Die Bibliotheken und das Welturheberrecht: Verhandlungen bei der World Intellectual Property Organization
Die Staatsbibliothek zu Berlin wirkt bei Verhandlungen um das Welturheberrecht mit. Manch einer mag hier ins Grübeln kommen: Was haben denn Bibliotheken mit dem Urheberrecht zu tun ? Und dann auch noch auf globaler Ebene ? Sehr viel.
Die meisten Bestände der Bibliotheken unterliegen, soweit die Schutzfrist (i.d.R. 70 Jahre nach dem Tod des Autors/ der Autorin) noch nicht abgelaufen ist, als „persönliche geistige Schöpfungen“ dem Urheberrecht.
Der Handlungsrahmen der Bibliotheken wird (auch) durch das Urheberrecht bestimmt
Das heißt, grob gesagt, dass Bibliotheken in der Ausübung bestimmter Services beschränkt sind: z.B. bei der Digitalisierung und Verfügbarmachung, beim Kopieren, Archivieren, der E-Ausleihe und bei der Dokumentlieferung. Denn das Urheberrecht gewährt den Autoren bzw. denen, die sich Nutzungsrechte einräumen lassen haben, exklusive Nutzungsrechte. Wenn Bibliotheken die Werke aus ihrem Bestand nun in einer der o.g. Weise nutzen wollen, brauchen sie dafür entweder eine gesetzliche Ausnahmeregelung oder die Zustimmung (Lizenz) des Rechteinhabers.
Die Urheberrechtsgesetzgebung wirkt sich also direkt auf die Dienste aus, die Bibliotheken Ihnen anbieten dürfen. Und hier spielt die Musik weniger auf nationaler als auf EU- und globaler Ebene.
Bald ein neues EU-Urheberrecht ?
Erst im Dezember hat die EU-Kommission ihre „Communication on the modernisation of the EU copyright rules“ verabschiedet. In ihr ist der Rahmen für die nächsten Reformen gezeichnet. Die Mitteilung nimmt auch Bezug auf Möglichkeiten für Wissenschaft und Bibliotheken, die erweitert werden könnten. Die Gesetzgebung der EU, die i.d.R. durch Richtlinien erfolgt, muss dann in den Mitgliedstaaten, also auch im Deutschen Urheberrechtsgesetz, umgesetzt werden.
Aber die EU – Gesetzgebung ist nicht frei von Vorgaben: In (globalen) völkerrechtlichen Verträgen wie etwa dem World Copyright Treaty (WCT) oder der (Revidierten) Berner Übereinkunft ist ein Mindest-(Urheberrechts-) Schutzniveau festgelegt. Darin ist geregelt, dass ein exklusiver Urheberrechtsschutz in allen Teilnehmerstaaten zu wahren ist und Ausnahmen davon nur unter relativ engen Voraussetzungen erlaubt sind (sog. Dreistufentest).
Globale Services – globales Recht
Web- Dienste und internationale Services spielen in der Wissenschaft und natürlich auch in (wissenschaftlichen) Bibliotheken eine große Rolle. In Zukunft wird diese noch größer werden, denn auch Bibliotheken gehen mit der Zeit. Dabei geht es etwa um die (natürlich nicht nur nationale) Online- Zugänglichmachung Verwaister oder vergriffener digitalisierten Bücher, internationale Archivierungsservices oder e-learning.
Solche grenzüberschreitenden Dienste werden ermöglicht bzw. vereinfacht, wenn Mitgliedstaaten der WIPO (World Intellectual Property Organisation), die auch den WCT abgeschlossen haben, sich darauf einigen, ihre urheberrechtlichen Ausnahmeregeln für Bibliotheken weitgehend zu harmonisieren.
Darum ging es auch bei der Dezember-Sitzung des WIPO – SCCR (Standing Committee on Copyright and Related Rights). Für den Deutschen Bibliotheksverband als „Official Observer“ konnte ich während der Verhandlungen Stellungnahmen abgeben.
Ob und ggf. welche neuen globalen Regelungen bei den Verhandlungen herauskommen, ist noch nicht absehbar: Die Interessenlage ist kontrovers und die vorhandenen bibliotheksurheberrechtlichen Regeln in den 188 WIPO-Staaten sehr unterschiedlich bzw. gar nicht vorhanden. Es wird daher wohl noch so einige Verhandlungsrunden geben, bis ein gemeinsamer Nenner gefunden ist.
Ihr Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlassen Sie uns einen Kommentar!