Ausstellung im Berliner Rathaus: Die Brüder Grimm. Märchen – Wissenschaft – Politik

Briefe, biographische Zeugnisse, Arbeitsexemplare ihrer Werke und andere Dokumente aus dem Leben und Schaffen der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm (1785-1863 / 1786-1859) werden, vertreten durch originalgetreue Kopien, ab kommenden Mittwoch sechs Wochen lang einem breiten Publikum vorgestellt. Die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz verwahrt seit dem Ende des 19. Jh. mit dem Nachlass der Brüder Grimm einen der größten und bedeutendsten Gelehrtennachlässe jener Zeit.

Die Brüder Grimm, beide geniale Sprachwissenschaftler und Philologen, gehörten zu den bedeutendsten Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, die in Berlin lebten. Sie verbrachten ihre letzen beiden Lebensjahrzehnte in der Hauptstadt Preußens, wo sie wesentliche Impulsgeber und zentrale Gestalter des geistigen und wissenschaftlichen Lebens der Stadt waren. Mit ihren Forschungen wirkten sie weit über Berlin und Deutschland hinaus. Die Staatsbibliothek zu Berlin setzt mit dieser Ausstellung ihre Reihe ‚Zu Gast im Berliner Rathaus’ fort, in welcher Dokumente berühmter Gelehrter aus Berlin gezeigt werden.
Das reiche Leben der Brüder Grimm wird an vier großen Lebensstationen nachgezeichnet: Die Brüder in Hessen, Jacob Grimm auf dem Wiener Kongreß, die Brüder als Professoren und Bibliothekare in Göttingen, schließlich ihre Berliner Jahre.
Kindheit und Jugend der Brüder leben in der Ausstellung durch Zeichnungen, ein Schulzeugnis und Lebenserinnerungen auf, dazu Urkunden und andere amtliche Schriftstücke sowie Briefe, die die berufliche Tätigkeit der Brüder verdeutlichen.
Weltruhm erlangten die Brüder Grimm als Sammler von Märchen und Sagen, die sie als „Kinder- und Hausmärchen“ veröffentlichten. Neben diesem Werk sind auch ihr „Circularbrief“, der Aufruf zum Sammeln der Volkspoesie, sowie einige Märchen- und Sagenaufzeichnungen der Brüder beziehungsweise ihrer zahlreichen Zuträger zu sehen.
Jacob und Wilhelm Grimm werden auch als Sprach- und Literaturwissenschaftler gewürdigt. Neben dem epochalen Werk „Deutsche Grammatik“ liegt eine Druckfahne mit eigenhändigen Korrekturen zum „Deutschen Wörterbuch“. Die Beschäftigung der Grimms mit der deutschen Literatur verdeutlichen wichtige Werke wie die „Deutsche Heldensage“ und Zeugnisse ihrer Vorlesungstätigkeit über mittelalterliche Werke.
Die Tatsache, dass Jacob und Wilhelm Grimm eigentlich Juristen waren, ist wenig bekannt. Aber auch auf dem Gebiet der Rechtswissenschaften haben sie Bahnbrechendes geleistet, wie eine Ausgabe ihrer „Deutschen Rechtsaltertümer“ und andere Dokumente belegen.
Selbstverständlich muss auch auf die politischen Aktivitäten der Brüder eingegangen werden, denn beide beteiligten sich aktiv am Zeitgeschehen. Durch beeindruckende Dokumente lässt sich etwa die amtliche Reise Jacob Grimms im Jahr 1815 nach Paris nachvollziehen, die er zur Wiedergewinnung der unter Napoleon nach Paris verbrachten Kunstwerke aus deutschem Besitz unternahm. Bedeutend waren auch seine Aktivitäten als Gesandter Hessen-Kassels auf dem Wiener Kongress 1814/15. Schließlich wird auf die Beteiligung der beiden Gelehrten beim Protest der „Göttinger Sieben“ zugunsten der Verfassung im Königreich Hannover eingegangen, die zu ihrer Entlassung führte. Ausgestellt ist nicht nur die berühmte Schrift Jacob Grimms über seine Entlassung, sondern auch solidarische Äußerungen von Zeitgenossen aus dem Ausland. Der Tätigkeit Jacob Grimms als Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung 1848 widmet sich eine eigene Vitrine. Sein Abgeordnetenausweis, wichtige Anträge und andere Schriftstücke dokumentieren sein Wirken als Parlamentarier.
Im letzten Abschnitt der Ausstellung wird das Wirken der Brüder Grimm in einen europäischen Kontext gestellt. Großartiges vollbrachten sie für die deutsche Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft, jedoch waren sie stets auch Wissenschaftler von europäischem Rang: Sie übersetzten irische Elfenmärchen, befassten sich mit der ersten serbischen Grammatik, mit der altdänischen Heldendichtung und der spanischen Literatur. Verdeutlicht wird diese „europäische Weite“ anhand entsprechender Veröffentlichungen der Brüder und durch Dokumente, die ihre weltweite Anerkennung beispielhaft bezeugen.


Mittwoch, 21. November 2007 – Freitag, 4. Januar 2008
montags – freitags von 9 bis 18 Uhr, an Feiertagen geschlossen
Berliner Rathaus, Rathausstraße 15, 10178 Berlin

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