„Eine Bibliothek macht Geschichte.“ 47 Zimelien in Berlin ausgestellt

Gutenberg-Bibel, Mozart-Oper, Bach-Komposition, Lied der Deutschen, abendländische und orientalische Prachthandschriften : Zehn Wochen lang ist die Staatsbibliothek zu Berlin — Preußischer Kulturbesitz mit 47 Objekten von herausragendem wissenschaftlichen und kulturellen Wert in der Ständigen Ausstellung „Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen“ im Deutschen Historischen Museum (DHM) zu Gast.


Ausstellung „Eine Bibliothek macht Geschichte. 350 Jahre Staatsbibliothek zu Berlin“

4. März – 19. Juni 2011
täglich 10-18 Uhr
Deutsches Historisches Museum/Zeughaus
Unter den Linden 2, 10117 Berlin
Eintritt zur Ständigen Ausstellung des DHM 6 €
Katalog zu den Objekten der Staatsbibliothek zu Berlin  9,90 €


Wie kaum eine andere Einrichtung ihrer Art spiegelte diese Bibliothek in den 350 Jahren seit ihrer Gründung deutsche Geschichte wider. Die historische Entwicklung dieser größten wissenschaftlichen Universalbibliothek Deutschlands wie auch die Fülle und außerordentliche Qualität der von ihr gesammelten historischen Zeugnisse menschlichen Schaffens erlauben, dass äußerst selten gezeigte Spitzenstücke aus elf Jahrhunderten in einen direkten Dialog mit den Exponaten des DHM treten. Dass die Bibliothek — eine der reichsten Schatzkammern Deutschlands – beim jahrhundertelangen Aufbau ihrer wertvollen Sammlungen neben ihrem Blick auf Berlin und Deutschland stets auch eine europäische und außereuropäische Perspektive einnahm, verdeutlichen neben den abendländischen Handschriften, Drucken, Karten, Flugblättern und Autographen auch die orientalischen und asiatischen Kostbarkeiten in der Ausstellung „Eine Bibliothek macht Geschichte. 350 Jahre Staatsbibliothek zu Berlin“.

An 9 Stationen fügen sich die Objekte der Staatsbibliothek in die nach Epochen gegliederte Ausstellung „Deutsche Geschichte in Bildern und Zeiten“ ein, darunter folgende:

Dem Evangeliar Codex Wittekindeus, einer um das Jahr 970 in Fulda gefertigten Prachthandschrift, folgt eines der kostbarsten Bücher überhaupt und eines der Spitzenstücke der Staatsbibliothek zu Berlin – die Gutenberg-Bibel auf Pergament: Das Berliner Exemplar der Gutenberg-Bibel – weltweit erhalten sind etwa 50 Exemplare oder Fragmente — ist aufgrund seines sehr guten Erhaltungszustandes und des sehr reichen Buchschmucks von besonders hoher Qualität. In der Ausstellung ist im zweiten Band der Beginn des Matthäus-Evangeliums aufgeschlagen. — Zu den ältesten Quellen weltlicher Mehrstimmigkeit in deutscher Sprache zählt das Lochamer Liederbuch, entstanden um 1452 bis 1460.

Aus Herat stammt eine mit prachtvollen Miniaturen ausgestattete Papierhandschrift, hergestellt vom persischen Dichter Nizami in der Mitte des 15. Jh., in der er die Entwicklung Alexander des Großen zum idealen Herresführer und Philosophen beschreibt. – Flugblätter aus der Zeit der Reformation und der Bauernkriege, aus den Jahren 1520-1526, nehmen zu politischen und religiösen Fragen Stellung. – 1551 schuf der damals bedeutendste Kartograph Gerhard Mercator einen Himmelsglobus und begründete damit eine neue Richtung in der Globenproduktion, die Herstellung von Erd- und Himmelsgloben als Paar. – Theorie und Praxis der Kriegsführung wurden unter maßgeblicher Beteiligung von Albrecht von Brandenburg-Ansbach (Albrecht der Ältere), im Jahr 1555 in einer Kriegsordnung niedergelegt und mit farbenprächtigen Tafeln, u.a. zu Schlachtordnungsvarianten, illustriert. – Um 1575 schuf der Gelehrte Leonhardt Thurneysser ein Astrolabium aus Papier, ein einzigartiges Beispiel Berliner Druckgeschichte der frühen Neuzeit, welches für die Ausstellung in seine einzelnen Schichten zerlegt wurde.

