Workshop Retrodigitalisierung 2022: Selber machen oder machen lassen? | Workshop Retrodigitisation 2022: Do It Yourself or Have It Done?


Auf dem Workshop wurden Digitalisierungsprojekte in Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen, mit Dienstleister:innen, in Kooperation mit anderen Einrichtungen oder im hauseigenen Digitalisierungszentrum vorgestellt und boten eine gute Grundlage für lebhafte Diskussionen zur Organisationsweise von Digitalisierungsprojekten.

At the workshop, digitisation projects in cooperation with volunteers, with service providers, in cooperation with other institutions or in-house digitisation centres were presented and provided a good basis for lively discussions on how to organise digitisation projects.


von Ulrich Blortz, Andreas Purkert, Thorsten Siegmann, Dawn Wehrhahn und Monika Zarnitz

Workshop Retrodigitalisierung: Themen

Unter dem Workshoptitel „Selber machen oder machen lassen? Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern in der Retrodigitalisierung“ trafen sich im März 2022 rund 230 Praktiker:innen, die auf die Retrodigitalisierung von Bibliotheks- und Archivgut spezialisiert sind. In diesem Jahr war die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Gastgeberin für den Workshop Retrodigitalisierung, der pandemiebedingt online stattfand. Erstmalig war er 2019 von den drei Zentralen Fachbibliotheken – ZB MED, TIB Hannover und ZBW – initiiert worden. Alle vier Einrichtungen haben gemeinsam ein Programm organisiert, in dem es zum einen um das „Selber machen oder machen lassen?“ ging, zum anderen aber auch um die Frage „Ist gut = gut genug?“ zur Qualitätssicherung in der Retrodigitalisierung. Im Anschluss an jeden der acht Vorträge gab es viele interessante Fragen und es entwickelten sich lebhafte Diskussionen.

Keynote: bunt und von hoher Qualität

Die Keynote zu „Inhouse or Outsource? Two Contrasting Case Studies for the Digitisation of 20th Century Photographic Collections“ (PDF) hielten die beiden englischen Kolleginnen Abby Matthews (Archive and Family History Centre) und Julia Parks (Signal Film & Media / Cooke’s Studios). Sie berichteten über ihre Projekte zu Digitalisierung von Fotoplatten und alten Fotografien aus kommunalen Archiven, die sie in Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen durchgeführt haben.

Dies war auch wegen der Corona-Lage eine große Herausforderung. Beide konnten anführen, dass sich durch das Einbeziehen derjenigen, die später Interessent:innen für dieses Angebot werden, eine besondere Beziehung zu diesem lokalen kulturellen Erbe entwickelt hat. Auch die Erfahrungen der Ehrenamtlichen haben viel beigetragen – insbesondere auch zur Dokumentation der Bilder, so die Referentinnen.

Zusammenarbeit: viele Modelle

Der erste Themenschwerpunkt des Workshops umfasste fünf Vorträge zum Thema Zusammenarbeit in der Retrodigitalisierung, die eine breite Spannweite hatten:

Nele Leiner und Maren Messerschmidt (SUB Hamburg) berichteten in ihrem Vortrag zu „Hamburger Kulturgut im Netz” „Klasse trotz Masse: Umsetzung von Digitalisierungsprojekten mit Dienstleistern“ (PDF) über zwei Retrodigitalisierungsprojekte, in denen sie mit Dienstleister:innen zusammengearbeitet haben. Es ging um die Projekte

„Hamburger Kulturgut im Netz”
 und ein DFG-gefördertes Projekt, in dessen Rahmen ca. 1,3 Mio. Seiten aus Hamburger Zeitungen digitalisiert werden.

Andreas Purkert und Monika Zarnitz (ZBW) referierten zur „Zusammenarbeit mit Dienstleister:innen – Tipps für die Erstellung von Leistungsverzeichnissen” (PDF). Dabei gaben sie Hinweise zu Tipps und Tricks zur Vorbereitung von Vergabeverfahren für Digitalisierungsdienstleistungen.

Julia Boensch-Bär und Therese Burmeister (DAI) stellten das „Projekt ‘Retrodigitalisierung‘ des Deutschen Archäologischen Instituts“ vor, in dem es darum geht, die eigenen (mit-)herausgegebenen Publikationen digitalisieren zu lassen. Sie beschrieben die Arbeitsprozesse, die eine reibungslose Durchführung des Projekts mit Dienstleister:innen sicherstellten.

