„Houston, wir haben ein (Rechts-)Problem!“
Ein Beitrag aus unserer Reihe Unser Universum zum Wissenschaftsjahr 2023
Einige mögen den (im Nachgang der Ereignisse verkürzten und zum geflügelten Wort gewordenen) Funkspruch der Apollo 13 an die NASA-Missionskontrollzentrale „Houston, wir haben ein Problem!“ noch erinnern. Allerdings war das damalige Problem rein technischer Natur. Aber auch wenn der Weltraum ein luftleerer Raum ist, ist er nicht rechtsfrei. Insofern mag der als Überschrift gewählte Funkspruch durchaus ein künftig denkbares Statement sein. Zur Lösung dieses Problems wäre dann ggfs. das Weltraumrecht heranzuziehen.
Das Weltraumrecht ist ein ebenso junges wie sich schnell entwickelndes Rechtsgebiet. Es kann als die Rechtsordnung beschrieben werden, die mit der Regelung des Zugangs zum Weltraum und seiner Nutzung sowie den in ihm befindlichen Objekten befasst ist. Das Weltraumrecht umfasst, ähnlich wie das allgemeine Völkerrecht, eine Vielzahl internationaler Abkommen, Verträge, Konventionen und Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen sowie Regeln und Vorschriften internationaler Organisationen. Mit der zunehmenden Kommerzialisierung des Weltraums und der steigenden Zahl von Staaten und Unternehmen, die in ihn vordringen und dort tätig sind, wird das Weltraumrecht nicht nur immer wichtiger sondern auch immer komplexer.
Die Geschichte des Weltraumrechts reicht bis in die 1950er Jahre zurück, als die ersten Satelliten ins All geschossen wurden. Seitdem haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Nutzung des Weltraums stetig weiterentwickelt und umfassen inzwischen eine Vielzahl von Themen, darunter die Regulierung der Satellitennutzung, der Raketenstarts und der bemannten Raumfahrt. Es gibt aber auch rechtliche Regelungen für die Vermeidung von Weltraummüll und den Schutz von Astronauten im Weltraum.
Eines der grundlegenden Prinzipien des Weltraumrechts ist der Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums. Dies bedeutet, dass der Weltraum ausschließlich friedlichen Zwecken dienen soll und der Einsatz von Waffengewalt im Weltraum verboten ist. Dieser Grundsatz ist in der Charta der Vereinten Nationen verankert und wurde im Weltraumvertrag bekräftigt.
Der Weltraumvertrag von 1967 (Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper) ist das grundlegende internationale Rechtsdokument für Aktivitäten im Weltraum. Er legt die grundlegenden Prinzipien fest, die die friedliche Nutzung des Weltraums regeln, die Verpflichtung zur internationalen Zusammenarbeit und die Anerkennung von Souveränität und Verantwortung der Staaten für ihre Weltraumaktivitäten. Dieser völkerrechtliche Vertrag wurde von bereits über 100 Staaten ratifiziert. Zu den weiteren wichtigen internationalen Abkommen zum Weltraumrecht gehören:
- Abkommen über die Rettung von Astronauten, die Rückführung von Astronauten und die Rückgabe von in den Weltraum gestarteten Objekten (Rettungsabkommen) von 1968: Dieses Abkommen regelt die Verpflichtungen der Staaten zur Rettung von Astronauten, zur Rückführung von Astronauten und zur Rückgabe von Weltraumgegenständen.
- Haftungsübereinkommen (Übereinkommen über die völkerrechtliche Haftung für Schäden durch Weltraumgegenstände) von 1972: Diese Konvention regelt die Haftung für Schäden, die durch Weltraumaktivitäten verursacht werden, und legt fest, dass der Staat haftbar ist, der den betreffenden Weltraumgegenstand registriert hat.
- Mondabkommen (Abkommen zur Regelung der Aktivitäten von Staaten auf dem Mond und anderen Himmelskörpern) von 1979: Dieses Abkommen regelt die Nutzung der natürlichen Ressourcen des Mondes und anderer Himmelskörper. Es legt fest, dass solche Ressourcen von der internationalen Gemeinschaft genutzt und nicht monopolisiert werden sollten.
- Registrierungsübereinkommen (Übereinkommen über die Registrierung der in den Weltraum gestarteten Gegenstände) von 1975: Dieses Übereinkommen verpflichtet Staaten zur Registrierung aller Weltraumgegenstände, die sie in den Weltraum verbracht haben, und zur Offenlegung bestimmter Informationen über diese Gegenstände.
