The Bach Autographs meet the Flying Steps

Bach und Breakdance passen nicht zusammen? Das Gegenteil beweisen noch bis zum 1. Mai 2010 die vierfachen Berliner Breakdance-Weltmeister Flying Steps bei „Red Bull Flying Bach“ in der Neuen Nationalgalerie in Berlin.

Über 500 begeisterte Zuschauer verfolgen jeden Abend die Powermoves, Freezes und exakten Choreographien der sieben Tänzer, die Präludien und Fugen aus dem Wohltemperierten Klavier BWV 846–893 von Johann Sebastian Bach unter künstlerischer Leitung von Regisseur Christoph Hagel ins 21. Jahrhundert übersetzen.

Heute hatten die Tänzer von Flying Steps zusammen mit den Musikern die Gelegenheit, in der Staatsbibliothek zu Berlin sich Autographe des Wohltemperierten Klaviers anzuschauen.

 

Die Bach-Sammlung in der Staatsbibliothek zu Berlin

80% der kompositorischen Überlieferung von Johann Sebastian Bach werden in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrt. Die Geschichte der Erwerbungen Bachscher Handschriften begann in der Mitte des 19. Jahrhunderts und dauert bis heute an. Die Anfänge der Sammlung sind dabei untrennbar mit dem Namen von Georg Poelchau (1773-1836) verbunden. Dessen Musiksammlung, die einen Großteil des bedeutenden Musiknachlasses Carl Philipp Emanuel Bachs enthielt, bestand zu einem Teil auch aus den Musikautographen des Vaters, J. S. Bach.

Zunächst wurde die sehr umfangreiche Musiksammlung Poelchaus 1823 nach dem ersten Angebot von dem „privatisierenden Gelehrten“ nicht angekauft, da sie als zu teuer galt. Als die bedeutende Musiksammlung 1841, einige Jahre nach dem Tod Poelchaus, jedoch ein weiteres Mal zum Verkauf stand, wurde sie dann glücklicherweise erworben. Mit diesem Ankauf wurde gleichzeitig der Grundstein für die Institutionalisierung einer musikalischen Fachabteilung in der Bibliothek gelegt, die im Mai 1842 organisatorisch vollzogen wurde. Mit der Sammlung Poelchaus kamen u. a. die Matthäus-Passion, die Johannes-Passion, etwa 40 Kirchenkantaten und das Autograph der Kunst der Fuge in die Sammlung.

Wichtige Ergänzungen konnte die Königliche Bibliothek dann im Jahr 1854 tätigen: Die Sing-Akademie, eine 1791 institutionell gegründete bürgerliche Chorvereinigung, die für die Berliner Musikgeschichte größte Bedeutung hat, musste sich von einem großen Teil ihrer wertvollen Bach-Sammlung trennen, und so wurde der Bestand in der Bibliothek um mehr als 70 Kantaten, die beiden Klavierbüchlein für Anna Magdalena Bach von 1722/1725 und die Partitur des Weihnachtsoratoriums vermehrt.

1861 verkaufte der Leipziger Bachverein die Partitur der h-moll-Messe an die Bibliothek. Der Arzt Dr. Richard Wagener aus Marburg schenkte 1874 den ersten Teil des Wohltemperierten Klaviers. 1904 wurde dann die Sammlung des Opernsängers Franz Hauser angekauft, darunter 19 Kantaten, die Sonaten für Violine mit obligatem Klavier und die Englischen Suiten im Autograph J. S. Bachs. Der Bankier Ernst von Mendelssohn-Bartholdy schenkte der Bibliothek – innerhalb einer sehr viel umfangreicheren Zuwendung – 1908 die Kantate Nr. 133 „Ich freue mich in Dir“. Sechs Jahre darauf, 1914, wurden dann die Bachiana aus der Musiksammlung von Anna Amalia von Preußen übernommen, der jüngsten Schwester Friedrichs des Großen. Mit ihnen kam u.a. die Partitur der Brandenburgischen Konzerte in die Königliche Bibliothek. Drei Jahre später gelang aus privater Hand der Ankauf der Sonaten und Partiten für Violine solo. Damit endete zunächst der Erwerb von eigenhändigen Musikmanuskripten J. S. Bachs – fast 80% der weltweit erhaltenen Autographen des barocken Komponisten waren damit an einer Stelle versammelt. – Den Zweiten Weltkrieg hat die Sammlung unbeschadet überstanden, es werden jedoch auf insgesamt 790 handschriftlichen Seiten 13 autographe Werke des Berliner Bestandes heute in der Krakauer Universitätsbibliothek (Biblioteka Jagiellońska) verwahrt. – 1996 gelang der Staatsbibliothek zu Berlin zum bisher letzten Mal mit der Partitur der Kantate „Ach Gott vom Himmel sieh darein“ der Ankauf eines der selten auf dem Markt angebotenen Bach-Autographen. Ergänzt wird die Autographen-Sammlung durch umfangreiches sekundäres Quellenmaterial. Bei Verlust der Autographen Bachs rückten diese zum Teil zeitgenössischen Abschriften der Werke in den Rang der Primärquelle auf, so beispielsweise die frühe Abschrift der Lautensuite e-moll, die im Jahr 2008 erworben werden konnte.

Heute wird im Rahmen des von der DFG geförderten Projektes Bach Digital der gesamte Bestand an Bach-Autographen aus der Staatsbibliothek zu Berlin (einschließlich der Krakauer J. S. Bach-Bestände), die Autographen der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden und des Bach-Archivs Leipzig (einschließlich der Bestände des Bach-Hauses Eisenach) digitalisiert und ins Internet gestellt. Bis zum Jahr 2011 können somit etwa 700 Werke Bachs kostenlos betrachtet und erforscht werden.

 

Das Wohltemperierte Klavier (WK I)

Das WK I haben wir als Autograph, Signatur: Mus.ms. Bach P 415, es ist weltweit das einzige Autograph für das Wohltemperierte Klavier I (bei anderen Bachschen Werken kann es auch einmal mehrere Autographe geben), enthält Korrekturen von Bach aus 3 Revisionsstadien.

Umfang: 45 Blätter, 90 Seiten, Format 31 x 19 cm

Bach hat das Autograph vermutlich seinem Sohn Wilhelm Friedemann Bach vererbt, von dort aus ging es über weitere Privatbesitzer des 18. Jhs. im 19. Jh. in den Besitz des deutschen Komponisten Robert Volkmann über, der es dem Marburger Musiksammler Professor, Guido Richard Wagener schenkte, und von diesem wurde es 1874 Königlichen Bibliothek geschenkt.

1722/23 in Köthen entstanden, enthält das Autograph Korrekturen Bachs bis ca. 1739, auf der Titelseite des Autographs benennt Bach als Zielgruppe seiner Präludien und Fugen „durch alle Tone und Semitonia“: „zum Nutzen und Gebrauch der Lehr-Begierigen / Musicalischen Jugend als auch derer in diesem stu/dio habil seyenden besonderem / ZeitVertreib aufgesetzet“.

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