Herzlichen Glückwunsch, Hans Scharoun!

Heute vor 125 Jahren wurde Hans Scharoun geboren, der Architekt der Berliner Philharmonie und der Staatsbibliothek an der Potsdamer Straße, einer der bedeutendsten Vertreter des organischen Bauens.

„Eines wissen wir, dass jeder Mensch des anderen Menschen bedarf, seiner bedarf in der reichhaltigen Zahl und Vielzahl der Wesen, die da sind. Sie sind der Grundstock, aus ihrem Innern muss sich die Gemeinschaft bilden. Und so ist uns auch die Stadt als Aufgabe gegeben: als Grundlage für eine Zusammenordnung dieser Wesen von innen zu dienen. Innerhalb dieser Stadtgemeinschaft muss jedem die Möglichkeit offen sein, sich höher zu entwickeln in einer freien Form … Nur so kann der einzelne auch der Allgemeinheit in höherem Maße seine Dienste widmen.“

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Dieses Zitat stammt aus einer Rede Scharouns, die er in seiner Funktion als Stadtbaurat am 5. September 1946 zur Eröffnung der Ausstellung „Berlin plant – erster Bericht“ im Berliner Schloss gehalten hat. In dieser Rede spricht er von der „Stadtlandschaft“, in der die einzelnen Teile eine natürliche und lebendige Ordnung ergeben. Erst 21 Jahre später beginnt Scharoun mit dem Bau der Staatsbibliothek, und doch scheint es, als würde Scharoun schon 1946 die Leselandschaft unserer Bibliothek beschreiben, die eine klare Fortführung seiner Idee der Stadtlandschaft und des organischen Bauens ist.

Auch nach vielen Jahrzehnten, in denen sich das Arbeiten in der Bibliothek stark verändert hat, wirkt die Leselandschaft anziehend auf die Leserinnen und Leser, sie bietet im wahrsten Sinne des Wortes die Möglichkeit, „sich höher zu entwickeln in einer freien Form“, denn der Geist findet Freiraum bis in 18 Meter Höhe und der Blick kann über weite Flächen streifen bis hinaus auf das Kulturforum gegenüber, das durch die enormen Fensterflächen vollständig überblickt werden kann. Die Leserinnen und Leser eignen sich den Raum an und machen es sich bequem: indem sie barfuß durch die Landschaft schlendern, in der Sofa-Nische neben den Forscherkabinen ihren Mittagsschlaf halten oder die Sessel im Ostfoyer jeden Tag aufs Neue nach ihren individuellen Bedürfnissen zurechtrücken – wie im heimischen Wohnzimmer.

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Während die einen immer wieder neue Ecken und Areale der Leselandschaft entdecken, warten andere morgens schon ungeduldig auf die Öffnung um 9 Uhr, um gleich den bewährten Lieblingsplatz zu erobern und das eigene Territorium abzustecken. Und weil „jeder Mensch des anderen Menschen bedarf“ freuen sich Stammgäste und Newbies auf einen freundlichen Plausch oder eine hilfreiche Beratung an der Auskunftstheke, und treffen sich Mitarbeiter und Besucher gleichermaßen in der Cafeteria zum Kaffee oder Tee.

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Vielleicht würde sich Hans Scharoun auch über die Weiterentwicklung des Arbeitens in der Bibliothek freuen, wie den freien Zugang zu Wissen über elektronische Ressourcen an den vielen Internetarbeitsplätzen oder den rege genutzten Gruppenarbeitsraum – auch wenn diese Neuerungen in seine ursprüngliche Gestaltung eingreifen. Jedenfalls passt die Idee der veränderlichen Gewohnheiten und Bedürfnisse der Menschen wunderbar zu Scharouns Konzept des organischen Bauens. Und wenn wir Bibliothekare schmunzelnd zusehen, wie unsere Gäste den Raum für sich nutzen, dann wissen wir, dass auch sie Hans Scharoun für seine Kreativität, seine Architektur und vor allem seine Vorstellung der „Zusammenordnung dieser Wesen“ schätzen.

 

Also feiern wir und unsere Nutzerinnen und Nutzer heute den großen Architekten und sagen: Herzlichen Glückwunsch, Hans Scharoun, zum 125-Jährigen!

 

 

Zum Weiterlesen:

Virtuelle Ausstellung zu Hans Scharoun und der Staatsbibliothek an der Potsdamer Straße

Informationen zum Gebäude Potsdamer Straße auf den Webseiten der SBB

Wikipedia-Artikel über Hans Scharoun

Webseite der Scharoun-Gesellschaft

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