Für die Organisation und Koordinierung der internationalen Zusammenarbeit im Weltraum ist der Weltraumausschuss der Vereinten Nationen (Committee on the Peaceful Uses of Outer Space – COPUOS) mit seinen beiden Unterausschüssen (betreffend die rechtliche sowie die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit) zuständig. Unterstützt wird er dabei durch das Büro für Weltraumfragen der Vereinten Nationen (Office for Outer Space Affairs – UNOOSA). Für Verstöße gegen UN-Abkommen zum Weltraumrecht ist der Internationale Gerichtshof in Den Haag anzurufen. Dieser ist aber nicht zuständig, wenn beispielsweise auf der ISS eine Straftat begangen wird. Zwar gibt es auch hierfür zwischen den an der ISS beteiligten Nationen ein Abkommen (Raumstations-Übereinkommen), in dem jedoch geregelt ist, welches nationale Recht bei Rechtsverstößen auf der ISS anzuwenden ist.
Zu den aktuell größten Herausforderungen des Weltraumrechts zählt die Regulierung der zunehmend kommerziellen Nutzung. Die Entstehung privater Raumfahrtunternehmen hat die Möglichkeiten für eine „touristische“ und kommerzielle Nutzung (z.B. Rohstoffgewinnung) des Weltraums erweitert. Somit ist es wichtig sicherzustellen, dass die kommerzielle Nutzung im Einklang mit den grundlegenden Prinzipien des Weltraumrechts und den internationalen Verpflichtungen der Staaten erfolgt. Ein weiteres Problem, das einer nachhaltigen (auch rechtlichen) Lösung bedarf, ist der wachsende Anteil an Weltraummüll. Ein internationales Abkommen zur Hersteller- und Nutzerverantwortung für Satelliten und deren Trümmer gibt es bisher nicht.
Richtig herausfordernd wird es, sollte die Menschheit auf extraterrestrisches Leben stoßen, das eine eigene Rechtsordnung für den Weltraum hat. Hier bekäme der Begriff „Kollisionsrecht“ noch einmal eine ganz neue Bedeutung.
Eine Auswahl aktueller Literatur zum Weltraumrecht aus dem Bestand der Staatsbibliothek:
- Smith, Lesley Jane, Ingo Baumann, und Susan-Gale Wintermuth. Routledge Handbook of Commercial Space Law. London New York: Routledge Taylor & Francis Group, 2023.
- Blount, P. J., und Mahulena Hofmann. Space Law in a Networked World. Leiden Boston: Brill, 2023.
- Abul Failat, Yanal, und Anél Ferreira-Snyman. Outer Space Law: Legal Policy and Practice. Second edition. London: Globe Law and Business, 2022.
- Kim, Youngkyu, und Universität zu Köln. International Space „Soft“ Law. Hürth: Carl Heymanns Verlag, 2022.
- Kim, Doo Hwan. Global Issues Surrounding Outer Space Law and Policy. Hershey, PA: Information Science Reference an Imprint of IGI Global, 2021.
- Steer, Cassandra, Matthew H. Hersch, Kiernan McClelland, und David D. Thompson. War and Peace in Outer Space: Law, Policy, and Ethics. New York, NY: Oxford University Press, 2021.
- Masson-Zwaan, Tanja L., und Mahulena Hofmann. Introduction to Space Law. Fourth edition. Alphen aan den Rijn, the Netherlands: Wolters Kluwer, 2019.
- Lyall, Francis, und Paul B. Larsen. Space Law: A Treatise. 2nd edition. Abingdon, Oxon New York, NY: Routledge, 2018.
- Clerc, Philippe. Space Law in the European Context: National Architecture, Legislation and Policy in France. The Hague: Eleven International Publishing, 2018.
- Gangale, Thomas. How High the Sky?: The Definition and Delimitation of Outer Space and Territorial Airspace in International Law. Leiden Boston: Brill, 2018.
https://doi.org/10.1163/9789004366022.
Vorschau: Gibt es außerirdisches Leben? Wie könnte eine Begegnung aussehen? Und wie wäre menschliches Zusammenleben im All denkbar? Mit Fragen wie diesen beschäftigen wir uns im nächsten Beitrag. Seien Sie gespannt!
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