Toy Fad Bestiarium I: Labubu

von Diana Johanns

In diesen Tagen nicht auf Labubus zu stoßen, ist schier unmöglich.

Vor zehn Jahren für eine Bilderbuchreihe erdacht, hängt die Kleine plüschig-dinglich an vielen Handtaschen und in zahllosen Hirnen. Erwachsene Menschen filmen sich beim Öffnen einer Blind Box und erleben eine Emotionsexplosion, je nachdem, ob Outfit und Färbung der Labubu genehm sind.

Dass eine gezielte Vorauswahl nicht möglich ist, ist ebenso Teil der ausgefeilten Marketingstrategie wie die künstliche Verknappung, die Sondereditionen und die stetig wachsende Zahl prominenter Fans, die immer neue Produktserien auf TikTok und Instagram in die Kamera halten.

Die Zahl der Labubu-Sammler*innen wächst stetig, denn die Figuren sind ein Statussymbol und – durch ihre unterschiedliche Gestaltung – Projektionsfläche und Aussage zugleich. Dies bedingt, so lange Blind Boxen zu kaufen, bis die richtige dabei ist, oder horrende Summen zu zahlen, um die passende Labubu gezielt zu erwerben. Der Hype und seine Auswüchse sind enorm.

Neu ist das demonstrative Mitführen von Spielzeugfiguren nicht. Es ist ein Moment des Kidulting; diese Freude daran, Figuren aus dem kindlichen Kontext wie einen Talisman aufzustellen oder mit sich zu tragen, sei es als Aufdruck, Schlüsselanhänger oder Plüschtier.

Erinnern Sie sich an Sarah Kay? Die Diddl-Maus? Die Tigerente?

Ja, tun Sie.

Kommen wir zurück zu Labubu. Wenn man die Puppe zum ersten Mal sieht, kommt sie einem irgendwie bekannt vor: Die gedrungene Figur ist plüschiger als ein Flokati, die Augen erinnern an Spiegeleier und die Zähne an eine Wimpelkette. Eine Labubu ist niedlich, aber auch ein bisschen hässlich. Sie vereint Kindchenschema (große Stirn, große Augen, eine relativ kleine Nase und ein großer Kopf im Verhältnis zum Körper) mit einem rundlichen Flauschkörper, ist aber in der Gesamtheit ironisch zu lesen.

Vorgeblich der nordischen Mythologie entsprungen, gilt sie manchen als Elfe, erinnert aber eher an einen Troll oder ein Monster.

Welche Ursprünge lassen sich also vermuten, welche belegen? Was ist tradiert, was wurde neu erfunden? Gilt eher „Nanos gigantum humeris insidentes“ oder „Nichts Neues unter der Sonne“?

Um zu zeigen, dass die Darstellung des Labubu auf Bestehendem aufbaut, werden wir anhand ausgewählter Beispiele aufzeigen, wie und wo sie auf bereits bekannte, kindzentrierte Literatur-, Illustrations- und Spielzeugtraditionen fußen könnte und steckbriefartig mögliche Ahnen und Inspirationen vorstellen.

Beginnen werden wir mit dem Forschungsobjekt der Stunde, der Labubu.

Entdecken Sie uns!

Labubu – Die Cashcow aus dem Bilderbuch

Name: Labubu (chinesisch 拉布布)

Spezies: manche sagen Troll, andere sagen Monster

Debüt: 2015

Schöpfer*in: Kasing Lung

Ursprungsorte: Niederlande, China und eine, nicht näher verortete, nordische Mythologie

Erstmanifestation: Kinderbuch; innerhalb der Kinderbuchreihe The Monsters

Geschlecht: weiblich

Gestalt: klein und kompakt

Charakter: schelmisches, aber freundliches und gutmütiges Wesen

Extremitäten: vorhanden

Ohren: groß

Augen: noch größer

Nase: herzförmig

Mundpartie und Zähne: sehr ausgeprägt

Bekleidung und Behaarung: Körperkomplettbefellung, das Antlitz liegt frei, Bekleidung und Accessoires sind fakultativ und individuell

Rudeltier oder Einzelgänger: Rudeltier, ihre Gang besteht aus Mokoko, Pato, Spooky, Tycoco und Zimomo

Niedlich oder hässlich: irgendwie beides

Kindchenschema: 4/5

Flauschfaktor: hoch

Karriere: Das Merch läuft wie geschnitten Troll, Labubu-Puppen und ihre Fakes überschwemmen den Globus bis in die nordischen Wälder; Film und Serie werden folgen.

Besonderheiten: Der entstandene Hype entspricht nicht der entspannten Ironie der Ursprungsidee.
Eine Petition, die eine Neuauflage der Buchreihe fordert, findet sich hier: Labubu-Buch-Petition.

Wir haben das Buch leider auch noch nicht in unserem Bestand.

Wenn Sie mitforschen wollen, schauen Sie sich gern die folgenden Bücher an – oder einfach die Bilder.