Digitale Lektüretipps 22: Medizingeschichte, Terminator und E.T.A. Hoffmann
Ein Beitrag aus unserer Reihe Sie fehlen uns – wir emp-fehlen Ihnen: Digitale Lektüretipps aus den Fachreferaten der SBB
Ein Beitrag von Marion Manns und Christina Schmitz
Mit dem E.T.A. Hoffmann Portal stellen wir Ihnen heute eine digitale Materialsammlung vor, die viel mehr enthält als es auf den ersten Blick scheint. Vor allem gehen die Inhalte weit über E.T.A. Hoffmann selbst hinaus. So finden auch Musikwissenschaftler und Medizinhistorikerinnen, Freud-Forscher und Sekundarschul-Lehrkräfte, Weltentdeckerinnen und Operngenießer Interessantes – um nur ein paar wenige Beispiele zu nennen.
Traumdeutung und Mesmerismus
Die ständig wachsende Sammlung Hoffmann digital enthält inzwischen mehr als 1.200 Digitalisate zu Werken Hoffmanns und Literaten aus seinem Umfeld, aber auch zu den Wissenschaften in der Zeit der Romantik. So können Sie sich beispielsweise in Johann Christian Reils Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Kurmethode auf Geisteszerrüttungen (1818) oder in Carl Alexander Ferdinand Kluges Versuch einer Darstellung des animalischen Magnetismus als Heilmittel (1811) einlesen oder erfahren, was Forscher wie Gotthilf Heinrich Schubert schon ein knappes Jahrhundert vor Sigmund Freud über Die Symbolik des Traumes (1821) herausgefunden hatten. Für juristisch Interessierte seien die Abhandlungen aus dem Gebiete der gerichtlichen Medicin (1820) in fünf Bänden von Adolph Henke zu empfehlen.
Digitale Lehre
Auch für den Schulunterricht von zu Hause hat das Portal einiges zu bieten. Damit die denkwürdigen Abiturprüfungen in diesem Jahr erfolgreich werden, empfehlen wir vor allem Schülerinnen und Schülern aus NRW, wo Hoffmann zum Abistoff gehört, einen Blick in die Lehreinheiten zu E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann. Hier können sie alleine für sich oder gemeinsam im virtuellen Klassenzimmer ihr Wissen zum Motiv des Auges oder zu Automatenmenschen auffrischen und lernen den Zusammenhang zwischen König Pygmalion, Arnold Schwarzenegger im Terminator und dem mit Künstlicher Intelligenz gesteuerten SONY-Roboterhund Aibo kennen. Ein Quiz für zwischendurch lockert die Lernpausen auf und verbindet die Synapsen neu.
Opernvergnügen und mehr
Das Beste von und zu E.T.A. Hoffmann im Netz – diese Empfehlungsreihe präsentiert das Team vom E.T.A. Hoffmann Portal seit den vergangenen zwei Wochen regelmäßig im Newsblog des Portals, um den Nutzer*innen ein wenig über die Zeit ausfallender Veranstaltungen hinwegzuhelfen. So vielfältig wie Hoffmann selbst, der Literat, Musiker, Zeichner und Jurist war, sind auch die Empfehlungen für frei verfügbares Online-Material im Portal und weit darüber hinaus. Ein kleiner Vorgeschmack sei Ihnen schon hier gewährt: Der erste Beitrag richtete sich an die Opernfans unter Ihnen, die sich – zeitlich befristet – die Aufführung Hoffmann’s Erzählungen von Jacques Offenbach im Brüsseler Opernhaus La Monnaie vom heimischen Sofa aus anschauen können. Die Neuinszenierung von Krzysztof Warlikowski wurde am 20. Dezember 2019 aufgezeichnet und wird von arte.tv bis zum 18. Mai 2020 kostenfrei zur Verfügung gestellt. Unter musikalischer Leitung von Alain Altinoglu führen das Sinfonieorchester und der Chor des Opernhauses sowie Eric Cutler in der Rolle des Hoffmann in 185 Minuten durch die dreigeteilte Handlung, die Hoffmanns Geschichte(n) fantasievoll im Kostüm der 1960er Jahre verwebt. Und wer dann erst so richtig auf den Geschmack gekommen ist, kann sogleich zur Inszenierung von Liebe und Eifersucht der Free Opera Company wechseln. In dieser versetzt der Regisseur Bruno Rauch das Hoffmannsche Singspiel in drei Akten nach der Komödie La banda y la flor von Pedro Calderón de la Barca in die heutige Zeit. Die Inszenierung ist dauerhaft auf dem E.T.A. Hoffmann Portal zu sehen. Neben der Videoaufzeichnung finden Sie dort weitere Informationen zur Inszenierung, ein Interview mit dem Intendanten Bruno Rauch, Hörproben und eine Bildergalerie.
