutschlands von der Mitte des 17. Jahrhunderts an miterlebte: preußische Geschichte, die verheerenden Weltkriege, Neuaufbau und zugleich die langfristigen Folgen des Zweiten Weltkrieges bis in die Gegenwart hinein – dies prägt die Institution Staatsbibliothek.
Um so mehr bedarf es der Planung in die Zukunft. Die Ausstellung bietet einen Ausblick auf das Gebäude Unter den Linden nach der Generalsanierung und dem Neubau des Lesesaals: Sie präsentiert das Schnittmodell des weithin renommierten Architekten Prof HG Merz, der im Jahr 2000 den europaweiten Architekturwettbewerb gewann und jetzt mit dem Bau des neuen Lesesaals sowie der parallel laufenden Generalsanierung des gewaltigen Gebäudekomplexes beauftragt ist.
Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft : Die Besucher der neuen Dauerausstellung „Fenster zum Hof“ können sich informieren, teilhaben, eigene Visionen entwickeln. Sie können miterleben, wie das funktionale und zugleich das architektonische Zentrum der Bibliothek wieder hergestellt wird, das in folge des Krieges verloren ging: Rund 50% des Gebäudes waren durch Bomben stark beschädigt, darunter der architekturhistorisch bedeutende Kuppellesesaal.
In den 70er Jahren wurde die Ruine des Kuppellesesaals abgerissen; später entstanden an seiner Stelle vier Magazintürme, die jedoch heutigen bibliothekarischen Anforderungen in keiner Weise entsprechen.
Was gibt es zu sehen?
Wer jetzt einen Blick durch das Fenster zum Hof wirft, sieht die Abrissarbeiten an den alten Magazintürmen. Zwei Aspekte lassen diese Arbeiten zu einer besonderen Herausforderung werden:
Zum einen erfordert die Lage der Türme im Innenbereich des großen zusammenhängenden Gebäudekomplexes und deren Beschaffenheit aus Stahlbeton, dass sie zunächst geschossweise im Schneidverfahren, später kurz über der Erdkante mit einem speziell entwickelten Knabberverfahren abgetragen werden. Insgesamt handelt es sich um vier Türme mit je 15 Geschossen und einem Gesamtvolumen von 9.000 qm Beton.
Zum anderen waren besondere Schutzmaßnahmen gegen Lärm, Schmutz und Vibration erforderlich: Der Abriss der Türme und spätere Aufbau des neuen Lesesaals geht – entsprechend dem Credo der Bibliothek, stets so viel Benutzung wie möglich anzubieten – bei laufendem Betrieb vonstatten. Hierfür wurden die nahegelegenen Fassaden, hinter denen sich sowohl Lesesäle als auch Arbeitsplätze von Mitarbeitern befinden, mit speziellen licht- und luftdurchlässigen Vorrichtungen bestückt. Diese Vorrichtungen haben sich inzwischen bewährt, die Einschränkungen durch Staub- und Schallentwicklung sind weit hinter den eingangs angenommenen Werten zurückgeblieben.
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