Meine Frau, die Wissenschaft…
– Dr. Laetitia Rimpau –
„Und da soll ich nicht verliebt sein in eine Dame meines Fachs, eine Frau, die ich zum Leben erwecken kann, wenn ich will? Eine attraktive Lady, die nicht altert und die mich produktiv hält und mit der ich meine stillen Dialoge führe?“ – lässt C. F. Delius seine Romanfigur Konrad Zuse, den deutschen Computerpionier, rückblickend bekennen. Die Mathematikerin Ada Lovelace (1815-1852) sei Zuses Muse gewesen…
Delius’ Roman Die Frau, für die ich den Computer erfand (2009) kommt auf ein Denkmodell der italienischen Frührenaissance zurück. Bereits um 1300 legt Dante, im Zuge der Wiederentdeckung antiker Dichtung und platonischer Philosophie, den Grundstein für eine weltliche Wissenschaftsauffassung, in der sich Eros und Erkenntnis bedingen. Rational zu denken, heißt für Dante: sich als „Liebhaber der Weisheit“ allegorisch zu inszenieren. In der Vita Nuova ist der Dichter im Gespräch mit Beatrice, seiner Frau Philosophie, die dem Träumenden erscheint. Auch Johannes Kepler, Mathematiker und Astronom in der Gegenreformation, fingiert einen literarischen Traum, in dem er verschlüsselt von seinen Wissenschaftsexperimenten erzählt. Im Traum, oder die Astronomie des Mondes (posthum 1634) offenbart Urania bahnbrechende Ergebnisse über die Oberfläche des Mondes.
Im Schutz des geheimen, gelehrten Dialogs mit der antiken Göttin schaffen sich Dichter und Wissenschaftler Phantasieräume für neue Ideen. Was macht die Moderne aus dem „Mythos Muse“?
Dr. Laetitia Rimpau, Romanistin und Lehrbeauftragte für Allgemeine und Vergleichende Literatur an der Universität Frankfurt am Main. 2010 publizierte sie die Anthologie Gab mich meinen Träumereien hin…Ein literarischer Streifzug von Dante bis Kafka (Fischer). In der Wissenswerkstatt stellt sie einige Forschungsergebnisse aus ihrer Habilitationsschrift über ‚Dichterträume in Renaissance und Moderne’ vor.
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