Natalie Przeperski (IJB München), Sigrun Putjenter (SBB-PK Berlin), Edith Rimmert (UB Bielefeld), Matthias Kissler (UB Braunschweig) führen gemeinsam das Projekt Colibri durch. In ihrem Vortrag „Colibri – die Kombination aller wesentlicher Varianten des Digitalisierungsworkflows in einem Projekt von vier Partnerbibliotheken“ (PDF) berichteten sie davon, wie die Arbeitsprozesse für die gemeinsame Digitalisierung von Kinderbuchbeständen organisiert sind. Dabei galt es, sowohl die Zusammenarbeit der beteiligten Bibliotheken als auch die mit einem Digitalisierungsdienstleister zu koordinieren.

Stefan Hauff-Hartig (Parlamentsarchiv des Deutschen Bundestags) berichtete über das “Retrodigitalisierungsprojekt im Parlamentsarchiv des Deutschen Bundestages: Die Gesetzesdokumentation“ (PDF). 12.000 Einzelbände, die die Zeit von 1949 bis 2009 abdeckten, sind zu bearbeiten. Hauff-Hartig berichtete davon, wie die Koordination der Arbeiten mit einem Dienstleister organisiert war.

Fazit: In den Vorträgen zur Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Dienstleistenden wurde deutlich, dass der Projekterfolg stark von der intensiven Kommunikation aller Beteiligten und der sorgfältigen Vorbereitung der gemeinsamen Arbeitsabläufe abhängt. Der organisatorische Aufwand dafür ist nicht unerheblich, aber trotzdem konnten die Referent:innen zeigen, dass die Synergieeffekte einer Zusammenarbeit überwiegen bzw. Projekte erst möglich werden, wenn andere beteiligt sind.

Qualitätssicherung: Ist „gut“ = gut genug?

So fragten die Referent:innen in diesem Themenblock etwas selbstkritisch. Es wurden Verfahren und Möglichkeiten zur Qualitätssicherung der Digitalisate vorgestellt:

Stefanie Pöschl und Anke Spille (Digitales Deutsches Frauenarchiv) stellten die Qualitäts-, Aufwands- und Kostenbetrachtungen des „Selber Machens“ denen des Einkaufens von Dienstleistungen gegenüber. In ihrem Vortrag „Qualität? Wofür?: Das Digitale Deutsche Frauenarchiv berichtet aus seiner fast 6-jährigen Erfahrung mit Retrodigitalisierung“ (PDF). Dabei betrachteten sie die Verwendung von Standards, um ein möglichst hohes Maß an Qualität sicherzustellen.

Yvonne Pritzkoleit und Silke Jagodzinski (Geheimes Staatsarchiv – Preußischer Kulturbesitz) stellten unter dem Titel „Ist gut auch gut genug? Qualitätssicherung in der Digitalisierung“ das Qualitätssicherungskonzept ihres Hauses vor. Diesem liegt die Norm ISO/TS 19264-1:2017 für die Bildqualität zugrunde. Das Konzept kann viele Anregungen für andere Einrichtungen geben.

Andreas Romeyke (SLUB Dresden) erläuterte in seinem Vortrag „Weniger ist mehr — das Missverständnis Auflösung“ (PDF), warum bei der Auflösung von Bildern weniger oft mehr ist. Er beschrieb, was unter Auflösung zu verstehen ist, wie man eine geeignete Auflösung bestimmen kann und welche Auswirkungen falsch gewählte Auflösungen haben können.

Fazit: Digitalisate werden zunehmend nicht nur als Dokument zum Rezipieren für die wissenschaftliche Arbeit genutzt, sondern sie werden selbst Forschungsdaten, die die Anwender:innen z. B. im Rahmen der digitalen Geisteswissenschaften (Digital Humanities) verwenden. Daraus ergeben sich besondere Qualitätsanforderungen, die nicht immer einfach umzusetzen sind. Die drei Vorträge zu diesem Thema zeigten verschiedene Herangehensweisen an das Thema und auch, dass es ein wichtiges Anliegen an das Qualitätsmanagement ist, Aufwand und Nutzen in ein sinnvolles Verhältnis zu setzen. Es wurde deutlich, dass Standards wie die ISO-Norm 19264-1 zunehmend angewendet werden, auch wenn das noch nicht immer nach Lehrbuch, sondern im Rahmen der technischen und personellen Möglichkeiten erfolgt.

