Real und virtuell zu sehen: Islamische Handschriften
Drei Tage ausgestellt, auf Dauer online in der Digitalen Bibliothek der Staatsbibliothek zu Berlin: „Schatzkammer der Geheimnisse“
Montag, 22., bis Mittwoch, 24. September 2014
Haus Potsdamer Straße 33, 10785 Berlin
Foyer, freier Eintritt
9 – 21 Uhr
täglich 17 Uhr Führungen
Aus ihrer Sammlung prachtvoller islamischer Handschriften stellt die Staatsbibliothek zu Berlin an drei Tagen 25 reich geschmückte Unikate vor.
Anlässlich eines mehrtägigen internationalen Workshops zur persischen Handschriftenkunde, zu dem die Wissenschaftler der Staatsbibliothek 35 Teilnehmer aus zehn Ländern erwarten, darunter aus dem Iran und der Türkei sowie aus Großbritannien und Schweden, ist die Öffentlichkeit eingeladen, diese selten ausgestellten Pretiosen in Augenschein zu nehmen.
Die Präsentation „Schatzkammer der Geheimnisse“ rückt den persischen Kulturraum ins Zentrum, dort erreichte die Buchkunst einst die höchste Blüte. Die ausgestellten Handschriften und Blätter aus Alben sind allesamt herausragende Kunstwerke aus dem 14. bis 19. Jahrhundert. In der Staatsbibliothek zu Berlin, die aus allen Genres der schriftlichen Überlieferung Kulturgüter von Weltrang besitzt, gehören sie zu den Spitzenstücken.
310 illustrierte Handschriften mit 8.000 Miniaturen online
Etwa 17.000 Handschriften in arabischer, persischer und türkischer Sprache werden in der Staatsbibliothek zu Berlin verwahrt, das ist die umfangreichste Sammlung dieser Art in Deutschland. Darunter sind 310 Handschriften mit 8.000 Miniaturen, welche zahlreiche Stile und Epochen der östlichen islamischen Welt vom 14. bis zum 19. Jahrhundert repräsentieren. Neben der Kalligraphie und der ornamentalen Gestaltung nahm und nimmt die Buchillustration in der islamischen Kunst eine zentrale Stellung ein, sie bezeugt die hohe Wertschätzung des Buches im islamischen Orient.
In der Digitalen Bibliothek der Staatsbibliothek sind jetzt bis auf die Ebene der 8.000 einzelnen Miniaturen, Zeichnungen und Illuminationen diese 310 Handschriften vollständig erschlossen. Besonderer Wert wurde auf die tiefe Erschließung mit umfangreichen Informationen gelegt, sodass die Handschriften bzw. die darin enthaltenen Miniaturen für jedes Interessensniveau – für den Betrachter der Schönheit ebenso wie für den Islam- oder Kunstwissenschaftler – aufbereitet sind. Um auch die Miniaturen einzeln erfassen und beschreiben zu können, wurde für die Handschriftendatenbank www.orient-digital.de das zusätzliche Modul „Buchkunst“ entwickelt, dort kann nach verschiedenen Facetten gesucht werden. Mit den detaillierten Beschreibungen der Miniaturen und dem direkten Zugang zu den digitalen Bildern gehört diese Sammlung der illustrierten islamischen Handschriften zu den weltweit am besten erschlossenen.
Diez-Alben und Jahangir-Album
Den Grundstein der Sammlung mit illustrierten islamischen Handschriften der Staatsbibliothek zu Berlin bildete die Schenkung des Orientliebhabers Heinrich Friedrich von Diez (1751-1817). Von Friedrich dem Großen für mehrere Jahre als Konsul nach Konstantinopel entsandt, erwarb Diez dort für seine eigene Privatbibliothek wertvolle illustrierte Handschriften. Darunter sind auch die fünf so genannten „Diez-Alben“, sie enthalten Miniaturen, Zeichnungen und Dekorationsentwürfe aus unterschiedlichen Epochen, die ältesten aus dem 14. Jahrhundert. Diez konnte diese Alben über persönliche Kontakte aus dem Sultanspalast erwerben. Die äußerst hohe Qualität wie auch die bemerkenswerte Vielfalt der Kunstwerke machen die Diez-Alben zu einer der bedeutendsten Sammlungen persisch-mongolischer Buchkunst überhaupt.
Von Weltrang sind auch die 25 Blätter des Jahangir-Albums in der Staatsbibliothek zu Berlin. Der Mogulkaiser Jahangir (reg. 1605-1627) ließ sich von den besten Künstlern seiner Zeit Miniaturen und Kalligraphien anfertigen, zusammen mit westlichen Kupferstichen in prachtvollen Blättern rahmen und zu Alben zusammenstellen. Das „Berliner Album“ wurde 1861 auf einer preußischen Gesandtschaftsreise in Teheran erworben, der größte Teil der Jahangir-Alben befindet sich in Teheran, einzelne Blätter auch in Paris und Washington sowie in Privatbesitz. (Hinweis: In der dreitägigen Präsentation ist kein Blatt aus diesem Album zu sehen, diese nur online)
Digitalisieren, Erschließen, Erhalten, Restaurieren
Mit dem elektronischen Zugriff auf die Digitalisate und Erschließungsdaten der kostbaren Handschriften ermöglicht die Bibliothek ihrem internationalen Fachpublikum den derzeit größtmöglichen Arbeitskomfort. Zugleich – und dies ist der Staatsbibliothek als Hüterin dieser und vieler weiterer Schätze von Weltrang außerordentlich wichtig – werden die Originale seltener physisch beansprucht.
Die Sondersammlungen der Staatsbibliothek zu Berlin werden unter konservatorisch bestmöglichen Bedingungen in Tresormagazinen aufbewahrt, bei 50% relativer Luftfeuchte und konstant 18 Grad Celsius. Die Schäden, die etwa bei der Hälfte der 310 digitalisierten Miniaturhandschriften vorkamen, waren auf solche Ursachen wie Alterungsprozesse des Materials oder Folgen von kriegsbedingten Verlagerungen zurückzuführen. Im Rahmen des Digitalisierungsprojekts wurden die Schäden von der bestens ausgestattete Restaurierungswerkstatt der Staatsbibliothek zu Berlin bearbeitet, u. a. wurden Einbände und fragile Heftungen restauriert sowie Risse und andere Schäden beseitigt. Zu den größten Problemen dieses Bestandes gehört jedoch Kupferfraß: Kupferhaltige, meist grüne Farbe verursacht schwere Schäden am Papier, die bei den bearbeiteten Handschriften häufig als Ausbrüche an Rahmenlinien auftraten. Die Restauratorinnen stabilisierten diese äußerst fragilen Stellen durch das nahezu feuchtigkeitsfreie Aufbringen von beschichtetem Japanpapier und hemmten damit zugleich die weitere Ausbreitung des Kupferfraßes. Dennoch: Eine Methode, mit der dem Kupferfraß so begegnet werden kann, dass er nicht nur gehemmt sondern abgestellt wird, ist noch nicht entwickelt, weltweit forschen Restauratoren an diesem Problem.
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