Immanuel Kant und die Berliner Aufklärung – Ausstellung im März 2000

Immanuel Kant war nie in Berlin, aber er stand in regen Beziehungen zum philosophischen, literarischen und politischen Leben der Stadt. Die Staatsbibiothek und das Institut für Philosophie der Humboldt-Universität zu Berlin zeigen aus Anlass des IX. Internationalen Kant-Kongresses in Berlin eine Ausstellung, die diesen Beziehungen nachspürt.Verbindungen ergaben sich durch einige Schüler Kants, die nach Berlin gegangen waren und mit dem Lehrer weiterhin in regem Briefwechsel standen; sie hielten den Königsberger Philosophen über die Berliner Ereignisse auf dem Laufenden. Er pflegte aber auch Kontakte zu Berlinern, die für ihn interessant waren, so zu philosophischen Gesprächspartnern wie Moses Mendelssohn, oder zu Herausgebern von Zeitschriften. Fast alle seine Aufsätze, auch der berühmte "Was ist Aufklärung?", erschienen in der "Berlinischen Monatsschrift".Die Berliner Staatsbibliothek steht zur Tradition der Aufklärung in enger Beziehung. Friedrich der Große hat Johann Erich Biester zum Zweiten Bibliothekar der Königlichen Bibliothek ernannt, wohl wissend, dass der mit der "Berlinschen Monatsschrift" ein Hauptorgan der Aufklärung herausgab. Unter der Regierung Friedrich Wilhelms II. war Biester allerlei Repressalien ausgesetzt, behielt aber in den Bibliotheksangelegenheiten freie Hand und wurde 1794 offiziell zum Leiter ernannt. Die Berliner Staatsbibliothek hat seither auf die Sammlung von Büchern und Manuskripten aus dem Kreis der Berliner Aufklärer immer besonderen Wert gelegt. In ihrem der Musikabteilung angegliederten Mendelssohn-Archiv besitzt sie z. B. neben Briefen und Dokumenten eine weitgehend vollständige Sammlung der Werke Moses Mendelssohns (1729-1786).Als Krönung dieser langjährigen Sammeltätigkeit erwarb die Bibliothek 1999 Kants letzte Manuskripte, bekannt unter dem Namen Opus Postumum. Nur wenige haben die Blätter bisher gesehen. Hier werden sie erstmals öffentlich gezeigt und erläutert.Die Ausstellung beginnt in Königsberg mit Kants langem Kampf um eine Anstellung an der Universität und schildert dann die Schriften der Reifezeit seiner kritischen Philosophie und die Reaktionen darauf. Aus seiner Zeit als Rektor der Universität Königsberg können erstmals Dokumente gezeigt werden, die belegen, unter welchen Umständen Kant sich geweigert hat, an der Huldigungsfeier für Friedrich Wilhelm II. teilzunehmen. Die Staatliche Archivverwaltung in Warschau hat großzügig die Genehmigung erteilt, dass die sich darauf beziehenden Archivalien aus dem Archivum Panstowe in Olsztyn (Allenstein) als Leihgaben zur Verfügung gestellt werden.In den Berlin gewidmeten Kapiteln geht es um die Briefpartner, die Schüler und ihre Vorlesungsnachsschriften, die geheime Mittwochsgesellschaft, die jüdische Aufklärung und den Zensurstreit in der Regierungszeit Friedrich Wilhelm II., aber auch um die Reaktionen auf die Französische Revolution und Kants Einflüsse auf den preußischen Liberalismus. Zurück nach Königsberg führen dann das Alterswerk und die nachgelassenen Manuskripte.Die Ausstellung schließt mit einem Berlinkapitel: Die Preußische Akademie der Wissenschaften hat mit ihrer Ausgabe der Schriften Kants, die bis heute nicht abgeschlossen ist, die moderne Kantforschung möglich gemacht. Gezeigt wird die wechselvolle Geschichte dieser Ausgabe, die an den Folgen der politischen Wechselbäder Deutschlands in diesem gerade zu Ende gegangenen Jahrhundert mitgelitten hat.Durch die Ausstellung zieht sich eine Galerie von Kantportraits, die zum ersten Mal in einem Raum versammelt sind, darunter das am meisten abgedruckte Gemälde von Becker aus dem Schiller-Nationalmuseum in Marbach und das realistische Miniaturportrait des Berliner Malers Döbler aus dem Museum Stadt Königsberg in Duisburg. Zum ersten Mal zu sehen ist ein Miniaturportrait des greisen Kant, das die Staatsbibliothek vor drei Jahren erworben hat und das in der Kantikonographie bisher unbekannt war. Den Abschluss bildet ein Bronzeguss des Modells, das Christian Daniel Rauch für das Königsberger Kantdenkmal angefertigt hat.Zur Ausstellung ist im Dr. Ludwig Reichert Verlag, Wiesbaden, ein umfangreiches, reich illustriertes Begleitbuch erschienen (ISBN 3-89500-156-2), die Deutsche Grammophon Hamburg hat zwei neue Hör-CDs mit Texten von Kant herausgegeben. Weitere Auskünfte unter Tel. 030 / 266 23 03.
29. März bis 13. Mai 2000
Ausstellungsraum
Potsdamer Straße 33, D-10785 Berlin (Tiergarten)
Öffnungszeiten:
Mo-Fr 10-20 Uhr, Sa 10-19 Uhr
sonn- u. feiertags sowie am 22.4. (Karsamstag) geschlossen
Eintritt frei

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