Aufbruch in Neue Welten – Humboldt-Tagebücher online

Nachlass Alexander von Humboldts wird weltweit zugänglich, Amerikanische Reisetagebücher ausgestellt und online

Forschungsprojekt der Universität Potsdam sowie Digitalisierungs- und Erschließungsprojekt mit der Jagiellonen-Bibliothek Krakau gestartet

Die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz schafft in enger Kooperation mit der Jagiellonen-Bibliothek in Krakau innerhalb von drei Jahren den weltweiten Zugang zum wissenschaftlichen Nachlass des Forschers und Gelehrten Alexander von Humboldt (1769–1859, Berlin). Alle in seinem Nachlass enthaltenen Manuskripte, Briefe, Zeichnungen, Skizzen, Messergebnisse, Notizen, Artikel und vieles mehr – rund 60.000 Dokumente – werden sukzessive online einsehbar. Seit heute ist ein erster Teil, seine 4.000 Seiten umfassenden Amerikanischen Reisetagebücher, im Internet freigeschaltet, und zugleich werden die Originaltagebücher für drei Tage ausgestellt.

Barbara Schneider-Kempf, Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz sagt dazu: „Vor 200 Jahren brachte Humboldt sein Wissen über die Welt nach Berlin, jetzt bringen wir sein Wissen digital in die Welt“.

Alexander von Humboldt, 1769 in Berlin geboren und 1859 ebenda gestorben, interessierte sich stets für natur- wie kulturwissenschaftliche und ökonomische Themen. Mit 20 Jahren begann er wissenschaftlich zu publizieren, bis ins hohe Alter hielt er Vorträge an wissenschaftlichen Akademien und veröffentlichte umfassende Werke wie „Ansichten der Natur“ oder „Kosmos – Entwurf einer physischen Weltbeschreibung“. Humboldt legte Wert auf eigene Anschauung, Erfahrung und Erkenntnis. Als Dreißigjähriger begab er sich auf seine vierjährige Erkundungs- und Forschungsreise durch die amerikanischen Tropen. Drei Jahrzehnte später reiste er nach Zentralasien bis zum Ural. Humboldt führte ausgedehnte Korrespondenzen mit zahlreichen international bedeutenden Spezialisten der verschiedenen Fachrichtungen und schuf so ein wissenschaftliches Netzwerk, das sich auch in seinem Nachlass widerspiegelt.
Die Humboldt-Forscher sowie alle an seinem Werk Interessierten sind eingeladen, die umfangreichen Materialien ausgiebig zu sichten und neue Forschungsfragen aufzuwerfen. Beste technische Voraussetzungen gibt es dafür: Die digitalen Abbildungen werden in voller Auflösung zur Zoom-Ansicht bereitstellt, so kann jedes Detail in extremer Vergrößerung studiert werden.


Ausstellung „Aufbruch in neue Welten“
Staatsbibliothek zu Berlin, Potsdamer Straße 33
Dietrich-Bonhoeffer-Saal, freier Eintritt
Do, 4. Dezember                  14 – 21 Uhr
Fr/Sa, 5./6. Dezember      10 – 19 Uhr


Zum ersten Mal sind die im Herbst 2013 erworbenen, in neun Lederbänden zusammengefassten Amerikanischen Reisetagebücher ausgestellt, Stücke aus dem Humboldt-Nachlass zeigen die Einbettung der Tagebücher in sein Gesamtwerk. Außerdem  können alle Seiten der Tagebücher im Ausstellungsraum digital betrachtet werden. Online sind sie im Internet rund um die Uhr sichtbar.
Von seiner großen Forschungsreise durch die amerikanischen Tropen in den Jahren 1799 bis 1804 brachte Alexander von Humboldt knapp 4.000 Seiten voller Zeichnungen, Notizen, Messungen und Reiseschilderungen mit, die er überwiegend in Deutsch und Französisch, zum Teil auch in Latein und Spanisch verfasst hatte. Die Tagebücher zeugen von seinem breiten Interesse an Kulturgeschichte und Naturwissenschaften, das sich vor dem Hintergrund der sich gerade ausdifferenzierenden Wissenschaftsdisziplinen wie Astronomie, Botanik, Geographie, Geschichte, Geologie, Klimatologie, Kartographie, Kulturanthropologie, Pflanzengeographie, Philologie, Philosophie, Seismologie, Sprachwissenschaft, Zoologie und Zeitgeschichte entfaltete. Die Tagebücher, mit erheblicher Unterstützung durch Stiftungen und öffentliche Institutionen im Herbst 2013 erworben, werden zum ersten Mal für jeden zugänglich gemacht: Im Original in einer dreitägigen Ausstellung und zur Betrachtung jeder beliebigen Seite auf Dauer online.


