FELIX. Felix Mendelssohn Bartholdy zum 200. Geburtstag

Mit 150 Exponaten – darunter 40 Werkautographen, 30 Briefen von und an den Meister, und rund 20 Portraits – richtet die Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin mit dem prägnanten Titel FELIX die zentrale Ausstellung zum 200. Geburtstag von Felix Mendelssohn Bartholdy ein.

Für das Publikum öffnet sie am 30. Januar um 11 Uhr im Haus Potsdamer Straße 33. Der Kurator der Ausstellung, Roland Schmidt-Hensel, ist Leiter des Mendelssohn-Archivs und stellvertretender Abteilungsleiter der Musikabteilung.
Der am 3. Februar 1809 geborene Komponist und Dirigent Felix Mendelssohn Bartholdy entfaltete seine außerordentlichen musikalischen Fähigkeiten schon als Kind; als Jugendlicher und Erwachsener empfing er vor allem auf zahlreichen und ausgedehnten Reisen durch Europa Inspirationen für seine schon zu Lebzeiten gefeierte Musik. Als er mit nur 38 Jahren verstarb, hinterließ er ein breites kompositorisches Oeuvre — Lieder, Symphonien, Oratorien, Instrumentalwerke und anderes — dessen zahlreiche und vielfältige Interpretationen die Menschen seit jeher berühren und faszinieren.
Qualität und Fülle des in der Ausstellung gezeigten Materials sind außerordentlich, kann doch die Musikabteilung auf einen herausragenden Bestand zurückgreifen, den sie zwei Stiftungen aus der Familie Mendelssohn verdankt: Die Erben des 1847 gestorbenen Komponisten stifteten im Jahr 1878 der damals Königlichen Bibliothek (heute Staatsbibliothek zu Berlin) seinen gesamten kompositorischen Nachlass, soweit er sich noch in Familienbesitz befand. Im Gegenzug stellte der preußische Staat ein jährliches Stipendium für „befähigte und strebsame Musiker“ bereit (heute der jährlich vergebene Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Preis der Stiftung Preußischer Kulturbesitz). So kamen 1878 rund 50 Bände mit den Autographen mehrerer hundert Kompositionen von Felix Mendelssohn Bartholdy in die Bibliothek; infolge kriegsbedingter Verlagerungen befinden sich heute einige zentrale Werke aus dieser Stiftung in der Biblioteka Jagiellonska in Krakau (Polen). – Die zweite Stiftung ereignete sich im Jahr 1964: Ein Urenkel des Komponisten, Hugo von Mendelssohn Bartholdy, übergab der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz das von ihm seit den 1950er Jahren in Basel aufgebaute Mendelssohn-Archiv, eine einzigartige Sammlung von schriftlichen und Bild-Dokumenten zur gesamten Familie Mendelssohn. Diese beiden großen Stiftungen wurden bis heute durch gezielte Erwerbungen auf dem Antiquariatsmarkt und aus Privatbesitz sowie durch weitere Schenkungen sowie Deposita aus der Familie ergänzt. – Weitere wichtige Sammelstätten für Musikautographe, Briefe und sonstige Lebenszeugnisse von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 — 1847) befinden sich in Oxford, Washington und New York.
Die Ausstellung FELIX stellt vom 30. Januar bis zum 14. März 2009 das Leben Mendelssohns in seiner faszinierenden Vielfalt dar und beleuchtet umfassend sein kompositorisches Schaffen. Die doppelte Intention der Ausstellung spiegelt sich in ihrer Teilung in einen biographischen und einen Werk-Teil wider:
Briefe, Lebenszeugnisse und Bilddokumente zeichnen im biographischen Teil die Lebensstationen des Komponisten von der Kindheit und Jugend in Berlin über die Reisejahre 1829 bis 1832 nach, sein erstes Engagement in Düsseldorf, die Berufung zum Gewandhauskapellmeister in Leipzig, die Berliner Intermezzi Anfang der 1840er Jahre und die Rückkehr nach Leipzig. Als er starb hinterließ er seine Ehefrau Cécile und fünf Kinder. – Mendelssohn war eine der herausragenden Musikerpersönlichkeiten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er prägte nicht nur als Komponist, sondern auch als Dirigent und Organisator ein Musikleben mit, welches bis heute nachwirkt: Unter anderem richtete er im Jahr 1829 in Berlin die denkwürdige Wiederaufführung der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach ein und begründete das Leipziger Konservatorium.
Sein kompositorisches Schaffen wird anhand von knapp 40 Werken, einem repräsentativen Querschnitt durch das Oeuvre des Komponisten Mendelssohn, vorgestellt. Zu sehen sind neben anderen die Autographe mehrerer Jugendwerke, der Italienischen und der Reformationssinfonie, der Schauspielmusik zu Antigone und des zweiten Klavierkonzerts, ferner der 42. Psalm „Wie der Hirsch schreit“, die Motette „Denn er hat seinen Engeln“ sowie mehrere Kammermusik- und Klavierwerke. Ergänzt werden Mendelssohns Originalpartituren durch ausgewählte Erstdrucke, zeitgenössische Aufführungsmaterialien und autographe Skizzen. Die Werke sind nicht chronologisch sondern nach Gattungen gruppiert, so dass Schwerpunkte und Hauptstränge seines Schaffens sichtbar werden. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die verwickelte Entstehungsgeschichte zahlreicher Werke und deren Niederschlag in Mendelssohns Autographen gelegt. Der Besucher hat die Gelegenheit, Interpretationen von 25 seiner Werke in einer vom Kurator der Ausstellung, Roland Schmidt-Hensel, zusammengestellten Auswahl zu hören.