Aus der frühen Zeit der Bibliothek — Friedrich Wilhelm I. (der Große Kurfürst) hatte ihre Gründung 1659 beschlossen, im Jahr 1661 wurde die Churfürstliche Bibliothek zu Cölln an der Spree geöffnet — werden neben der Gründungsurkunde einige Portraits gezeigt, darunter eins vom Großen Kurfürsten mit chinesischer Beschriftung. – Wie die Stadt Berlin im ausgehenden 17. Jh. beschaffen war, ist auf der von Johann B. Schultz in Vogelperspektive gezeichneten Karte zu studieren. — Zahlreiche wertvolle Geschenke kamen in die Bibliothek, darunter eine aus dem 13. Jh. stammende hebräische Bibelhandschrift auf Pergament, nach der Schenkerin Rösel-Bibel genannt. Die Handschrift ist üppig mit graphischem Schmuck ausgestattet und misst geschlossen 54,7 x 40,8cm. Ebenfalls als Geschenk kamen 3.278 chinesische Drucktypen aus Buchenholz in einem Schränkchen mit zehn Schubfächern in den Bestand – vermutlich gehören diese zu den ersten materiellen Zeugnissen der Bemühungen von Gelehrten im 17. Jh. um die chinesische Sprache und Literatur.

Unter den gezeigten Autographen des 18. Jh. befindet sich ein Brief Friedrich II. an Voltaire vom April 1740, sodann zwei außerordentliche Musikhandschriften: Johann Sebastian Bach schuf 1747 auf Anregung von Friedrich II. zu einem Thema mehrere Kompositionen, die er dem König unter dem Titel „Musicalisches Opfer“ widmete und überbringen ließ. Im Original erhalten ist die in der Ausstellung gezeigte sechsstimmige Fuge. – Von den sechs Meisteropern Wolfgang Amadeus Mozarts besitzt allein die Staatsbibliothek zu Berlin fünf, so dass die Auswahl durchaus schwer fiel: Gezeigt wird nun eine Arie des Figaro aus der Oper „Le nozze di Figaro“, 1786 in Wien uraufgeführt.

1828 bat Alexander von Humboldt den jungen Felix Mendelssohn Bartholdy, für einen Naturforscher-Kongress eine Kantate zu komponieren, sie ist als „Humboldt-Kantate“ bekannt. — A. v. Humboldt schenkte der Königlichen Bibliothek einige Objekte, die er von seiner russisch-sibirschen 1829 Reise mitgebracht hatte, darunter einen Blockdruck, der in Chinesisch und Mandschurisch die Sonnenfinsternis von 1817 darstellt sowie einen Geomantenkompass. – 1839 schrieb Charles Darwin an Alexander von Humboldt einen Brief, in dem Darwin dem älteren und erfahreneren Forscher von seinen Erkenntnissen zu Meerestemperaturen in der Nähe der Galapagos-Inseln berichtet.

An einer Station in der Ausstellung sind prachtvoll ausgeführte Orientalia und Ostasiatica zusammengefasst — diese Pretiosen sind Zeugnisse des frühen Bestrebens der Bibliothek, durch gezielte Erwerbungen weit über den europäischen Raum hinauszugreifen und zu einer Weltbibliothek des Wissens zu werden. Zu sehen sind dort neben anderem ein Fragment einer Koranhandschrift auf Pergament, vermutlich im 9. Jh. in Syrien geschrieben, sodann das undatierte, auf 2m langem und 5cm breitem feinen Papier in Miniaturschrift geschriebene Gedicht Bhagavadgita, eine 1577 in Shiraz gefertigte Papierhandschrift mit Geschichten vom Propheten und ein armenisches Evangelium von 1635 aus Isfahan.

Schließlich tritt uns das 19. Jh. mit einem Gedicht entgegen, dessen dritte Strophe seit knapp 50 Jahren der Text der Hymne der Bundesrepublik Deutschland ist: Der Dichter Hoffmann von Fallersleben schrieb das „Lied der Deutschen“ 1841 auf Helgoland nieder. Zwei Abschriften dieses Gedichts sind erhalten, von denen eine in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrt wird. Aus dem reichen Liederschatz, den Robert Schumann hinterließ, wird die Vertonung des Mörike-Gedichts Die Soldatenbraut aus dem Jahr 1847 präsentiert.

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