StaBi-Fuchs & seine Gang – digitale Vernissage zur Online-Ausstellung ‚Tiere auf Papier‘ mit der Humboldt-Universität

Im Gefolge des Material Turn der Geistes- und Kulturwissenschaften gewinnen sammlungs- bzw. objektbezogene Lehrformate zusehends an Bedeutung – gerade auch in Kooperation zwischen Universitäten und Forschungsbibliotheken mit historischen Sonderbeständen. Vor diesem Hintergrund fand im Wintersemester 2020/2021 ein praxisorientiertes Seminar des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin in Zusammenarbeit mit der Staatsbibliothek zu Berlin statt, um deren Sammlungen kulturübergreifend nach Tierdarstellungen zu durchmustern und die gemachten Funde im Rahmen einer virtuellen Ausstellung thematisch zu präsentieren. Die Objekte haben sechs Master-Studierende gemeinsam mit Angehörigen des wissenschaftlichen Personals der Staatsbibliothek ausgewählt. Das Konzept der Ausstellung, die Texte und die Gestaltung haben die Studierenden entworfen und umgesetzt. Aus ihrer Perspektive berichtet der folgende Beitrag über die Entstehung der Ausstellung.

Wir laden alle Interessierten herzlich ein zur digitalen Vernissage – am 23. April 2021, 18:00 Uhr!

Gastbeitrag von Júlia Révay:

Ein Semester lang haben wir recherchiert, redigiert und immer wieder neu überlegt – nun kann unsere Online-Ausstellung endlich aller Öffentlichkeit präsentiert werden. Sie entstand im Rahmen einer praxisorientierten Lehrveranstaltung, die uns die Möglichkeit bot, eine Ausstellung zu von uns ausgewählten Drucken und Handschriften zu konzipieren. Den Ausgangspunkt bildete dabei eine Vorauswahl von Objekten aus den unterschiedlichen Sammlungen der Staatsbibliothek zu Berlin, die die Mitarbeiter:innen für uns erstellt haben. Eines hatten die Werke gemeinsam: Tiere auf Papier (oder Pergament).

Bei der Arbeit mit den historischen Büchern.

Bei der Arbeit mit den historischen Büchern.

Die Vorbereitung der Ausstellung erforderte eine grundlegend andere Arbeits- und Herangehensweise an die Objekte, als wir es im Unialltag gewohnt sind. Im Gegensatz zu Seminaren mussten wir als kleine Gruppe eng zusammenarbeiten. Im digitalen Semester bedeutete das unübersichtliche E-Mail-Verläufe, häufige Zoom-Sitzungen und gemeinsam bearbeitete Dokumente mit Kommentaren von Kommentaren von Kommentaren. Nichtsdestotrotz haben wir uns sehr gefreut, dass dank der digitalen Angebote die Verwirklichung eines solchen Projekts während der Pandemie überhaupt möglich war.

Unsere Arbeit begann damit, die Werke nach Interesse zwischen uns aufzuteilen und individuelle Fragestellungen zu formulieren. Dabei haben wir die im begleitenden Seminar diskutierten methodischen Zugänge zu Tierdarstellungen direkt erproben können. Ausgehend von unseren Objekten sind wir bei sehr weitreichenden Überlegungen angelangt: Wie sind mittelalterliche Codices entstanden? Wie muss man sich die Funktionsweise eines frühneuzeitlichen Verlags vorstellen? Haben alle Bewohner:innen Japans im 19. Jahrhundert schon mal einen Wal gesehen? Und vor allem: Was macht das Bild im Buch und wie kommt es dahin?

Für viele von uns war die Arbeit mit Büchern und Schriftrollen ein neues Territorium. Das Buch als Ganzes, also Text und Bild zusammen zu betrachten, war immer aufschlussreich. Gleichzeitig gingen damit auch einige Schwierigkeiten einher – nicht nur für die Kommiliton:innen, die sich mit fernöstlichen Objekten befasst haben. Wie wir feststellen mussten, erschließt sich der Sinn eines Textes, den man lesen (oder zumindest mühsam entziffern) kann, auch nicht immer unmittelbar. An dieser Stelle möchten wir uns bei den Mitarbeiter:innen der jeweiligen Abteilungen der Staatsbibliothek zu Berlin bedanken, die unsere Recherchen mit vielen hilfreichen Informationen bereichert haben. Am Ende hatten wir so zahlreiche und so verschiedene Spuren, die wir hätten verfolgen können, dass wir uns schweren Herzens von vielen möglichen Inhalten verabschieden mussten. Diese liefern dann womöglich den Stoff für künftige Forschungen – oder sogar weitere Ausstellungen?

Jacob van Maerlant, Der naturen bloeme, 14. Jh. SBB, Ms. germ. fol. 7v 8r.

Jacob van Maerlant, Der naturen bloeme, 14. Jh. SBB, Ms. germ. fol. 7v 8r.

Eine besondere Herausforderung war für uns neben der Auswahl und Erarbeitung der Inhalte das Format. Während wir als Masterstudierende selbst unsere Einkaufslisten am liebsten mit Fußnoten versehen würden, war es nun unsere Aufgabe, die wichtigsten Aussagen in wenigen Sätzen allgemeinverständlich zu formulieren. Wofür man in einer Hausarbeit ein mehrseitiges Einführungskapitel verfasst, musste also in ca. 1.000 Zeichen (ganz ohne Fußnoten!) passen. Hierin bestand für uns aber auch die Chance, aus den akademischen Gewohnheiten auszubrechen und unsere Interessen zu fokussieren.

Wenn die Pandemie-Lage es erlaubte, konnten wir uns in noch kleineren Gruppen vor Ort begegnen und austauschen. Eines der Highlights war für uns auf jeden Fall die Möglichkeit, mit den Originalen arbeiten zu können: Das eigene Forschungsobjekt in den Händen zu halten ist für Studierende der Kunstgeschichte eine absolute Ausnahme.  Die Bücher und die Schriftrolle als physisch präsente Objekte von allen Seiten zu betrachten war unerlässlich, um die Werke als Ganzes erfassen zu können. Auch die tatsächliche Webseite ist in den Räumlichkeiten der Stabi entstanden. Dabei konnten sich diejenigen von uns, die das zusammen erarbeitete, aufwändige Seitenkonzept umsetzten, neue Medienkompetenzen aneignen.

Friedrich Justin Bertuch, Bilderbuch für Kinder, 1795. SBB, B XXIII, 8-2 R. Art. 278-279.

Friedrich Justin Bertuch, Bilderbuch für Kinder, 1795. SBB, B XXIII, 8-2 R. Art. 278-279.

Insgesamt bot uns die Vorbereitung der Online-Ausstellung eine tolle Gelegenheit, sich in Sachen Webdesign, Ausstellungskuration und Online-Journalismus auszuprobieren. Ein gesamtes Ausstellungskonzept (fast) selbstständig erarbeitet und auf die Beine gestellt zu haben, war für uns als Team ein Erfolgserlebnis, dessen Resultat wir nun stolz präsentieren können. Zu guter Letzt möchten wir uns bei Dr. Christina Schmitz. Dr. Jochen Haug und Dr. Christian Mathieu aus der Stabi sowie bei unseren Dozentinnen, Prof. Dr. Kathrin Müller und Dr. Jitske Jasperse, für ihre wertvollen Vorschläge und ihre ununterbrochene Unterstützung ganz herzlich bedanken.

 

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