Schlüsselübergabe für das Speichermagazin Friedrichshagen

Heute fand die Schlüsselübergabe für das erste Gebäude am neuen Speicherstandort der SPK, das Speichermagazin Friedrichshagen, statt. Anwesend waren Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Günter Winands, Ministerialdirektor bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Lothar Fehn Krestas, Vertreter der Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, der Architekt Eberhard Wimmer sowie die Leiter der drei Einrichtungen, die das Gebäude künftig nutzen werden. Die Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin, Barbara Schneider-Kempf, die Direktorin des Ibero-Amerikanischen Instituts, Barbara Göbel, und der Leiter der bpk Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte, Hanns-Peter Frentz, begrüßten, dass das dringend benötigte Haus nun in Betrieb geht und für Entlastung der zentralen Standorte sorgt.
In Friedrichshagen ist – unter Federführung der Staatsbibliothek zu Berlin – das derzeit größte und modernste Speichermagazin einer Bibliothek deutschlandweit entstanden. Seine Errichtung war dringend notwendig, da die Kapazitäten der Magazine der Staatsbibliothek zu Berlin (SBB-PK) und des Ibero-Amerikanischen Instituts (IAI) am Potsdamer Platz restlos ausgeschöpft sind. In der aktuellen ersten Ausbaustufe des Speichermagazins ist Platz für 6 Millionen Bücher sowie umfangreiche Sonderbestände. Außerdem gibt es neben optimal klimatisierten Räumen für die wertvollen Originalbestände der Bildagentur bpk eine Fotorestaurierungswerkstatt, die auch andere Einrichtungen der Stiftung nutzen können. Errichtung und Ausstattung des Gebäudes wurden vollständig von der Bundesregierung finanziert.
Das Haus wird für mindestens die nächsten zwei Jahrzehnte ausreichend Platz für die anwachsenden Bestände der drei Nutzer bieten. Später kann es in modularer Bauweise kostengünstig um zwei weitere Ausbaustufen erweitert werden, die seine Fläche und Speicherkapazität dann nahezu verdoppeln.
Aktuell werden in dem neuen Speichermagazin über 3,5 Millionen Bände aus der Staatsbibliothek untergebracht sowie etwa 300.000 Bände aus dem Ibero-Amerikanischen Institut. Die Bildagentur bpk führt dort 12 Millionen Negative und Prints sowie Nachlässe zusammen, die zuvor an verschiedenen Standorten untergebracht waren. Der Einzug der Bestände des IAI ist bereits abgeschlossen, die Bildagentur wird ihre Bestände bis Herbst 2014 nach Friedrichshagen umziehen. Die Umzüge von Beständen der SBB-PK laufen seit Mitte Juni und werden etwa ein Jahr dauern.
Im Speichermagazin gibt es keinen Benutzerbetrieb. Die dorthin verlagerten Bestände sind dennoch in vollem Umfang benutzbar: Angeforderte Materialien werden täglich per LKW in die zentralen Standorte gebracht. Zum Teil, vor allem bei Zeitschriften, werden sie auch gescannt und elektronisch übermittelt und damit auch komfortabel nachnutzbar.
Das Gelände am Fürstenwalder Damm 388 in Berlin-Köpenick wird künftig als zentraler Speicherstandort der SPK dienen. Auf der bundeseigenen Liegenschaft wird in unmittelbarer Nachbarschaft zum Speichermagazin auch ein Neubau für Depots und Werkstätten der Staatlichen Museen zu Berlin entstehen. Durch diese Konzentration von Magazinen sowie Depotbeständen und Werkstätten in Friedrichshagen sollen zentral gelegene Standorte der Stiftung Preußischer Kulturbesitz entlastet, Kompetenzen synergetisch genutzt und Betriebskosten wirtschaftlicher gestaltet werden. Der Ort bietet zudem genügend Platz, um für einige Jahrzehnte weiteren Bestandszuwachses gerüstet zu sein.

