Wie im Fluge: Citizen Science Projekt der Stabi geht in die Verlängerung!

Ein Jahr ist im Citizen Science Projekt an der Stabi zu Kriegsflugblätter des Zweiten Weltkriegs vergangen, das in Kooperation mit dem Verein der Freunde der Staatsbibliothek zu Berlin durchgeführt wird und von dessen Start wir ebenfalls im Blog berichteten. Die Ergebnisse sind vielversprechend, sodass wir eine erste Bilanz ziehen möchten.

Projekt-Treffen im Februar

Sechs Mitglieder des Vereins der Freunde der SBB haben eine ehrenamtliche Tätigkeit aufgenommen und blätterten sich seit Frühling 2023 durch über 1.000 Flugblätter – überwiegend in deutscher, italienischer, russischer und englischer Sprache.

Diese sechs Kästen mit etwa 300 Propagandaflugblättern aus britischer Herausgeberschaft haben die ehrenamtlichen Teilnehmer:innen u.a. mit Sorgfalt durchgesehen und für den Nachweis im StaBiKat vorbereitet. SBB-PK. CC BY-NC-SA 4.0

Beim Projekt-Treffen mit allen beteiligten Ehrenamtlichen im Februar 2024 wurden die Ergebnisse der nun neu im StaBiKat nachgewiesenen Flugblätter vorgestellt und Fragen aus der Beschäftigung mit dem Propaganda-Material rege diskutiert. Wie waren die Verbreitungsmöglichkeiten? Was hat es mit den offiziellen Übersetzungen der Herausgeber zu Flugblättern auf sich, die der Sammler Klaus Kirchner den Flugblättern – wo vorhanden – beifügte? Was waren übergreifende und wiederkehrende Themen, die alle Beteiligten bei ihrer Beschäftigung mit dem Material wahrnahmen?

Die perfekte Tarnung

Eine Herausforderung waren dabei sicherlich die drei Kästen an Tarnschriften aus britischer Herausgeberschaft. Hinter Tarnumschlägen, die manchmal zum Verwechseln an ein deutsches Original wie ein evangelisches Feldgesangbuch erinnern, verbirgt sich britische Propaganda. Die Tarnung war nicht nur dazu gedacht, den deutschen Soldaten zum Aufheben, Annehmen und Weitergeben der Tarnschriften zu bewegen, sondern den Besitz unentdeckt zu lassen. Was die Inhalte betrifft, so handelt es sich häufig um sogenannte Simulationspropaganda: welche Krankheiten können wie nachgeahmt werden, um nicht an die Front gesendet zu werden? Dabei gilt es sowohl die richtigen Krankheitssymptome korrekt wiederzugeben, als auch ein Overacting, also ein übertriebenes Schauspiel, zu vermeiden. Dank der Unterstützung der ehrenamtlichen Teilnehmer:innen, können nun weitere Tarnschriften – und zum Teil auch ihre originalen Vorbilder – im StaBiKat recherchiert werden.

Deutsches Original und britische Fälschung: zum Verwechseln ähnelt die britische Tarnschrift ihrer Vorlage des Evangelischen Feldgesangbuchs. SBB-PK. CC BY-NC-SA 4.0

Variantenreichtum

Eine weitere Herausforderung, der sich die ehrenamtlichen Freunde stellten: die Unterscheidung der Varianten. Dabei handelt es sich um eine Besonderheit des Materials, selten sind ähnlich aussehende Flugblätter tatsächlich komplett identisch. Häufig wurde das Layout etwas angepasst, ein anderes Format gedruckt, ein Wort ausgetauscht, das gleiche Flugblatt unter einem anderen Codezeichen erneut verbreitet oder einfach bei einem beidseitig bedruckten Flugblatt nur eine Seite wiederverwendet. Mit anhaltender Sorgfalt gleichen die ehrenamtlichen Projektteilnehmer:innen diese Varianten ab und notieren die Unterschiede. Außerdem werden auch auf den Flugblättern erwähnte Personen wie Parteifunktionäre, Minister oder Generäle ausführlich recherchiert und notiert. Beides beschleunigt die weitere Bearbeitung durch die Mitarbeiter:innen der Abteilung Handschriften und Historische Drucke, die zum Beispiel die Informationen aus der Personenrecherche mit Normdatensätzen abgleichen und verknüpfen können, damit später Querverbindungen unter den Flugblättern entstehen.

Das Fazit: Das Interesse am Material ist weiter vorhanden und alle Teilnehmer:innen verlängern gerne ihre ehrenamtliche Tätigkeit um ein weiteres Jahr. Und eine weitere gute Nachricht: das Projekt bekommt Zuwachs, da ein weiteres Mitglied des Vereins der Freunde der SBB für das Projekt gewonnen werden konnte. Insgesamt werden sich 2024 in der Stabi nun sieben Freiwillige über das Material Flugblatt beugen.

Wir danken unseren Ehrenamtler:innen und dem Verein der Freunde der Staatsbibliothek zu Berlin für die Unterstützung!

Sie möchten nun gleich in der Sammlung der Flugblätter des Zweiten Weltkriegs stöbern? Über diesen Suchlink in den StaBiKat gelangen Sie zu den gesamten bereits erfassten Flugblätter, während Sie auch die Möglichkeit haben, unter diesem Suchlink in den StaBiKat die durch das Projekt neu nachgewiesenen Flugblätter zu recherchieren! Für Ihr Forschungsprojekt können Flugblätter aus den Sammlungen der Staatsbibliothek auch gerne zur Einsicht in den Raralesesaal bestellt werden.

Sie möchten sich auch ehrenamtlich in der Stabi engagieren? Hier finden Sie nähere Informationen zu Stabi Gemeinsam.

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