Kreuz und Que(e)r Exkurs: Korean Queer Movies

Ein Beitrag von Ida Strohe, Bibliothekarin für das Koreareferat, Ostasienabteilung der Staatsbibliothek.

Koreanische Filme erfreuen sich mehr und mehr Beliebtheit auf der internationalen Bühne, sind aber schon lange im Fokus vieler Filmliebhaber. Und obwohl die koreanische Filmindustrie schon über 100 Jahre alt ist und viele herausragenden Filme hervorgebracht hat, waren Filme mit queerem Inhalt für lange Zeit kaum oder gar nicht auffindbar. „우리는 언제나 살아왔고, 지금도 함께 살고 있습니다“ (김조광, 한국퀴어영화, Seite 3) – „Wir haben schon immer gelebt und wir leben auch jetzt zusammen“, schreibt Kim-Jho Gwangsoo im Vorwort von Korean Queer Movies. Er ist einer der wenigen Filmregisseure, der seine Homosexualität öffentlich gemacht hat und sich aktiv und mit seinen Filmen für mehr Inklusion und Gleichberechtigung der LGBTQ+ Gemeinschaft in der koreanischen Gesellschaft und vor allem in der Filmszene einsetzt. Dieses Buch erschien als Projekt des Seoul Internationalen Film Festivals in 2019 und ist eine Zusammen- und Vorstellung von insgesamt 54 koreanischen Filmen mit queerem Inhalt.

Einer der bekanntesten Filme, der auch international für Aufruhr sorgte, ist sicherlich 아가씨 – The Handmaiden (2016) von Park Chan-wook, doch zeigt uns das Buch, dass es noch so viel mehr zu entdecken gibt. Von 1965 bis 2018 ist jeder der ausgewählten Filme liebevoll mit Fotos und Inhaltsangabe sowie einer kurzen Interpretation des queeren Inhaltes vorgestellt. Auch wenn die ersten Filme mehr von Gewalt und Unterdrückung der Frauen in einer männlich dominierten Gesellschaft handeln, zeigen sie Zärtlichkeiten und Zusammenhalt, die manchmal über eine Freundschaft hinausreichten. Mit den Jahren haben LGBTQ+ inhaltliche Filme zugenommen und sind auch offener mit ihren Themen geworden, einige lassen sich sogar auf der Berlinale wiederfinden, darunter The Bacchus Lady (2016, Teil der 63. Internationalen Filmfestspiele Berlins), Weekends (2016, Teil der 66. Internationalen Filmfestspiele Berlins) oder House of Hummingbird (2018, Teil der 69. Internationalen Filmfestspiele Berlins).

Seit 2001 gibt es das Korean Queer Filmfestival (KQFF), welches jährlich in Seoul stattfindet und seit 2011 findet ebenfalls jährlich das Seoul International Pride Film Festival (SIPFF) statt, welches seit 2015 Teil der Asia Pacific Queer Film Festival Alliance (APQFFA) ist. Durch die erschaffenen Filmfestivals konnten viele der aufgeführten Filme neue oder mehr Aufmerksamkeit und einen Raum bekommen, in denen sie offen und mit Augenmerk auf ihren queeren Inhalt diskutiert werden konnten.

Das SIPFF möchte die Filmwelt inklusiver gestalten, LGBTQ+ nicht hinter „Freundschaft“ oder Hass verstecken, sondern queeren Künstler:innen die Möglichkeit geben, ihre Geschichten für die Gesellschaft zugänglicher zu machen. In den koreanischen Filmarchiven gab es kaum oder gar keine Möglichkeit queere Filme zu suchen oder zu erkennen, weshalb dieses Buch und weitere dieser Art bei den Vorbereitungen des Seoul International Film Festivals 2019 entstanden sind und weiter entstehen werden.

Am Ende des Buches werden die Filme sowie die Entwicklung und die heutige Anerkennung der LGBTQ+ Filme in Essays und Interviews verschiedener Wissenschaftler und Filmkritiker diskutiert. Regisseur So Jun-mun hatte sein erstes Coming-out im Militär und erfuhr damit eine ungekannte Diskriminierung. Zuvor hatte er nie darüber nachgedacht Filme über seine Identität zu machen, aber nun erschien es ihm als wichtig diese Erfahrungen zu verarbeiten und darzustellen: „내가 게이라는 걸 깨달았을 때 느낀 고립감을 영화로 표현하고 싶었죠.“ (소준문 감독님, Seite 303) – „Ich wollte das Gefühl der Isolation, welches ich durch mein Coming-out erfuhr, in meinen Filmen vermitteln.“

Es ist ein wundervolles Buch, geschaffen von und für queere Menschen, um queere Filme und ihre Geschichten zu feiern und sichtbarer zu machen, sowie die Anerkennung und Gleichstellung der LGBTQ+ Gemeinschaft in der Gesellschaft und der Kunst zu fördern.

Ebenfalls zu empfehlen sind die Bücher, die als Unterprojekte des Seoul International Pride Film Festival entstanden, 한국레즈비언영화 –Korean Lesbian Movies, 한국게이영화사 – Korean Gay Movies sowie die 한국트랜스젠더영화사- Korean Transgender Movies. Jedes der Bücher beschäftigt sich mit einer Minderheit der Gesellschaft, die der LGBTQ+ Gemeinschaft angehören. Alle dieser Bücher wurden 2019 durch das Seoul International Pride Festival herausgebracht und sind nun auch fast alle Teil unseres Bestandes. Leider fehlt uns Korean Gay Movies, doch wir hoffen auch das bald bei uns aufnehmen zu können.

Sie wollen selbst in den bildreichen Werken stöbern? Dann schauen Sie in unserem StabiKat vorbei – die Bücher können ganz einfach in den Lesesaal bestellt werden.

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