Gebäude und Ausstattung
Das viergeschossige Gebäude erstreckt sich in seiner ersten Ausbaustufe über eine Fläche von 126 x 68 Meter. Es stehen 21.200 Quadratmeter Hauptnutzfläche zur Verfügung, davon 17.000 Quadratmeter reine Magazinflächen. In der Gestaltung des Hauses orientierte sich das Büro Eberhard Wimmer Architekten, München, einerseits an der Idee eines „Schatzhauses“. Andererseits greift der Architekt mit seinen seriellen Gestaltungsprinzipien die Typologie eines Bücherregals auf.
Die Magazine sind in vier identisch angelegte Segmente unterteilt, die sich jeweils über vier Ebenen erstrecken. Leicht zu bedienende, elektronisch betriebene Kompaktregalanlagen bieten ca. 36.000 laufende Regalmeter Platz. In den durchgängig klimatisierten Magazinen herrschen 18 Grad Celsius bei 50 Prozent relativer Luftfeuchte. In jedem Magazinsegment befindet sich ein über alle Etagen geführter und mit einem Glasdach versehener Lichthof. Die vier Höfe sind individuell gestaltet. Bei ihnen befinden sich die insgesamt 16 Magazinerarbeitsplätze mit Sortiertischen und einer Station der Buchförderanlage. Diese Buchförderanlage führt zur zentralen Anliefer- und Verladestelle, von der aus die Bücher per LKW weiter transportiert werden.
Als Markierung des Eingangs des Speichermagazins ist ein Gebäudeteil wie ein Verschlussstein zu einer Schatzkammer 15 Meter „herausgezogen“ und an der Fassade etwas versetzt, sodass eine schmale Glasfront den Blick in die Eingangshalle freigibt. Auch diese reicht über alle vier Etagen und ist mit Glas überdacht. Im „Verschlussstein“ sind einige Büros sowie die Fotorestaurierungswerkstatt und ein Masterfilmarchiv untergebracht. Von der Eingangshalle aus gelangt man in einen den Magazinen vorgelagerten Funktionsriegel. Dort führt ein zentraler Erschließungsflur zur Anlieferungsstelle, zu den Treppenhäusern und Aufzügen, der Scanwerkstatt und den Sozialräumen. Im oberen Teil des Funktionsriegels befinden sich Spezialmagazine für den Zeitungsbestand der Staatsbibliothek, ein Serverraum sowie bis auf 10 Grad Celsius gekühlte Räume für die Originalmaterialien der Bildagentur bpk. Die umfangreichen Technikeinbauten des Hauses sind vor allem am Dach untergebracht.

Landschaftsnahe Gestaltung
Wegen der besonderen Lage des Standortes im Wasserschutzgebiet wurde das Speichermagazin nur oberirdisch gebaut. In einem Waldstück nahe am Müggelsee gelegen, musste es zudem sorgfältig in die Umgebung eingefügt werden. Die Traufhöhe wurde auf 13,60 Meter begrenzt. Die Farben der Fassade sind der natürlichen Umgebung angepasst, changieren in verschiedenen graublauen Tönen. Unterschiedlich tief montierte Natursteine sind an der Fassade so gereiht und überlagert, dass sie die bauliche Masse angenehm rhythmisieren. Aus den seitlichen Fassaden springen „Natursteinschwerter“ unregelmäßig hervor. Sie stellen einen optischen Bezug zu den Rollregalen im Innern des Gebäudes her und lassen gleichzeitig ein differenziertes Licht-Schatten-Spiel entstehen. Fenster finden sich nur an dem „Verschlussstein“ und im Erdgeschoss an der Vorderfront zwischen Verschlussstein und Anlieferstelle.
Die Gestaltung des Außenraumes orientiert sich an der weiträumigen Erscheinung des Geländes. Das Umfeld des Gebäudes wurde mit Gehölzen sowie Rasen- und Wiesenflächen hergerichtet und nur mit den wenigen erforderlichen Wegen versiegelt. An drei Seiten des Gebäudes sind (Ersatz)Nistplätze für Fledermäuse angebracht. Die Begrünung des Flachdaches nimmt einen Großteil der Feuchtigkeit vom Dach auf. Auf dem Dach verbleibendes Wasser wird in Sickermulden abgeleitet, die rund um das Gebäude angeordnet sind und das Wasser wiederum an Pflanzen und Rasen abgeben, sodass ein geschlossener Wasserkreislauf entsteht.

Staatsbibliothek zu Berlin
Generaldirektorin Barbara Schneider-Kempf sagte zur Eröffnung des Speichermagazins: „Mit dieser Eröffnung erreichen wir einen weiteren Meilenstein in der Entwicklung der Staatsbibliothek zu Berlin: Nachdem zunächst die beiden Standorte Unter den Linden und Potsdamer Straße / Kulturforum ihr jeweiliges inhaltliches Profil ausbildeten und wir im letzten Jahr Unter den Linden neue Lesesäle und Tresormagazine in Betrieb nahmen, können wir jetzt in den Magazinen am Kulturforum für die aktuelle Forschungsliteratur Platz schaffen. Ich freue mich aber auch darüber, dass es dem Architekten Wimmer künstlerisch wie technisch bestens gelungen ist, unsere Bedürfnisse in Architektur zu übersetzen und zugleich einen solchen Funktionsbau zu schaffen, der sich bestens in diese wald- und wasserreiche Umgebung einfügt.“
Der Staatsbibliothek zu Berlin (SBB – PK) stehen in Friedrichshagen etwas über 16.000 Quadratmeter zur Verfügung, davon 14.400 Quadratmeter Magazinfläche und knapp 2.000 Quadratmeter für Büros und kleine Spezialdepots. Nach Friedrichshagen werden Bestände aus dem Haus Potsdamer Straße und dem Interimsmagazin Westhafen verlagert. Es handelt sich um etwa 3,5 Millionen Bände mit Zeitschriften mit Erscheinungsjahr bis 2010 sowie Monographien und Zeitungen, außerdem Archivmaterialien wie Masterfilme oder konventionelle Kataloge.
Die Staatsbibliothek zu Berlin ist die größte wissenschaftliche Universalbibliothek im deutschsprachigen Raum. Sie bewahrt rund 24 Millionen verschiedene Medien auf, darunter 11 Mio. Bücher, 450.000 digitale Bestände, umfangreiche Sonderbestände mit 1,2 Mio. Karten, Hunderttausenden von Autographen, Handschriften, 1.600 Nachlässen, Zeitungen, Millionen von Mikroformen und vieles andere. Jährlich kommen über 140.000 konventionelle sowie über 50.000 digitale Bestände hinzu, außerdem bezieht die Bibliothek fortlaufend über 21.000 gedruckte und 28.000 elektronische Zeitschriften.
An ihren zwei großen Standorten im Zentrum Berlins, dem historischen Haus Unter den Linden und dem Haus Potsdamer Straße / Kulturforum verfügt die Staatsbibliothek neben Lesesälen auch über klimatisierte Magazine sowie besonders ausgerüstete Tresormagazine für die wertvollsten Schätze der Sondersammlungen.

