Buchpatenschaft für Dezember 2022
Wieder neigt sich ein Jahr dem Ende zu und wahrlich, es war es kein leichtes Jahr. Bei der Frage, welches Buch hier heute vorgestellt werden soll, sollte es dann doch ein Kinderbuch sein. Ein wenig Tradition in rauen Zeiten. Die Wahl fiel auf ein Bilderbuch mit frühlingshaften, heiteren Illustrationen:
Hepner, Clara (1860 – 1939): Sonnenscheinchens erste Reise. Bildschmuck von Hans Schroedter.
(Scholz‘ Künstler-Bilderbücher); Mainz: Scholz, [1925]
Bibliothekssignatur: B III b, 517
Ein Kinderbuch und eine Autorin – da wird es häufig schwierig, Informationen zu finden. Was als gesichert gelten kann, ist hier zusammengestellt:
Clara Hepner kam als älteste Tochter von Dorothea und Siegmund Samuel Freund 1860 in Görlitz zur Welt. Der Vater hatte in Breslau studiert, 1853 promoviert und war 1856 mit nur 27 Jahren als Rabbiner der Synagogengemeinde nach Görlitz berufen worden. Hoch geachtet und beliebt übte er sein Amt 52 Jahre aus. Im Alter von 20 Jahren, am 16. Mai 1881, heiratete Clara Freund den 12 Jahre älteren Kaufmann und Fabrikanten Salomon Siegfried Hepner, genannt Salo, der in Görlitz eine Weberei betrieb und in der Straße wohnte, in der sie mit ihrer Familie lebte. Nach einigen gemeinsamen Jahren in Görlitz zog das Paar nach Berlin.
Es ist eigentlich nichts bekannt über diese Jahre, aber es war offensichtlich keine glückliche Ehe, vermutlich wohl auch kinderlos. Im Oktober 1903 wurde die Ehe geschieden – wenige Tage vorher zog Clara Hepner nach München.
Hier in München entdeckt sie ihr Talent und beginnt erstmals Erzählungen zu veröffentlichen, ist ab 1905 regelmäßig Autorin der Zeitschrift „Jugend„. 1906 erscheint die erste Auflage von „Sonnenscheinchens erste Reise“. Gedichte, Märchen, indische Fabeln und insbesondere Tiergeschichten in allen erdenklichen Variationen lassen Clara Hepner zu einer der meistgelesenen Kinder- und Jugendbuchautorinnen der Zeit werden. Ihre Werke erscheinen in zahlreichen Ausgaben und Auflagen. Als Illustratoren ihrer Kinderbücher sind der Stuttgarter Tier- und Landschaftsmaler Richard Herdtle, der Münchner Maler, Illustrator und Karikaturist Josef (Sepp) Mauder, später bekannt als der Erfinder der „Sportkarikatur“ (und Spieler beim FC Bayern), ebenso zu finden wie der Illustrator Ernst Liebermann, ein erfolgreicher in Berlin ausgebildeter und in Bayern lebender und wirkender Maler, Graphiker und Illustrator, der Maler Hans Schroedter sowie die renommierte und hochproduktive erst in Schwabing, später in Icking lebende Kinderbuch-Illustratorin Else Wenz-Viëtor.In dem Schriftsteller Georg Muschner (1875-1915) fand Clara Hepner für einige Jahre einen neuen Lebensgefährten. Mit ihm und vielleicht auch über ihn fand sie Zugang zur literarischen und künstlerischen Gesellschaft Münchens . Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Muschner eingezogen und fiel im September 1915.
Clara Hepner veröffentlicht erfolgreich weitere Kinder- und Jugendbücher während der Weimarer Republik. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 durfte ihr Verlag, die Franckh’sche Verlagshandlung in Stuttgart, ihre Bücher zunächst weiter veröffentlichen, geriet aber zunehmend unter Druck, jüdische und „politisch verdächtige“ Autoren zu entlassen. Selbstverständlich trafen sie auch alle anderen Einschränkungen der Nationalsozialisten für Jüdinnen und Juden. Offensichtlich musste sie im Sommer 1939 ihre Wohnung aufgeben, denn sie suchte im Jüdischen Nachrichtenblatt vom 25. Juli ein Zimmer. Die drohende Wohnungslosigkeit hatte ihr vermutlich den letzten Lebensmut genommen. Am 11. August 1939 stürzte sich die dann 78-jährige Clara Hepner in ihrem Wohnhaus in der Ruffinistraße 2 aus dem Fenster im dritten Stock.
Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet Clara Hepner in Vergessenheit. Für das kommende Frühjahr hat der Verlag Hentrich & Hentrich einen Band mit Märchen und Erzählungen angekündigt und wird dann auch zeitnah in der Kinder- und Jugendbuchabteilung vorhanden sein.
Verwendete Quellen: u.a. Clara Hepner, geborene Freund, Kinderbuchautorin – gedenken9nov38s
Nötige Reparaturen: vorderer und hinterer Einbanddeckel beschädigt, Bindung lose, Verklebungen
Kalkulierte Kosten: 200 €
Übernehmen Sie eine Buchpatenschaft
bei den „Freunde der Staatsbibliothek zu Berlin e. V.“
Wenn Sie Interesse daran haben, dass dieses Kinderbuch restauriert und damit wieder benutzt werden kann, dann schreiben Sie an freunde@sbb.spk-berlin.de. Für Ihre Hilfe, ein bedrohtes Werk vor dem Verfall zu bewahren, erhalten Sie:
- ein Exlibris aus alterungsbeständigem Papier mit Ihrem Namen oder einem von Ihnen gewünschten Namen,
- die Möglichkeit, das restaurierte Werk zu besichtigen beim Jahresempfang oder bei einem Termin nach Vereinbarung,
- eine Spendenbescheinigung für Ihr Finanzamt. Kontakt: Freunde der Staatsbibliothek zu Berlin e. V., Gwendolyn Mertz-Jork, Unter den Linden 8, 10117 Berlin, Telefon: 030 – 266 43 8000, Mail: freunde@sbb.spk-Berlin.de
Weitere Hinweise zu Buchpatenschaften und eine große Auswahl an Patenschaften aus allen Abteilungen der Staatsbibliothek zu Berlin finden Sie auf der Seite der Freunde der Staatsbibliothek zu Berlin e. V. Das Spektrum reicht weit über Bücher hinaus – hier finden Sie auch Noten, Landkarten, Zeitungen, Handschriften.
Ihr Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlassen Sie uns einen Kommentar!