Wissenschaftlich vertiefen lässt sich das Opernvergnügen beispielsweise mit der Lektüre von Portalbeiträgen zu Hoffmann als Musiker, zu Hoffmann als Komponist der romantischen Oper und zu seiner Zauberoper Undine, aber auch über das Musikalien-Werkverzeichnis oder Hoffmanns Besprechung der 5. Sinfonie Beethovens. Den Musikern unter unseren Leser*innen empfehlen wir einmal mehr Hoffmann digital, wo sie das Notenmaterial fürs nächste Balkonkonzert finden.
Auch die Mediathek des Bayerischen Rundfunks bietet zahlreiche frei verfügbare Medien rund um E.T.A. Hoffmann (und die Musik) – so etwa den Podcast Do Re Mikro – Klassik für Kinder, der neben einer Einführung und Geschichten zu Antonio Vivaldi und Franz Liszt auch einen Abschnitt zu Hoffmann enthält. Außerdem gibt es in der Podcast-Rubrik Klassik aktuell einen Interpretationsvergleich zu Offenbachs Hoffmanns Erzählungen, eine Audio-Rezension von Sylvia Schreiber zur Ballettpremiere von Leo Delibes Coppélia an der Bayerischen Staatsoper und ein Gespräch mit dem Filmkomponisten James Newton Howard zum Filmstart von Disneys Nussknacker. Beim WDR kann zudem in den Podcast WDR3-Meisterstücke: Schumann Kreisleriana reinhören. Was das jetzt alles noch mit E.T.A. Hoffmann zu tun hat? Lesen Sie doch mal den Beitrag zur musikalischen Rezeption Hoffmanns auf der Bühne und durch Komponisten.
Bücher fürs Ohr
Wer lieber Literatur hört, findet einige verlesene Werke Hoffmanns bei LibriVox. In dieser digitalen Bibliothek mit gemeinfreien Hörbüchern, eingesprochen von Freiwilligen, gibt es bisher etwa 15 Lesungen von Hoffmanns Werken – hauptsächlich in Deutsch und Englisch – u.a. „Die Abenteuer der Sylvester-Nacht“, „Die Elixiere des Teufels“, „Das Fräulein von Scuderi“, „Der goldne Topf“, „Klein Zaches, genannt Zinnober“, „Meister Floh“, „Nachtstücke“, „Prinzessin Brambilla“, „Ritter Gluck“ oder „Der Sandmann“. Im BR-Podcast-Hörspielpool gibt es zudem Teile der Erzählsammlung Die Serapionsbrüder sowie einen Art-Mix-Essay von Carl-Ludwig Reichert, der Entstehung, Wirkung und Nachleben der Serapionsbrüder beleuchtet und dabei (hör)spielerisch einen Kurz-Einblick in Hoffmanns Werk gibt. Die Erzählungen des romantischen Autors lassen die Leser*innen gerne mal mit einigen Fragezeichen auf der Stirn zurück. Wenn es Ihnen auch so geht, hilft vielleicht die eine oder andere der inzwischen 19 Werkinterpretationen im Portal, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.
Stadtbummel gefällig?
Und wenn Sie sich nach all dem Sofavergnügen doch noch nach der großen weiten Welt sehnen, können wir Sie zumindest virtuell auf einen Bummel durch Berlin und Bamberg schicken – auf Hoffmanns Spuren versteht sich!
Wie komme ich zum Begleitbuch der
Ausstellung?
Lieber Herr Wilke,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Den Katalog zu unserer Ausstellung „Unheimlich Fantastisch – E.T.A. Hoffmann 2022“ können Sie über folgende Seite bestellen: https://staatsbibliothek-berlin.de/die-staatsbibliothek/publikationen-der-staatsbibibliothek/einzelpublikationen
Beste Grüße
Marion Manns