Ibero-Amerikanisches Institut
Für die Bestände des Ibero-Amerikanischen Instituts (IAI) sind im Speichermagazin Friedrichshagen rund 2.500 Quadratmeter Magazinfläche vorgesehen. Davon sind mit den bereits verlagerten 300.000 Bänden etwa 20 Prozent belegt. Dabei handelt es sich vor allem vor 1974 erschienene und weniger genutzte Bestände, darunter Bücher, Zeitschriften und Sonderbestände. Ab jetzt werden jährlich etwa 30.000 Bücher umziehen, um im Stammhaus Raum für die jährlichen Neuerwerbungen zu schaffen. Neue und aktuelle Publikationen sind im Lesesaal des IAI weiterhin auf kurzem Wege aus dem Magazin in der Potsdamer Straße verfügbar.
Das Ibero-Amerikanische Institut ist eine interdisziplinär orientierte Einrichtung des wissenschaftlichen und kulturellen Austausches mit Lateinamerika, der Karibik, Spanien und Portugal. Seine Bibliothek verfügt über 1,5 Millionen Medien – Bücher, Zeitschriften, elektronische Dokumente, Landkarten, Plakate, Tonträger, Fotos, Videos und DVDs, Nachlässe und verschiedenste weitere Materialien zum ibero-amerikanischen Kulturraum. Damit ist sie die größte europäische und weltweit die drittgrößte Bibliothek zu diesem Themengebiet. Jedes Jahr wachsen die Bestände durch Erwerbungen, Schenkungen und Tausch um 50.000 Medien (Bücher, Zeitschriften und Sondersammlungen) an. Darüber hinaus ist das IAI ein Ort der Wissensproduktion, der Wissensvermittlung und der kulturellen Übersetzungen. Die einzigartige Verbindung von Informationszentrum, Forschungszentrum und Kulturzentrum macht das IAI zu einer Plattform für Kooperationen und zu einem Katalysator für interkulturelle und transkulturelle Dialoge.

bpk Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte
Die Bildagentur bpk belegt im Speichermagazin Friedrichshagen insgesamt 1.600 Quadratmeter, davon knapp über 1.300 Quadratmeter mit Kühlräumen für die unterschiedlichen Originalfotomaterialien. Dort sind zum ersten Mal konservatorisch optimale Bedingungen für die Aufbewahrung und langfristige Sicherung der sensiblen Dias, Negative, Originalprints und Nachlässe gegeben. In der bestens ausgestatteten Fotorestaurierungswerkstatt werden beschädigte Negative oder Abzüge rekonstruiert. Mit dieser Ausgestaltung des Speichermagazins setzt die Stiftung für den Erhalt von Fotografien als Kulturgüter neue Maßstäbe. An ihrem Standort Otto-Nagel-Haus in Berlin-Mitte wird die Bildagentur bpk künftig ausschließlich Reproduktionen aufbewahren.
Dank ihrer umfangreichen und modernen Dienstleistungen ist die Bildagentur bpk zu einem weltweit agierenden Mediendienstleister gereift, der historische Fotos vermarktet wie auch alle Aufnahmen von und aus den Standorten der Staatlichen Museen zu Berlin und aller anderen Einrichtungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, darunter auch der SBB-PK und des IAI. Die Agentur vertritt außerdem weit über einhundert große europäische und amerikanische Museen, sie bedient Zeitungen und Zeitschriften, Verlage, Werbeagenturen, Museen und Wissenschaftler. Ihr Kernbestand ist jedoch das wertvolle Originalarchiv mit Fotoabzügen, Negativen und Dias von den Anfängen der Fotografie bis 1990 – mit ca. 12 Millionen Motiven eine der umfangreichsten zeitgeschichtlichen Fotosammlungen in Europa.

0 Kommentare

Ihr Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns einen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.