Zeitungsmetropole Berlin – Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert die Digitalisierung der historischen Hauptstadtpresse
Aufgrund von Umfang und Qualität ihrer historischen Zeitungssammlung sowie als Mitbetreiberin der nationalen Nachweisdatenbank für Periodika engagiert sich die Staatsbibliothek zu Berlin seit vielen Jahren für die Digitalisierung dieser in ihrer spezifischen Materialität so herausfordernden Gattung, z.B. im Rahmen von Europeana Newspapers. Dabei sind es keineswegs nur Format und Variantenvielfalt des Layouts von Zeitungsseiten, die hohe Ansprüche an die eingesetzte Scan- und Texterkennungstechnologie stellen. Auch das Urheberrecht erfordert besondere Vermittlungsformate wie unser DDR-Presseportal, denn kaum eine Quelle dürfte – zumindest für die zeithistorische Forschung – interessanter sein als die sprichwörtliche Zeitung von gestern.
Um den skizzierten Herausforderungen zu begegnen und die digitale Transformation dieses für zahlreiche Wissenschaftsdisziplinen relevanten Mediums zu befördern, organisierte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Entwicklung eines nationalen Masterplans zur Zeitungsdigitalisierung – eine Initiative, an der neben der Deutschen Nationalbibliothek sowie den großen Häusern in Bremen, Dresden, Halle und München auch wir beteiligt waren.
Und auch bei der Umsetzung jenes Masterplans werden wir ebenfalls mit Förderung der DFG mit von der Partie sein, mit dem Projekt Die deutschsprachige Presselandschaft im ‚langen‘ 19. Jahrhundert – ein Beitrag zur Digitalisierung überregionaler Tages- und Wochenzeitungen aus Berlin und dem deutschen Osten. Ziel dieses Vorhabens ist es, ein Korpus von 22 Tages- und Wochenzeitungen hauptsächlich Berliner Provenienz von großer überregionaler Reichweite und Bedeutung mit einem Gesamtvolumen von etwa 2,7 Millionen Seiten zu digitalisieren und im Volltext unter der Public Domain Mark im Open Access zugänglich zu machen.
Zu den ausgewählten, das beispiellose Aufblühen der Berliner Presselandschaft im deutschen Kaiserreich dokumentierenden Zeitungen zählen so einflussreiche Titel wie Berliner Morgenpost, Berliner Tageblatt oder Deutsche Tageszeitung. Gemeinsam mit den übrigen werden diese Werke, die wir in den kommenden 36 Monaten bis zum Enddatum ihres Erscheinens, höchstens aber bis zum Jahr 1920 reproduzieren wollen, sowohl über unser Zeitungsinformationssystem ZEFYS und Europeana verfügbar sein als auch in dem ebenfalls mit unserer Unterstützung entstehenden Zeitungsportal der Deutschen Digitalen Bibliothek.
Zeitungsjunkies werden also ganz sicher auf ihre Kosten kommen – und zwar garantiert kostenfrei!
Auf Ihren Wunsch nennen wir Ross und Reiter!
Konkret haben wir die folgenden Titel und Zeiträume im Blick:
Titel und ZDB-ID | Erscheinungsverlauf (vereinfacht) | Zu bearbeitender Zeitraum |
1. Berliner Abendpost, 9300-2 | 1887 – 1921 | 1889 – 1921 |
2. Berliner Morgenpost, 749437-3 | 1898 – 1945; 1952 – | 1898 – 1920 |
3. Berliner Morgen-Zeitung, 1143083-7 | 1889 – 1939 | 1891 – 1920 |
4. Berliner Neueste Nachrichten, 22784-5 | 1881 – 1919 | 1889 – 1919 |
5. Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen …, 231505-1
6. Nachfolger: Spenersche Zeitung, 622827-6 |
1740 – 1872
1872 – 1874 |
1800 – 1874 |
7. Berliner Tageblatt und Handelszeitung, 341834-0 | 1872 – 1939 | 1872 – 1877 |
8. Das Deutsche Blatt, 1140702-5 | 1886 – 1908 | 1886 – 1908 |
9. Deutsche Tageszeitung, 253736-9 | 1894 – 1934 | 1894 – 1920 |
10. Deutsche Zeitung, 1140542-9 | 1896 – 1925 | 1896 – 1920 |
11. Nationalzeitung, 984287-1 | 1848 – 1938 | 1848 – 1910 |
12. Der Reichsbote, 125879-5 | 1873 – 1936 | 1873 – 1920 |
13. Staatsbürger-Zeitung, 1139513-8 | 1865 – 1914
1917 – 1926 |
1865 – 1920 |
14. Der Tag (Ausgabe A), 717057-9 | 1901 – 1921 | 1901 – 1921 |
15. Tägliche Rundschau, 749506-7 | 1881 – 1923
1925 – 1928 1930 – 1933 |
1881 – 1920 |
16. Urwähler Zeitung, 532362-9
17. Nachfolger: Volkszeitung, 532361-7749588-2 |
1849 – 1853
1853 – 1904 |
1849 – 1889 |
18. Neue Breslauer Zeitung, 824469-8
19. Nachfolger: Breslauer Zeitung, 985332-7 |
1820 – 1827
1828 – 1937 |
1820 – 1917 |
20. Königsberger Hartungsche Zeitung, 982123-5 | 1850 – 1928
1928 – 1933 |
1857 – 1920 |
21. Die konstitutionelle Monarchie, 1134521-4
22. Nachfolger: Ostpreußische Zeitung, 1000553-5 |
1851 – 1934 | 1850 – 1920 |
Fragen zum Projekt beantwortet: Hans-Jörg Lieder
Sehr spannend. So zeigt sich Digitalisierung auch mal in anderen Beispielen wieder! Danke fürs teilen!
Warum denn nur bis 1920?
Lieber Tom,
bitte entschuldige die späte Antwort.
Diese Grenze wurde wegen des Urheberrechts gewählt: erst 70 Jahre nach Veröffentlichung bzw. Tod eines Autors gilt ein Werk als „gemeinfrei“, also nicht mehr durch irgendwelche Rechte geschützt. Rein rechnerisch ergibt sich natürlich eine andere Jahreszahl und in nachfolgenden Projekten wird diese wahrscheinlich/hoffentlich bei 1945 liegen.
Wie man sich vorstellen kann, muss es aber für eine Einrichtung wie die Staatsbibliothek eine wohl geprüfte und allumfassend gültige Festlegung für alle Vorhaben geben. 1920 wurde aufgrund einer Risikoabschätzung (es ist unwahrscheinlich, dass noch lebende Autoren oder Fotografen Ansprüche stellen, aber nicht völlig ausgeschlossen) festgelegt.