Katalogisierung französischer Handschriften

Die Staatsbibliothek zu Berlin besitzt 549 kostbare, französische Handschriften, die im Laufe vieler Jahrhunderte erworben wurden. Dank der großzügigen Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) können die gegenwärtig kriegsbedingt noch immer über Berlin und Krakau verteilten, wertvollen Bestände französischer Handschriften, nun in einem einzigen, übersichtlichen  Katalogband erschlossen und so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Diese gelungene Form der deutsch-französisch-polnischen Zusammenarbeit stellt für die Staatsbibliothek eine neue und bereichernde Erfahrung dar. Mit dem Zeitraum seines Beginns markiert das Projekt zugleich ein aktuelles Jubiläumsdatum: den 40. Jahrestag der Unterzeichnung des deutsch-französischen Elyséevertrags am 22. Januar 1963. Das grenzübergreifende Katalogisierungsprojekt läuft noch bis zum Jahre 2006.

In Krakau ist dazu seit dem 1. November 2002 ein polnischer Romanist mit der Katalogisierung der dort aufbewahrten Handschriften beschäftigt, am 1. März dieses Jahres wird ein französischer, an der École Nationale des Chartes ausgebildeter Mitarbeiter mit der Bearbeitung der in Berlin aufbewahrten Handschriften anfangen. Mit Hilfe dieses bedeutenden Kooperationsprojektes gelingt es, bei vielen der französischen Handschriften zum ersten Mal zu ermitteln, welche literarischen Werke sie enthalten.

Facettenreiche Erwerbungsgeschichte

Etwa ein Drittel der Handschriften-Sammlung der Staatsbibliothek stammt  aus der Bibliothek des italienischen Sammlers und Historikers Vittorio Siri (1608-1685). Aus dieser Bibliothek gelangten sie in den Besitz des berühmten Kardinals Mazarin (1602-1661). Schon 1651 wurden sie en bloc durch einen Gesandten des Großen Kurfürsten gekauft, wohl in der Erwartung, mit diesen Handschriften besondere Kenntnisse über die französische Politik zu erwerben.

Die übrigen Handschriften wurden im Laufe der folgenden Jahrhunderte nach und nach erworben, überwiegend durch Kauf. Bedeutende Mittelalterliche französische Handschriften gelangten am Ende des 19. Jahrhunderts und am Anfang des 20. Jahrhunderts mit den Sammlungen des Herzogs von Hamilton und des Sir Thomas Phillipps in die Königliche Bibliothek.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden die französischen Handschriften zusammen mit den übrigen Beständen der Preußischen Staatsbibliothek ausgelagert. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangten 248 der 549 französischen Handschriften nach Krakau, wo sie bis heute in der dortigen Universitätsbibliothek aufbewahrt werden. Die übrigen Handschriften, mit Ausnahme einiger Kriegsverluste, kamen nach Berlin zurück.

Die Staatsbibliothek bemüht sich auch heute noch, ihre innerhalb vieler Jahrhunderte gewachsene beachtliche Sammlung französischer Handschriften zu erweitern.

Vielfältiges Sammlungsspektrum

Das wertvollste Kernstück der französischen Handschriften bilden 80 mittelalterliche Codices, von denen 54 in Berlin und 26 kriegsbedingt in Krakau aufbewahrt werden. Es handelt sich überwiegend um literarische Handschriften, darunter ein ,Roman de la Rose‘, süd-französische Lyrik, erbauliche Traktate, Chroniken, Vers-Romane und Exempel-Sammlungen.

Die Inhalte dieser französischen Handschriften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit zeigen ein vielfältiges Spektrum. Sie beziehen sich häufig auf das Verhältnis zwischen Preußen und Frankreich, auf die innenpolitische Situation bzw. auf das Verhältnis zwischen Katholiken und Protestanten in Frankreich. Dazu kommen Handschriften aus dem Bereich des Festungbaus und des Festungswesens. Literarische, philosophische und naturwissenschaftliche Handschriften bilden eher eine Minderheit. Verschiedene Handschriften entstanden am Hof des Preußischen Königs oder in der unmittelbaren Umgebung dieses Hofes.

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