Daten zur Ausstellung
FELIX. Felix Mendelssohn Bartholdy zum 200. Geburtstag
30. Januar — 14. März 2009
Staatsbibliothek zu Berlin — Preußischer Kulturbesitz
Haus Potsdamer Straße 33, 10785 Berlin-Tiergarten
Eintritt frei
Montag – Samstag 11—19 Uhr
Donnerstag 11­—21 Uhr
Sonntag, den 15. Februar 2009 16-21 Uhr
kostenfreie Führungen durch die Ausstellung
Donnerstag, den 5. und 19. Februar, 5. März 2009, jeweils um 18 Uhr
Dienstag, den 10. und 24. Februar, 10. März 2009, jeweils um 16.30 Uhr
Samstag, den 21. Februar 2009 um 11 Uhr sowie
am letzten Tag der Ausstellung, Samstag, den 14. März 2009 um 15 Uhr
Begleitband zur Ausstellung
FELIX. Felix Mendelssohn Bartholdy zum 200. Geburtstag  von Roland Dieter Schmidt-Hensel und Christine Baur, Stuttgart / Berlin : Carus-Verlag, 2009 (Staatsbibliothek zu Berlin — Preußischer Kulturbesitz, Ausstellungskataloge, N.F., 53) 176 S., 80 Abb.
Preis: 24,90 Euro (ab 30. Januar 2009 in der Ausstellung 19,90 Euro) …


