Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron! Mendelssohns römisches Weihnachtslied – ein Luther-Choral
Das Autograph von Mendelssohns Weihnachtslied in der Ausstellung „Bibel – Thesen – Propaganda“.
Ein Beitrag von Roland Schmidt-Hensel.
Dem steten Strom deutscher Italienreisender des frühen 19. Jahrhunderts schloss sich 1830 auch Felix Mendelssohn Bartholdy an. Nach längeren Aufenthalten in München, Wien und Venedig erreichte er Anfang November schließlich Rom, wo er rund fünf Monate lang blieb. Kunst und Architektur der Ewigen Stadt beeindruckten den jungen Komponisten nachhaltig, wohingegen er sich von der dortigen Musikpflege eher enttäuscht zeigte.
Auf der Durchreise durch Wien hatte Mendelssohn von einem Freund eine Ausgabe von Luthers Chorälen zum Geschenk erhalten, die ihn offenbar gerade in der neuen, katholischen Umgebung nachhaltig inspirierten. So entstanden in den römischen Wintermonaten 1830/31 neben lateinischen Psalmvertonungen auch mehrere Kompositionen, die auf lutherischen Chorälen basieren. Das umfangreichste dieser Werke ist die von Mendelssohn schlicht als „Weihnachtslied“ überschriebene Kantate „Vom Himmel hoch da komm ich her“, die Mendelssohn wohl um Weihnachten 1830 begann und Ende Januar 1831 abschloss.Die Kantate besteht aus sechs Sätzen, denen insgesamt acht Strophen aus Luthers Weihnachtslied von 1535 zugrunde liegen. Musikalisch stellen die drei Chorsätze unterschiedlich gestaltete Bearbeitungen der Choralmelodie dar, wohingegen die Solo-Sätze keine offensichtlichen musikalischen Bezugnahmen auf den Choral zeigen. Im Schlusschor zur Strophe „Lob, Ehr‘ sei Gott im höchsten Thron“ wird der Choral zunächst unisono vorgetragen und von Arpeggien in den Streichern umrahmt, bevor eine mächtige Schlusssteigerung die Kantate in festlichem Jubel ausklingen lässt.
Vom 3.2. bis 2.4.2017 können Sie dieses und viele weitere Objekte zur lutherischen Kirchenmusik – darunter eine eigenhändige Komposition Bachs zum Reformationsfest 1725 und einen eigenhändigen Kompositionsversuch Luthers – selbst bei uns in der Staatsbibliothek in Augenschein nehmen.
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