Richtfest für Neubauten am Standort Unter Linden

Das heutige Richtfest in Anwesenheit von Engelbert Lütke Daldrup, Staatssekretär im Bun­desbauministerium, von André Schmitz, Kulturstaatssekretär des Landes Berlin, und Klaus-Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung Preußischer Kultur­besitz, markiert den erfreulichen Fortschritt bei einem der derzeit größten Kulturbauvorhaben in der historischen Mitte Berlins. Nach den Planungen des Architekten HG Merz wird die Staatsbibliothek zu Berlin an ihrem angestammten Standort Unter den Linden grundlegend saniert und modernisiert und mit neuen Bauteilen ergänzt. Sie erhält bis Mitte 2009 einen neuen zentralen Lesesaal mit an­grenzendem Freihandmagazin, einen Rara-Lesesaal für seltene und wertvolle Drucke sowie Ausstellungsflächen und Tresormagazine für ihre kostbarsten Schätze.
Damit wird aus einem Torso, dem 1914 eingeweihten und knapp 30 Jahre später bereits im Krieg stark beschädigten Gebäudekomplex des Architekten Ernst von Ihne, wieder ein Gan­zes. Ihne hatte hier, ähnlich wie mit seinem Bode-Museum bereits 10 Jahre zuvor, für das aufklärerisch gestimmte, aufstrebende Bürgertum einen Bildungspalast mit wilhelminischer Prachtentfaltung geschaffen. Seit den Kriegszerstörungen endete die inszenatorisch raffi­niert gestaltete Mittelachse abrupt im Vestibül. Ab hier verliefen die Wege innerhalb dieses riesigen Gebäudekomplexes nicht mehr gradlinig und effizient, denn das architektonische und funktionale Zentrum der Bibliothek, der achteckige Kuppellesesaal, wurde 1943 durch Bomben schwer beschädigt. Mit dem Neubau erhält die Bibliothek nun endlich ihr Herzstück zurück. Die originale Raum­struktur wird wieder sichtbar, die architektonische Anlage ver­ständlich und funktional sinnvoll.
Das Neue, das jetzt entsteht, ist eine zeitgemäße Fortschreibung und Interpretation der his­torischen Architektur: Der beim Wettbewerb im Jahr 2000 als 1. Preisträger hervorgegan­gene Architekt HG Merz hat einen lichten Glaskubus als zentralen Lesesaal entworfen. Der Innenraum erstreckt sich über eine Höhe von 18 Metern. Hier entstehen 250 komfortable Arbeitsplätze, einige als abschließbare Raumkompartimente, und umlaufende, auf drei Eta­gen verteilte Büchergalerien mit anschließendem Freihandbereich. Insgesamt knapp 300.000 Bände werden hier freihand zugänglich sein.
In zwei unterirdischen Tresorgeschossen von 3.000 qm Nutzfläche werden die kostbaren Schätze der Bibliothek gelagert werden: Handschriften, Nachlässe, Karten, Musikautogra­phe – darunter 80 Prozent aller erhal­tenen Bach-Handschriften, die weltweit größte Mozart-Sammlung, mehrere Beethoven-Sin­fonien, Autographe von Lessing, Goethe und Kleist, Briefe von Thomas Mann und Albert Einstein sowie vieles andere mehr. Sie gehören zum Patrimonium der Deutschen und zum Weltkulturerbe.
Umgeben von den vier mächtigen Flügeln der historischen Anlage — mit 107 Meter Breite, 170 Meter Länge und 13 Stockwerken dem Bauvolumen des Reichstags ver­gleichbar — ist das, was hier neu entsteht, bislang für die Öffentlichkeit kaum wahrnehmbar. Der hohe strahlende Lichtkörper des neuen Lesesaals wird bald einen deutlichen Akzent in der Dä­cherlandschaft Berlins setzen.
Zeitlich parallel zur Errichtung der neuen Bauteile wird bis 2011, dem 350. Gründungsjahr der Bibliothek, die historische Anlage grundlegend saniert und technisch zeitgemäß aus­gestattet.
Nach Abschluss aller Bauarbeiten — Neubau und Generalsanierung — werden insgesamt über 52.500 qm Hauptnutzfläche zur Verfügung stehen (davon 30.400 qm kli­matisierte Magazine, von welchen 16.000 qm öffentlich zugänglich sein werden), über 656 internet­fähige komfortable Nutzerarbeitsplätze und eine Buchtransportanlage von 1,5 km Länge. Ohne Bestellung, das heißt frei zugänglich, werden hier rund 460.000 Bände verfügbar sein.
Die Kosten für Sanierung und Neubau belaufen sich auf insgesamt 333 Mio. Euro (ur­sprünglich 326 Mio. Euro, die Steigerung ergibt sich durch die seit 2007 um 3 Prozent er­höhte Mehrwertsteuer). Wie bei allen Bauinvestitionen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz trägt diese Kosten allein der Bund.
Bedingt durch die Teilung Deutschlands und auch der ehemals preußischen Sammlungen besteht die seit 1992 wieder vereinigte Staatsbibliothek heute aus zwei großen Häusern: der Historischen Forschungsbibliothek Unter den Linden — in Nachbarschaft der Museumsinsel und der Humboldt-Universität als Teil der Bildungslandschaft in der historischen Mitte der Stadt — und der Forschungsbibliothek der Moderne in Scharouns Gebäude an der Potsda­mer Straße gegenüber von Mies van der Rohes Neuer Nationalgalerie und dem Kulturforum. Der Verteilungsmodus der Bestände auf die beiden Häuser orientiert sich an einer inhaltli­chen Trennlinie, der Schwelle zur Moderne um 1900. Mit 10,5 Mio. Büchern, ihren einzig­artigen Sondersammlungen, ihrem vielfältigen Quellenmaterial, elektronischen Publikationen und Datenbanken ist die Staatsbibliothek die größte wissenschaftliche Universalbibliothek im deutschsprachigen Raum. Ihr jährlicher Erwerbungsetat liegt bei über 10 Mio. Euro. Sie richtet sich mit ihren Angeboten im Wesentlichen an eine Leserschaft aus Wis­senschaft und Forschung. Die Gesamtbestände der Bibliothek sind im elektronischen Bibliotheks­katalog (www.stabikat.de) erfasst.

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