HINTERGRUND – Über Felix Mendelssohn Bartholdy (3.2.1809 — 4.11.1847)
Felix — der Glückliche!
Der Lebensweg Mendelssohns erscheint auf den ersten Blick als eine weitgehend ungebrochene Folge glückvollen Gelingens. Geboren wurde er als Enkel des Philosophen Moses Mendelssohn und Sohn des Berliner Bankiers Abraham Mendelssohn in Hamburg, da Vater und Onkel dort seit 1804 eine Tochtergründung ihres Berliner Bankhauses führten. 1811 kehrte die Familie nach Berlin zurück, wo Felix im Kreise seiner drei Geschwister Fanny, Rebecka und Paul aufwuchs. Durch Hauslehrer wurde den Kindern eine umfassende Ausbildung in alten und neuen Sprachen, Mathematik und Geschichte, aber auch Zeichnen, Sport und Musik zuteil.
Schon früh zeigten Felix und die vier Jahre ältere Fanny besonderes musikalisches Talent. Ab 1816 erhielten sie daher bei dem angesehenen Pianisten Ludwig Berger Klavierunterricht, seit 1819 unterrichtete der Leiter der Berliner Sing-Akademie Carl Friedrich Zelter die beiden Geschwister in Komposition und Musiktheorie. Bereits 1820 komponierte der elfjährige Felix sein erstes Singspiel, 1821 die ersten Streichersinfonien und ein Jahr später die ersten Konzerte für Soloinstrumente und Orchester. Viele dieser Jugendwerke wurden bei halböffentlichen „Sonntagsmusiken“ im Hause der Eltern einem größeren Publikum vorgestellt; sofern ein Orchester vonnöten war, engagierte der Vater Mitglieder der Königlichen Kapelle.
Auf Reisen nach Paris, nach Weimar zu Goethe und in die Schweiz lernte Felix „die weite Welt“ kennen und erhielt erste Gelegenheiten, sein Talent außerhalb Berlins bekannt zu machen. Im Jahr 1829 besuchte er zum ersten Mal England; im Mai 1830 brach er zu einer über zweijährigen Bildungs- und Kunstreise auf, die ihn über München und Wien nach Italien und später über das Rheinland nach Paris und wiederum nach London führte.
Im Mai 1833 leitete er mit gerade 24 Jahren in Düsseldorf erstmals das Niederrheinische Musikfest, im Oktober wurde er dort Städtischer Musikdirektor. Im Herbst 1835 wechselte er als Gewandhauskapellmeister nach Leipzig, das mit Ausnahme zweier Berliner Intermezzi und eines längeren Aufenthaltes in Frankfurt in der ersten Hälfte der 1840er Jahre seine Hauptwirkungsstätte bleiben sollte.
In Leipzig verkörperte er als einer der ersten den sich herausbildenden Typus des modernen Chefdirigenten: Er dirigierte nicht nur die meisten Konzerte, sondern wirkte auch bei der Programmauswahl mit und engagierte sich für die sozialen Belange seiner Musiker. Daneben übernahm er zahlreiche Gastauftritte in nah und fern; insbesondere zog es ihn immer wieder zu den Niederrheinischen Musikfesten und nach England. Und natürlich: er komponierte! Unter anderem entstanden in den 1830er und 40er Jahren die Reformations-, die Italienische und die Schottische Sinfonie, die beiden Oratorien Paulus und Elias, zwei Konzerte für Klavier und eines für Violine, mehrere Psalmkantaten und andere geistliche Werke sowie zahlreiche Kammermusikwerke, Lieder und Klavierstücke.
Felix — der Glückliche?
Die erfolgreiche Karriere hatte auch ihre Schattenseiten. Nach außen hin umgänglich und verbindlich, war Mendelssohn in vielen Lebenssituationen äußerst reizbar; im Laufe seines Lebens überwarf er sich mehrfach mit Freunden und Weggefährten, zum Teil ohne dass es später nochmals zu einer Versöhnung gekommen wäre.
Als Komponist feierte Mendelssohn in fast allen Gattungen Erfolge, doch blieb ihm auf dem Gebiet der Oper der Durchbruch versagt: Nachdem seine erste abendfüllende Oper Die Hochzeit des Camacho 1827 in Berlin nur mäßigen Erfolg gehabt hatte, war Mendelssohn fast zwei Jahrzehnte auf der Suche nach einem ihm geeignet erscheinenden Libretto. Erst kurz vor seinem Tod begann er mit einer Vertonung des Lorelei-Stoffes, die er nicht mehr vollenden konnte.
Unter keinem guten Stern standen ferner die Versuche Mendelssohns, in seiner Heimatstadt Berlin beruflich Fuß zu fassen. Im Sommer 1832 bewarb er sich um die Nachfolge seines Lehrers Zelter als Direktor der Sing-Akademie, doch wurde nach einem nervenaufreibenden Verfahren Zelters langjähriger Stellvertreter Rungenhagen gewählt. Anfang der 1840er Jahre bemühte sich König Friedrich Wilhelm IV. dann, Mendelssohn nach Berlin zu ziehen; dessen zwei Berliner Intermezzi in den Jahren 1841/42 und 1843/44 endeten aber jeweils damit, dass der Komponist nach einigen Monaten, genervt von Kompetenzstreitigkeiten und Querelen, die preußische Hauptstadt wieder verließ. Und schließlich fühlte sich Mendelssohn in den letzten Lebensjahren in Leipzig durch die Vielzahl seiner Aufgaben mehr und mehr überlastet und ausgebrannt.
Auf einem im Winter 1845/46 gemalten Porträt von Eduard Magnus erscheint der 36jährige früh gealtert, und die Nachricht vom Tod seiner geliebten Schwester Fanny im Mai 1847 stürzte ihn in eine schwere Krise, von der er sich bis zu seinem frühen Tod am 4. November 1847 nicht wieder völlig erholte.

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