VD16 digital: Projekt erfolgreich abgeschlossen!

Passend zum Jahresschluss ziehen wir Bilanz aus einem herausragenden Digitalisierungsprojekt der Staatsbibliothek zu Berlin: Über 10.000 deutsche Drucke des 16. Jahrhunderts sind jetzt in den Digitalisierten Sammlungen verfügbar!

Ein Beitrag von Evelyn Hanisch und Friederike Willasch.

Illustration aus dem „Theuerdank“, 1517 (VD16 M 1649). Abteilung Historische Drucke. Lizenz: CC-BY-NC-SA

Nach 6 Jahren kann das Projekt VD16 digital ein sehr erfolgreiches Resümee ziehen: 10.300 Drucke mit 1,7 Millionen Seiten wurden von 2012 bis 2018 digitalisiert und inhaltlich durch Strukturmetadaten erschlossen. Fast der gesamte VD 16-relevante Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin – das heißt Drucke, die im 16. Jahrhundert im deutschen Sprachbereich erschienen sind – ist jetzt online zugänglich, ein Drittel davon in Berlin digitalisierte Exemplare.

Die Geschichte des VD 16: Mediale und politische (Um-)Brüche

Damit findet ein Projekt seinen Abschluss, dessen Vorläufer weit zurückreichen. Alles begann im Jahr 1969 mit dem kooperativen Vorhaben, eine retrospektive Nationalbibliographie aller im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts aufzubauen. Für Berlin gestaltete sich die Teilnahme schwierig: Bis zur Wiedervereinigung waren auch die Bestände aus dem 16. Jahrhundert zwischen den beiden Nachfolgeinstitutionen der Preußischen Staatsbibliothek in Ost und West geteilt, die Katalogisierung im VD 16 fand so unter erschwerten Bedingungen und ohne Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) statt. Dennoch konnten bis 2012 circa 85% der relevanten Drucke im VD 16 erschlossen werden. Der Nachweis der bisher nicht im VD 16 erfassten Drucke im Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin gelang jetzt durch das Projekt VD16 digital. Dabei wurden mehr als 600 „Nova“ identifiziert – neue Titel bzw. Ausgaben, die noch gar nicht im VD 16 katalogisiert waren.

Das 1969 gestartete VD 16 passte sich an die Entwicklungen des digitalen Zeitalters an und stellt seit der Jahrtausendwende neben einer 22-bändigen Druckausgabe der Nationalbibliographie auch die VD 16-Datenbank zur Verfügung. Um das deutsche Kulturerbe zu schützen und gleichzeitig allen Benutzern zugänglich zu machen, initiierte die DFG eine großangelegte Förderinitiative zur Digitalisierung von VD 16-relevanten Drucken, an der auch die Bayerische Staatsbibliothek und die Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt teilnahmen.

Heute sind durch die Zusammenarbeit aller beteiligten Bibliotheken fast die gesamten 30.000 im VD 16 verzeichneten und im Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin vorhandenen Drucke auch in einer in München, Halle oder Berlin produzierten digitalen Ausgabe zugänglich.

 

 

Die Präsentation in den Digitalisierten Sammlungen: links die Strukturdaten; das Icon mit dem Werkzeugschlüssel führt zu den Downloadmöglichkeiten.

 

Projektergebnisse in den Digitalisierten Sammlungen

Nach Abschluss des Projektes an der Staatsbibliothek zu Berlin ist etwa ein Drittel der 30.000 deutschen und deutschsprachigen Drucke des 16. Jahrhunderts aus dem Bestand der Staatsbibliothek in den Digitalisierten Sammlungen verfügbar. Bei der Präsentation haben wir uns besondere Mühe gegeben! Großer Wert und viel Sorgfalt wurde dabei auf die Strukturmetadaten gelegt, um den inhaltlichen Aufbau eines Werkes auf einen Blick entweder in der kompakten Gliederung in der Seitenleiste oder in der übersichtlicheren vollständigen Gliederung zu erfassen. So gelangt man unmittelbar zu Titelblatt, Widmung, Vorwort, Kapitel, Register oder Kolophon. Auch Illustrationen, Porträts, Druckermarken, Besitznachweise (darunter auch Exlibris) lassen sich auf diese Weise – und durch spezielle Sucheinstiege – finden. Ein zusätzlicher Gewinn: die Seitenvorschau als Mouseover!

 

Die Auslegung des Buchs Jesus Syrachs durch Caspar Huberinus aus dem Jahr 1570 (VD16 B 4104) in einem Einband von Severin Rötter von 1581 mit dem Supralibros Elisabeths von Anhalt (1563–1607), durch Heirat Kurfürstin von Brandenburg. Abteilung Historische Drucke. Lizenz: CC-BY-NC-SA

 

Buch-, druck- und wissenschaftsgeschichtliche Entwicklungslinien

Das Projekt ist in vielerlei Hinsicht ein Spiegel der wissenschaftshistorischen und buchhistorischen Entwicklungen des 16. Jahrhunderts. Das noch junge Berufsfeld des Buchdruckers oder Verlegers entwickelte sich weiter. In den Druckwerkstätten überwiegen Produkte aus den Wissensgebieten Theologie und Recht, deren handschriftliche Tradition bereits weit zurückreicht. Die Reformationsbewegung gibt theologischen Druckschriften einen zusätzlichen Aufschwung. Das 16. Jahrhundert war aber auch ein Zeitalter der Naturphilosophen, Entdecker und Künstler. Werke aus den Wissensgebieten Medizin, Astronomie, Botanik oder Geschichte wurden vermehrt angeboten und nachgefragt. Häufig wurde zwar noch in Latein gedruckt, aber das änderte sich im 16. Jahrhundert. Bereits die Hälfte des Projektbestandes sind deutschsprachige Drucke.