Workshop Retrodigitalisierung 2022: rege Diskussionen – gutes Feedback

Im ersten Teil des Workshops enthielten alle Vorträge konkrete Empfehlungen und nützliche Tipps zur Gestaltung von Digitalisierungsprojekten mit Dienstleister:innen. Viele Aspekte, die in den Vorträgen geschildert und hinterher diskutiert wurden, orientierten sich stark an der Praxis, sodass sie sich bei den Teilnehmenden für die eigene Umsetzung von Projekten mit Dienstleister:innen einbeziehen lassen und eine gute Grundlage für zukünftige Planungen eigener Projekte boten. Besonders interessant war es zu hören, welche Mengengerüste für die einzuscannenden Seiten in Projekten mit Dienstleister:innen umsetzbar sind und wie Projekte trotz Pandemie auch mit mehreren Institutionen erfolgreich umgesetzt werden konnte.

Auf großes Interesse stießen auch die Vorträge zum Thema Qualität im zweiten Block des Workshops. Die Beiträge beinhalteten durchweg viele praktische Tipps, die sich auf die eigenen Organisationen der Zuhörer:innenschaft übertragen lassen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Workshop mit den vielen interessanten Beiträgen die vielseitigen Ausgestaltungsmöglichkeiten der Zusammenarbeit mit Dienstleister:innen und die zunehmende Bedeutung des Qualitätsmanagements aufgezeigt hat.

Die Feedback-Umfrage zeigte, dass der Workshop in diesem Jahr erneut sehr gut angenommen worden ist. Alle Beteiligten konnten viele neue Impulse und Ideen mitnehmen. Die veranstaltenden Einrichtungen werden im kommenden Jahr erneut einen Workshop anbieten. Für diesen Workshop in 2023 wird die ZBW Gastgeberin sein.

Dieser Beitrag ist zuerst auf dem ZBW-Blog MediaTalk https://www.zbw-mediatalk.eu/de/2022/05/workshop-retrodigitalisierung-2022-selber-machen-oder-machen-lassen/  erschienen.

by Ulrich Blortz, Andreas Purkert, Thorsten Siegmann, Dawn Wehrhahn and Monika Zarnitz

Workshop Retrodigitisation: topics

Under the workshop title “Do It Yourself or Have It Done? Collaboration With External Partners and Service Providers in Retrodigitisation”, around 230 practitioners specialised in the retrodigitisation of library and archive materials met in March 2022. This year, the Berlin State Library – Prussian Cultural Heritage hosted the retrodigitisation workshop (German), which was held online due to the pandemic. For the first time in 2019, it had been initiated by the three central specialist German libraries – ZB MED, TIB Hannover and ZBW. All four institutions jointly organised a programme which, on the one hand, was about “Do it yourself or have it done?” and, on the other hand, about the question “Is good = good enough?” about quality assurance in retrodigitisation. After each of the eight presentations, there were many interesting questions and lively discussions developed.

Keynote: colourful and of high quality

The keynote on „Inhouse or Outsource? Two Contrasting Case Studies for the Digitisation of 20th Century Photographic Collections“ (PDF) was given by two English colleagues, Abby Matthews (Archive and Family History Centre) and Julia Parks (Signal Film & Media/Cooke’s Studios). They reported on their projects on digitisation of photographic records and old photographs from municipal archives, which they have carried out in cooperation with volunteers.

This was also a big challenge because of the Corona pandemic. Both were able to say that by involving those who later became interested in this offer, a special relationship to this local cultural heritage was developed. The experience of the volunteers also contributed a lot – especially to the documentation of the images, the speakers said.

Cooperation: many models

The first focus of the workshop was on collaboration in retrodigitisation. There were five presentations on this, which had a wide range:

Nele Leiner and Maren Messerschmidt (SUB Hamburg) reported in their presentation on “Class Despite Mass: Implementing Digitisation Projects with Service Providers” (PDF, German) on two retrodigitisation projects in which they worked together with service providers. It was about the projects “Hamburg’s Cultural Property on the Net” (German) and a project that was funded by the German Research Foundation (DFG) in which approx. 1.3 million pages from Hamburg newspapers are being digitised.

Andreas Purkert and Monika Zarnitz (ZBW) gave a presentation on “Cooperation With Service Providers – Tips for the Preparation of Specifications” (PDF, German). They gave clues on tips and tricks for preparing procurement procedures for digitisation services.

