WILLI MOEGLE. DIE SACHFOTOGRAFIE
Im Jahr 1999 gelingt dem Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz die Übernahme des Nachlasses eines der bedeutendsten deutschen Sach- und Werbefotografen des 20. Jahrhunderts, Willi Moegle. Rund 55.000 Schwarzweiß-Negative, 25.000 Vintage Prints, nahezu 5.000 Farbaufnahmen, Fotoliteratur und Kameras sind enthalten. In Kooperation mit dem Institut für angewandte Kunst- und Bildwissenschaft der Bergischen Universität Wuppertal und dem Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz zeigt die Staatsbibliothek zu Berlin rund 90 dieser Fotografien.
Willi Moegle (1897-1989) studierte ab 1919 zunächst an der Kunstgewerbeschule in Stuttgart, musste sein Studium jedoch drei Jahre später aufgrund fehlender finanzieller Mittel aufgeben. Als Autodidakt verdiente er sich nunmehr mit fotografischen Dokumentationen für das Landesamt für Denkmalpflege seinen Unterhalt. Der Auftrag eines amerikanischen Historikers 1927 verhalf ihm schließlich zur Selbständigkeit; Moegle eröffnete ein eigenes Atelier.
Vor allem durch seine vom Bauhaus inspirierten Aufnahmen konnte er sich als weithin gefragter Fotograf etablieren. Seine eigentliche Karriere begann jedoch unmittelbar nach dem Krieg: Schwerpunkt seiner Tätigkeit wurden werbliche Sachaufnahmen, welche vorrangig im Auftrag von Porzellan- und Glasherstellern sowie Möbelfirmen entstanden. „Ich bin vom Einfachen begeistert, das am schwersten herzustellen, aber am schönsten ist“, sagte Moegle 1985 in einem Interview.
Die Ausstellung in der Staatsbibliothek zu Berlin präsentiert sieben Wochen lang Fotografien von Gebrauchsgegenständen aus den 50er und 60er Jahren, Sachaufnahmen, die ein Dokument deutscher Designgeschichte darstellen: Porzellan, Glas, Besteck, Möbel, Industrieprodukte. Ergänzt ist die Werkschau um ausgewählte freie Arbeiten, Reisenotizen zumeist.
Sachfotografie entwickelte sich Anfang des 20. Jahrhunderts. In den USA ist sie mit dem Begriff „straight photography“ („direkte“ oder „unmittelbare“ Fotografie), in Deutschland mit der Fotografie der Neuen Sachlichkeit verbunden. Im bewussten Gegensatz zur Kunstfotografie, die gezielt die Ausdrucksmittel und Effekte der zeitgleichen bildenden Kunst nachzuahmen suchte, ging es der Sachfotografie vielmehr um nüchternes Erfassen, um fotografischen Realismus und Dokumentation. In diesem Zusammenhang spielte das Sujet eine besondere Rolle: die „toten Dinge“, das technische Objekt und die Maschine, das industrial design.
Willi Moegle stand zeit seines Lebens dem Deutschen Werkbund nahe, später dem Rat für Formgebung. Er übernahm die ästhetischen Leitbilder beider Institutionen: das der sachlich-soliden Werkform und das der „Guten Form“.
Werkbundkonforme Werbung war sachlich informierend. Sie wollte überzeugen, nicht überreden. Moegles Sachaufnahmen bestechen durch ihr Vermögen, mit einfachsten fotografischen Mitteln über die kühl-präzise Dokumentation des Dinglichen hinaus den sinnlichen Reiz der Materialität sprechen zu lassen. Die Ausstellung „Willi Moegle. Die Sachfotografie“ geht zurück auf die vom Institut für angewandte Kunst- und Bildwissenschaft der Bergischen Universität Wuppertal konzipierte gleichnamige Ausstellung und verknüpft diese mit rund 40 Arbeiten aus dem beim Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz gepflegten Nachlass.
In der Ausstellung erhältlich:
Katalog „Willi Moegle. Die Sachfotografie“
von Gerda Breuer, erschienen 2004 im Hatje Cantz Verlag
191 Seiten, ca. 100 Abbildungen, 39,80 Euro
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