Ein Streifzug durch die Sammlungsgeschichte

Die VD 16-relevanten Drucke der Staatsbibliothek zu Berlin stammen neben der Sammlung 16. Jahrhundert vorwiegend aus der Rara-Sammlung. In dieser Sammlung werden – unabhängig von ihrem Erscheinungsjahr – besonders wertvolle oder seltene Drucke aufbewahrt. Darunter Werke, die in buchgeschichtlicher, buchkünstlerischer oder drucktechnischer Hinsicht herausragen.

Aber auch Exemplare aus der Einbandsammlung sind Teil des Projekts VD16 digital. Viele Bände des 16. Jahrhunderts sind in zeitgenössischen Einbänden erhalten und führen somit buchhistorische Entwicklungen vor Augen. Die einzelnen Werke wurden damals noch in losen Lagen ausgeliefert  und später für den Auftraggeber gebunden. Die Einbände bestanden meist aus robusten Holzdeckeln, die mit Leder bezogen und mit den für das 16. Jahrhundert charakteristischen Stempeln, Rollen oder Platten verziert wurden. Weitere exemplarspezifische Besonderheiten wie handschriftliche Besitz- und Kaufeinträge oder Exlibris können darüber hinaus interessante Hinweise auf  Vorbesitzer und die Geschichte des einzelnen Bandes geben.

Titelblatt der „Erschrecklichen, doch Warhafftigen Newen Zeitung“ über die Türken in Kroatien, 1593 bei Nikolaus Voltz in Frankfurt (Oder) erschienen (VD16 ZV 29461). Abteilung Historische Drucke. Lizenz: CC-BY-NC-SA

Einen weiteren besonderen Teil des Projektbestandes machen Flugschriften aus, da es sich überwiegend um Unika handelt, wie auch das bereits 2016 abgeschlossene Projekt VD Lied für die Liedflugschriften zeigte. Auf Papier gedruckt und teilweise mit einem Titelholzschnitt versehen präsentieren sich Flugschriften als Vorläufer der Zeitung. Im Zusammenspiel mit einer billigen Herstellung verbreiteten sich die Flugschriften schnell und waren einem großen Teil der Bevölkerung zugänglich. Der Markt wurde stark von der Reformation und der Verbreitung der reformatorischen Propaganda bestimmt. So zählen 320 Flugschriften aus der Sammlung reformatorischer Flugschriften zum Projekt VD16 digital. Eine Besonderheit sind die Flugschriften, die aus der Feder Martin Luthers stammen und mit anderen zeitgenössischen Drucken in der Luther-Sammlung aufbewahrt werden oder über die Sammlung Lynar in den Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin gelangt sind. Abseits der reformatorischen Idee brachten Flugschriften eine ganze Bandbreite an weiteren Themen zur Sprache. Von aktuellem politischen Zeitgeschehen, Kriegsereignissen, Naturkatastrophen, Prophezeiungen oder Wunderzeichen berichten etwa 650 Drucke aus der Sammlung der Historischen Flugschriften.

In drei weiteren Beiträgen werden wir bis Jahresende einige der Ergebnisse des Projektes VD16 genauer betrachten. Wir freuen uns, dass Sie dabei sind!

Und bis dahin bieten wir Ihnen hier Sucheinstiege, um in den Drucken des 16. Jahrhunderts aus unserem Bestand auf eigene Faust zu stöbern:

2 Kommentare
  1. Walter Behrendt sagte:

    Die direkte Hinleitung zu den Illustrationen in den Digitalisaten finde ich auch ganz prima. Aber hätte man nicht auch die jeweilige VD16-Nummer hinzufügen können? Oder wenigstens einen Link zum Katalog, wo man die VD16-Nummer dann gleich findet?

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    • Michaela Scheibe sagte:

      Wie schön, dass Sie nochmals auf die Bedeutung der VD16-Nummer als Identifikator für die deutschen Drucke des 16. Jahrhunderts hinweisen! Wir haben jetzt in allen vier Beiträgen zum Projekt VD16 digital die VD16-Nummern (die Sie jeweils in den Bildunterschriften und gelegentlich im Text finden) mit dem Link in die VD16-Datenbank hinterlegt, so dass man direkt zum Katalogeintrag im VD 16 gelangt. Übrigens: Auch in den Digitalisierten Sammlungen sind über den Button „i“ die bibliographischen Informationen zum Druck und damit auch die VD16-Nummer abrufbar.

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