Julia Boensch-Bär and Therese Burmeister (DAI) presented the “‘Retrodigitisation‘ Project of the German Archaeological Institute“, which is about having one’s own (co-)edited publications digitised. They described the work processes that ensured the smooth implementation of the project with service providers.

Natalie Przeperski (IJB Munich), Sigrun Putjenter (SBB-PK Berlin), Edith Rimmert (UB Bielefeld), Matthias Kissler (UB Braunschweig) are jointly running the Colibri project (German). In their presentation “Colibri – the Combination of All Essential Variants of the Digitisation Workflow in a Project of Four Partner Libraries” (PDF, German), they reported on how the work processes for the joint digitisation of children’s book collections are organised. The challenge was to coordinate both the cooperation of the participating libraries and that with a digitisation service provider.

Stefan Hauff-Hartig (Parliamentary Archives of the German Bundestag) reported on the “Retro-digitisation Project in the Parliamentary Archives of the German Bundestag: The Law Documentation” (PDF, German). 12,000 individual volumes covering the period from 1949 to 2009 are to be processed. Hauff-Hartig reported on how the coordination of the work was organised with a service provider.

Conclusion: In the presentations on cooperation with other institutions and service providers, it became clear that the success of the project depends heavily on intensive communication between all participants and careful preparation of joint work processes. The organisational effort for this is not insignificant, but the speakers were nevertheless able to show that the synergy effects of cooperation outweigh the costs and that projects only become possible when others are involved.

Quality assurance: Is “good” = good enough?

This question was posed somewhat self-critically by the speakers in this thematic block. Procedures and possibilities for quality assurance of the digitised material were presented:

Stefanie Pöschl and Anke Spille (Digital German Women’s Archive) contrasted the quality, effort and cost considerations of “doing it yourself” with those of purchasing services. In their presentation on “Quality? What for? The Digital German Women’s Archive Reports From Its Almost 6-year Experience With Retrodigitisation” (PDF, German) they looked at the use of standards to ensure the highest possible level of quality.

Yvonne Pritzkoleit and Silke Jagodzinski (Secret State Archives – Prussian Cultural Heritage) presented under the title “Is Good Good Enough? Quality Assurance in Digitisation” their institution’s quality assurance concept. This is based on the ISO/TS 19264-1:2017 standard for image quality. The concept can provide many suggestions for other institutions.

Andreas Romeyke (SLUB Dresden) explained in his presentation “Less is More – the Misunderstanding of Resolution” (PDF, German) why less is often more when it comes to the resolution of images. He described what is meant by resolution, how to determine a suitable resolution and what effects wrongly chosen resolutions can have.

Conclusion: Increasingly, digitised material is not only used as a document to be received for academic work, but it itself becomes research data that the users use, e.g. in the context of the digital humanities. This results in special quality requirements that are not always easy to implement. The three presentations on this topic showed different approaches to the topic and also that it is an important concern for quality management to put effort and benefit in a reasonable relationship. It became clear that standards such as ISO 19264-1 are increasingly being applied, even if this is still not always done according to the textbook, but within the range of technical and personnel possibilities.

Workshop Retrodigitisation 2022: lively discussions – good feedback

In the first part of the workshop, all presentations contained concrete recommendations and useful tips for the design of digitisation projects with service providers. Many aspects that were described in the presentations and discussed afterwards were strongly oriented towards practice, so that they could be incorporated by the participants for their own implementation of projects with service providers and offered a good basis for future planning of their own projects. It was particularly interesting to hear which quantity structures for the pages to be scanned can be implemented in projects with service providers and how projects could be successfully implemented with several institutions despite the pandemic.

The presentations on the topic of quality in the second block of the workshop also met with great interest. Again, all contributions included many practical tips that can be applied to the audience’s own organisations.

In summary, it can be said that the workshop with its many interesting contributions showed the many different ways of working with service providers and the increasing importance of quality management.

The feedback survey showed that the workshop was again very well received this year. All participants were able to take away many new impulses and ideas. The organising institutions will offer another workshop next year. In 2023, it will be hosted by the ZBW.

This post first appeared on the ZBW blog MediaTalk https://www.zbw-mediatalk.eu/de/2022/05/workshop-retrodigitalisierung-2022-selber-machen-oder-machen-lassen/.