Kriegslandschaften verdichten: Joseph Roths ‚Hotel Savoy‘
Kriegslandschaften verdichten: Joseph Roths Hotel Savoy
Vortrag von Prof. Dr. Ulrike Steierwald mit Lesung von Maria Hartmann
Eine Veranstaltung in der Reihe (Fast) frisch aus der Druckerpresse – Neuerscheinungen 1924
„Europäischer als alle anderen Gasthöfe des Ostens scheint mir das Hotel Savoy …“. Nur wenige Jahre vor dem Erscheinen des Hotel Savoy (1924) steht der Protagonist und Ich-Erzähler des Romans in Łódź vor dieser in sieben Stockwerken sich auftürmenden Stätte europäischer Kultur. Gabriel Dan ist einer der bis zu acht Millionen Kriegsgefangenen des Ersten Weltkrieges, den die Bezeichnung „Heimkehrer“ und das hegemoniale Selbstverständnis der europäischen Zivilisation wie blanker Hohn treffen müssen. Denn das Hotel wie die Stadt erweisen sich als eine immerwährende Durchgangsstation, als ein prekärer Schauplatz, auf dem die Gesellschaft der sogenannten Zwischenkriegszeit in der Dramaturgie eines Stationendramas vor Augen geführt wird. Gewalt – Diskriminierung, Ausbeutung, Prostitution, autokratisches Machtgehabe und militärische Eskalation – erscheint allgegenwärtig, verdichtet und bricht sich schließlich „wie ein Tier“ in den Flammen, im Feuerbrand des Hotels, Bahn. 2024 kann dieser in der Frankfurter Zeitung erschienene Gegenwarts- wie Fortsetzungsroman tatsächlich „druckfrisch“ gelesen werden: Denn Geschichte und Gegenwart des Krieges lassen sich – wie 1924 – nicht auf einen Anfang, ein Ende oder ein Dazwischen terminieren, sondern sind auf ein Inmitten (Karl Löwith) hin zu betrachten.
Vortrag: Ulrike Steierwald ist Professorin für Neuere deutsche Literatur an der Leuphana Universität Lüneburg.
Lesung: Die Schauspielerin Maria Hartmann ist häufig im Fernsehen, Rundfunk und Theater zu erleben, ihre Passion gilt darüber hinaus besonders literarischen Lesungen.
Um Anmeldung wird gebeten
Während der Veranstaltung werden Bildaufnahmen für die Öffentlichkeitsarbeit der Staatsbibliothek zu Berlin angefertigt. Mit Ihrer Anmeldung stimmen Sie der Veröffentlichung zu nichtkommerziellen Zwecken zu.
Zur Reihe (Fast) frisch aus der Druckerpresse – Neuerscheinungen des Jahres 1924:
Im Jahr 1924 erschienen Romane der wichtigsten deutschsprachigen Autor*innen der 20er Jahre: so veröffentlichte Thomas Mann in diesem Jahr seinen weltberühmten Bildungsroman Der Zauberberg und Joseph Roth seinen frühen Zeitroman, Hotel Savoy. Franz Kafka, der noch im selben Jahr verstarb, publizierte seinen letzten Sammelband Der Hungerkünstler, in dem neben der Titelerzählung – einer ironischen Künstlergeschichte – drei weitere seiner letzten Prosatexte versammelt sind. Die wohl wichtigste Bestsellerautorin der Weimarer Republik, Vicki Baum, schrieb ihren Roman Ulle, der Zwerg, den sie selbst für eins ihrer besten Werke hielt.
In unserer Reihe (Fast) frisch aus der Druckerpresse – Neuerscheinungen des Jahres 1924 stellen Ihnen Expert*innen von Mai bis Juli 2024 diese Publikationen vor.
Weitere Veranstaltungen der Reihe an der Staatsbibliothek zu Berlin:
Bernd Auerochs:„Ach, die Kunst!“ Kafkas letzter Erzählungsband Ein Hungerkünstler von 1924
Donnerstag, 23. Mai 2024, 19 Uhr
Erik Schilling: Thomas Manns Zauberberg zwischen Demokratie und Diabolismus
Donnerstag, 27. Juni 2024, 19 Uhr
Julia Bertschik: „Das Innerste der Welt ist Einsamkeit“. Vicki Baums Roman Ulle, der Zwerg
Dienstag, 16. Juli 2024, 19 Uhr
Anlässlich der hundertjährigen Uraufführung zeigt das Zeughauskino:
Die Nibelungen (1924)
Regie: Fritz Lang
Klavierbegleitung: Günter Buchwald
7. Dezember 2024, 18 Uhr (1. Teil)
8. Dezember 2024, 16 Uhr (2. Teil)
Eine Kooperationsveranstaltung der Staatsbibliothek zu Berlin und des Zeughauskinos des Deutschen Historischen Museums