Zweitägige Ausstellung zum 100. Geburtstag Dietrich Bonhoeffers
Der Geburtstag Dietrich Bonhoeffers jährt sich am 4. Februar 2006 zum 100. Mal. Aus seinem Nachlass präsentiert die Staatsbibliothek am Freitag/Samstag, 3./4. Februar zu Leben und Werk des Theologen eine Auswahl an Manuskripten, Briefen und Photos. Der Nachlass konnte im Jahr 1996 erworben werden.
Dietrich Bonhoeffer war einer der großen Theologen des 20. Jahrhunderts. Er ermutigte zum mündigen Christsein und lehrte, „dass Christen aus Gründen des Gewissens zum Widerstand gegen die Schändung elementarer Menschenrechte genötigt sind.“ 1933 wies er öffentlich auf die sich abzeichnende Hetze gegen Minderheiten hin und forderte von der Kirche „nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen.“ Kurze Zeit später wurde er zu einem herausragenden Vertreter der Bekennenden Kirche, die das Christentum mit der NS-Rassenideologie als miteinander unvereinbar erklärte. Seit 1940 engagierte er sich im Widerstand, 1943 wurde er in Berlin verhaftet. Am 9. April 1945 wurde Dietrich Bonhoeffer, gerade 39 Jahre alt, im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet.
Die Staatsbibliothek zu Berlin erwarb 1996 den Nachlass Bonhoeffer, aus welchem am kommenden Freitag und Samstag im Foyer des Hauses Potsdamer Straße 33 insgesamt 58 Dokumente zu sehen sein werden: 13 Briefe, drei Gedichte, 15 Abhandlungen wie Berichte und Bibelarbeiten, sieben Lebensdokumente, 18 Fotos sowie zwei Drucke, darunter seine berühmte englische Bibel. Ausgestellt wird auch das Manuskript eines Rundfunkvortrages, in welchem Bonhoeffer bereits kurz nach der Machtergreifung Hitlers vor den Folgen des „Führerkultes“ warnt, und der Aufsatz „Die Kirche vor der Judenfrage“, in dem Bonhoeffer für das Lebensrecht der gesamten jüdischen Bevölkerung plädiert. Ein Flugblatt veranschaulicht den Kirchenkampf zwischen den regimetreuen „Deutschen Christen“ und der Minderheit der „Bekennenden Christen“. Bonhoeffers Aufruf zum Frieden auf einer ökumenischen Tagung in Fanø 1934, sein für oppositionelle Militärs bestimmter Bericht über die ersten Judendeportationen und die erschütternden Briefe und Gedichte aus seiner Haftzeit sind weitere Höhepunkte der kleinen Ausstellung.
Eines seiner berühmtesten Gedichte, „Wer bin ich?“, verfasste Bonhoeffer Anfang Juli 1944 während der Haft im Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis Berlin-Tegel. Dieses Gedicht, ebenfalls in der Ausstellung zu sehen, wird von der Staatsbibliothek zu Berlin anlässlich des Geburtstages Bonhoeffers als Faksimile herausgegeben. Es trägt die Nummer 1 der damit von der Staatsbibliothek eröffneten Reihe „Berliner Faksimiles“.
Teile der Ausstellung „Dietrich Bonhoeffer“ werden in den folgenden Wochen in der St. Matthäi-Kirche in Berlin-Tiergarten sowie im Foyer der Philharmonie zu besichtigen sein.
Der schriftliche Nachlass Dietrich Bonhoeffer, heute als Nachl. 299 verzeichnet, konnte von der Familie nur unter schwersten Bedingungen aufbewahrt werden. 1996 erwarb die Staatsbibliothek zu Berlin den Nachlass, welcher seither unter besten konservatorischen Bedingungen gepflegt sowie fortlaufend ergänzt wird. Die Bibliothek besitzt damit einen der bedeutendsten Nachlässe zur Geschichte der Theologie und des deutschen Widerstands. – 25 Kästen umfasst der Nachlass, darin Briefe und andere Dokumente aus der Zeit der Jugend Bonhoeffers, zu seinem Werdegang als Theologe und Pfarrer, seinem Engagement im deutschen Widerstand sowie zu seinem Leben in der Zeit der Haft. Seit 1945 wurde der Nachlass vom Freund Dietrich Bonhoeffers, Eberhard Bethge, und dessen Frau Renate in unermüdlicher Sammeltätigkeit erweitert und aufgearbeitet. Nach dem Willen des Ehepaars Bethge verblieb der Nachlass in Berlin, der Stadt, die für das Leben der Familie Bonhoeffer und für Dietrich Bonhoeffer entscheidende Bedeutung hatte. Zu den herausragenden Dokumenten gehören Manuskripte, darunter die nicht vollendete „Ethik“, die Gedichte „Wer bin ich?“ und „Nächtliche Stimmen in Tegel“, Aufzeichnungen, Lebensdokumente (Zeugnisse, Diplome, Ausweise), Nachschriften seiner Vorlesungen und die Reste seiner Bibliothek, rund 1000 Bände. Zwei Kästen mit rund 250 Fotos und 300 Ansichtskarten von seinen Reisen ergänzen den Nachlass.
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