Neu im Stabi Kulturwerk: Fanny Hensel und Felix Mendelssohn Bartholdy auf Italien-Reise
Felix Mendelssohn Bartholdy und seine Schwester Fanny Hensel waren zeitlebens eng miteinander verbunden. Gemeinsam genossen sie in ihrer Kindheit und Jugend Unterricht bei einigen der besten Musiker Berlins – darunter dem Direktor der Sing-Akademie Carl Friedrich Zelter – und erprobten ihre musikalischen Fähigkeiten in den vom Vater organisierten „Sonntagsmusiken“ im elterlichen Haus. Auch nach Fannys Hochzeit im Herbst 1829 und Felix‘ Weggang von Berlin Anfang der 1830er Jahre blieben sie in engem brieflichen Kontakt und schickten sich gegenseitig neue Kompositionen zur kritischen Durchsicht zu. Die Nachricht von Fannys Tod im Alter von 41 Jahren am 14. Mai 1847 – der Überlieferung nach hatte sie bei Proben einer Komposition ihres Bruders einen Schlaganfall erlitten – stürzte Felix in eine tiefe psychische Krise. Eine ausgedehnte Reise durch die Schweiz im Sommer brachte nur vorübergehende Besserung und Entspannung. Am 4. November 1847 starb auch er im Alter von nur 38 Jahren, vermutlich wie seine Schwester an den Folgen eines Schlaganfalls.
Anlässlich des 175. Todesjahres der beiden Geschwister präsentiert die Staatsbibliothek zu Berlin in der Schatzkammer des Stabi Kulturwerks einige ausgewählte Objekte, die die Reisen der beiden Geschwister nach Italien beleuchten. Als Land der Kunst und Musik entfalteten die Gefilde südliche der Alpen im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert eine besondere Anziehungskraft auf das deutsche Bürgertum, nicht zuletzt durch Goethes Italienische Reise gefördert (erschienen 1813/17 auf Basis der Reisetagebücher aus den Jahren 1786–1788).
Felix Mendelssohn Bartholdy erreichte nach Zwischenstationen in München und Wien im Oktober 1830 Venedig, den Winter und das folgende Frühjahr verbrachte er in Rom und Neapel. Zu den kompositorischen Früchten von Felix‘ Italien-Reise gehört auch die sogenannte „Italienische“ Sinfonie A-Dur, von der wir erstmals im März 1831 erfahren, als er seiner Mutter schrieb: „Ich wollte, die lustige Sinfonie, die ich auf das Land Italien mache, wäre fertig“. Wie weit die Arbeit in Italien tatsächlich gedieh, ist allerdings nicht festzustellen, da sich aus jener Zeit keinerlei Notenmanuskripte oder Skizzen zu dem Werk erhalten haben. Die autographe Partitur schrieb Mendelssohn hingegen erst Anfang 1833 in Berlin nieder, ihre Erstaufführung erlebte die Sinfonie im Mai desselben Jahres in London. Charakteristisch für Mendelssohns Arbeitsweise sind die zahlreichen Korrekturen, die Mendelssohn in einem zweiten Arbeitsgang noch vor der Erstaufführung vornahm.
Einen anderen Aspekt von Mendelssohns Italien-Reise belegt ein kleinformatiges Skizzenbuch, das er in seinem Reisegepäck mitführte und in dem er zahlreiche Reiseeindrücke festhielt. Besondere Faszination übte dabei auf ihn die Steilküste um Amalfi und Atrani aus, die Mendelssohn zusammen mit einigen befreundeten Malern im Mai 1831 für einige Tage besuchte.
Fanny Hensel hatte Anfang 1830 zeitweise gehofft, dass die ganze Familie gemeinsam mit Felix nach Italien reisen würde, was aber nicht zustande kam. Erst neun Jahre später erfüllte sich dann auch ihr Traum von Italien.
Insbesondere der gut sechsmonatige Rom-Aufenthalt zwischen Ende November 1839 und Anfang Juni 1840 bedeutete für die Komponistin einen wichtigen biografischen Einschnitt und brachte neue Impulse, die sich auch in ihrem Schaffen der folgenden Jahre niederschlugen. Als bleibende Erinnerung an ihre Italien-Reise legte Fanny Hensel das „Reise-Album 1839–1840“ an, in das sie 18 Kompositionen eintrug, die sie entweder in Italien oder in den Monaten danach komponiert hatte. Zu Beginn jedes Stückes zeichnete ihr Mann Wilhelm eine Vignette; diese Vignetten geben die wichtigsten Punkte der Reiseroute wieder. Bei dem melancholischen Klavierstück Abschied [von Rom] sind drei Wanderer zu sehen, die auf die Porta San Giovanni Laterano zurückblicken. Dies war das Stadttor, durch das die Hensels Anfang Juni 1840 Rom in Richtung Neapel verlassen hatten.
Die Musikabteilung der Staatsbibliothek besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen zur Familie Mendelssohn. Hierzu gehört neben den bereits 1878 von den Erben an die Bibliothek übereigneten Musikmanuskripten Felix Mendelssohn Bartholdys auch das 1964 als zentrale Sammlungs- und Dokumentationsstätte für die weit verzweigte Familie gestiftete Mendelssohn-Archiv. Neben einer großen Zahl von Familienbriefen, einer Bibliothek der Werke des Stammvaters Moses Mendelssohn, Dokumenten von der Hand des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy, seiner Schwester Fanny Hensel und weiterer Familienmitglieder und einer umfangreichen Bildersammlung umfasst das Mendelssohn-Archiv auch weitere Nachlässe u.a. von dem Völkerrechtler Albrecht Mendelssohn Bartholdy, den Bankiers Joseph, Alexander und Franz Mendelssohn sowie dem Komponisten Arnold Mendelssohn.
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