Auftakt für das Digitalisierungs- und Erschließungsvorhaben Humboldt-Nachlass und für die Erforschung seiner Amerikanischen Reisetagebüchern
Zugleich fand heute der offizielle Auftakt zu dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten Verbundprojekts zur Erforschung seiner Amerikanischen Reisetagebücher und zur parallel laufenden Digitalisierung und Erschließung des gesamten Humboldt-Nachlasses statt.

Humboldt Nachlass digital
Ebenfalls innerhalb von drei Jahren werden die Staatsbibliothek zu Berlin und die Jagiellonen-Bibliothek in Krakau sukzessive alle Bestandteile des wissenschaftlichen Nachlasses Alexander von Humboldts digitalisieren und erschließen. Ein Teil des Nachlasses befindet sich infolge der Auslagerungen der Bestände der Preußischen Staatsbibliothek während des Zweiten Weltkrieges in Krakau in der Jagiellonen-Bibliothek.
Mit der virtuellen Zusammenführung dieses bisher weitgehend unerschlossenen Nachlasses präsentieren die beiden Bibliotheken das Wissen Humboldts gemeinsam der Forschung. Durch die enge Kooperation der beiden Bibliotheken mit der Wissenschaft werden bei der Digitalisierung wie auch bei der elektronischen Erschließung der rund 60.000 Dokumente eine hohe Qualität der Ergebnisse garantiert und damit bestmögliche Forschungsbedingungen geschaffen.
Über die Kooperation zwischen der Krakauer und der Berliner Bibliothek sagt Zdisław Pietrzyk, Direktor der Jagiellonen-Bibliothek: „Wir Bibliothekare wissen jede Möglichkeit hoch zu schätzen, den Forschern wie auch dem breiten Publikum die Sammlungen auf eine unbegrenzte und sichere Art und Weise elektronisch zur Verfügung zu stellen.“
Barbara Schneider-Kempf formuliert mit Blick auf junge Generationen: „Wir brauchen Nutzer, die mit diesen Daten weiterarbeiten, diese einerseits ergänzen und in neue Zusammenhänge stellen, die sie aber auch für neue Nutzergruppen interessant machen – etwa für junge Leute in Schulen, in Ausbildung und Studium wie auch für jeden an Wissenschaftsgeschichte Interessierten!“

Erforschung der Amerikanischen Reisetagebücher
Am Lehrstuhl für Romanische Literaturwissenschaft der Universität Potsdam untersuchen fünf Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler unter der Leitung von Ottmar Ette die 4.000 Seiten der Tagebücher aus literatur- und bildwissenschaftlichen, epistemologischen sowie raum- und bewegungstheoretischen Perspektiven. Die Tagebücher gelten als Kern des Nachlasses Alexander von Humboldts. Viele Anmerkungen und Ausarbeitungen in seinem Nachlass beziehen sich auf eben diese Tagebücher und können nur im Gesamtzusammenhang verstanden werden. Dieses Projekt ist auf drei Jahre angelegt.
Mit Blick auf die Zukunftsperspektiven der Forschung bemerkt Ottmar Ette: „Die amerikanischen Reisetagebücher Alexander von Humboldts, des ersten Theoretikers der Globalisierung, stellen eine wegweisende Kombination von forscherischem und künstlerischem Wissen dar.“

0 Kommentare

Ihr Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns einen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.