Dantes Blicke ins Universum: Dichtung um 1300
Ein Beitrag aus unserer Reihe Unser Universum zum Wissenschaftsjahr 2023
von Laetitia Rimpau (Bergische Universität Wuppertal)
Das Ergriffensein, der Mond ist eine Welt
Das Thema des Wissenschaftsjahres 2023 lautet „Unser Universum“. Mein Universum?
Unvergesslich ist mir eine Lesung in der historischen Sternwarte Frankfurt. Zuerst hörten wir in der Kuppel Victor Hugos literarische Erkundungen einer Mondoberfläche aus Vorgebirge des Traums (1863/64). Dann schauten wir durch ein gigantisches Teleskop. Den Mond in 500-facher Vergrößerung zu sehen, es war überwältigend! Die Konturen der Hügel und Täler, der steinerne Staub nach all den opulenten Phantasie-Bildern eines Dichters… Dieser Übergang von dichterischer Imagination in wirkliche Anschauung war es, der sich tief in mir einprägte. Damals ahnte ich noch nicht, dass ich mich eines Tages mit astronomischer Literatur befassen würde. Ebenso nicht, dass der Ort meines Schreibens und Forschens einmal Scharouns Staatsbibliothek zu Berlin werden würde – zwar nicht unter einer Kuppel, aber in einem Carrel.
Literaturhinweis: Stefan Binnewies et al, Sternwarten: 95 astronomische Observatorien in aller Welt
In der Kulturgeschichte der Menschheit ist der Himmel immer schon ein Faszinosum gewesen. Aber nicht nur das: An Sternen und Planeten orientierte man sich in Raum und Zeit. Wie war es vor der Erfindung des Teleskops? Als es außer dem menschlichen Auge, der Phantasie- und Denkkraft keine technischen Geräte gab, um die Erscheinungen am Firmament genauer zu beobachten und zu berechnen? 1608 wurde das Fernrohr in Holland gebaut und zeitnah von Galileo Galilei und Johannes Kepler weiterentwickelt. Erst danach setzten die Entdeckung von bislang ungesehenen Monden und die exakte Vermessung des Himmels ein.
Literaturhinweis: Walter Robert Fuchs, Bevor die Erde sich bewegte. Eine Weltgeschichte der Physik
Im Folgenden soll es um Dante Alighieri (1265-1321), um einige seiner Blicke ins Universum, um kurze Passagen aus seiner Dichtung gehen.
Dantes „Liebe“ zu Zahl und Kosmos: Beatrice (Das Neue Leben)
Dantes Jugendschrift Das Neue Leben (La Vita Nuova, um 1292) erzählt in Poesie und Prosa die Geschichte einer großen, einer berühmten Liebe. Davon, wie der Dichter Beatrice das erste Mal sieht, ihr begegnet, sie anspricht und: wie er von ihr abgewiesen wird. Für die geliebte, aber unerreichbare Herrin (donna) erfindet der Autor ein ganzes Bedeutungsnetz um die Zahl neun. Ihr Sprechen und Handeln verkörpern die 9: „so war sie selbst diese Zahl.“ [1] Die Geliebte, eine Zahl? Es ist für uns heute schwer nachvollziehbar, dass eine Zahl (ihre Potenz, ihre Wurzel) mit dem Wesen einer menschlichen Figur gleichgesetzt wird. Wird Beatrice deshalb noch häufig als reale Geliebte des Dichters angesehen, ja verehrt? Die Fixierung auf die Zahl hat um 1300 nichts mit Magie und Kult, sondern mit dem – seit der Frührenaissance erwachenden – Interesse an rationalen Zugriffen auf die Welt zu tun: Handel, Gerätebau, Wissenschaft blühen auf. Man interessiert sich auch wieder für die antike Ideen-Zahlen-Lehre. Im Sinne von: Zahlen bilden eine göttliche Ordnung ab. Zahlen haben Eigenschaften. Mit Zahlen werden Welt und Kosmos, der Aufbau des Universums rationalisiert.
Gleich am Anfang des Neue(n) Leben stellt Dante die Weiche in diese Richtung. Um auszudrücken, dass das Dante-Ich neun Jahre alt war, als ihm Beatrice das erste Mal erschien, wählt der Autor einen kosmischen Vorgang: „Fast neunmal schon war seit meiner Geburt der Himmel des Lichts auf seiner Umlaufbahn an dieselbe Stelle zurückgekehrt, als meinen Augen zum ersten mal die glorreiche Herrin meiner Seele erschien.“ [2]
Zur Erläuterung: Die Sonne wurde im geozentrischen Weltmodell des Mittelalters als ein kreisender Planet (in einer Sphäre) gedacht. Die Erde stellte man sich ruhend im Zentrum des Universums vor. Neun Jahre bedeuten also neun Jahresumläufe der Sonne.
Warum wählt Dante dieses Bild, um seine Bindung an Beatrice zu verdeutlichen? Sie bringt „Licht“, das heißt Erleuchtung, Erkenntnis. Als kreisender Planet bringt sie „geistige Bewegung“. Der junge Dichter scheint noch nicht weit genug zu sein, um diese intellektuelle Herausforderung zu bestehen. Er verliert Beatrice. Nachdem er sie verloren hat, fehlt ihm das Zentrum seiner poetischen Kraft. Daher bleibt es das oberste Ziel, sie, und damit die Dynamik seiner Dichtung, durch einen neuen Anlauf wieder zu gewinnen. So endet Das Neue Leben.
Literaturhinweis: Dante Alighieri, Vita Nova / Das neue Leben
Dantes zehn Himmel der Wissenschaften (das Gastmahl)
Um Missverständnisse in der Deutung der Vita Nuova auszuräumen, verfasst Dante einen mehrbändigen Kommentar zu seinem Jugendwerk. Das Gastmahl (Convivio) ist zwischen 1304 und 1308 entstanden. Es ist eine der ersten philosophisch-enzyklopädischen Abhandlungen, die in der italienischen Volkssprache geschrieben sind. Der Autor gibt in diesem knöchernen Traktat persönliche Einblicke in seine Methode, seine Lektüren, das Bildungswesen der Zeit.
Eine Kernfrage lautet, was seine seligmachende Liebe eigentlich sei? Die Antwort: Diese Liebe sei keine ‚gefühlvolle‘ Liebe zu einer Frau, sondern eine ‚mannhafte‘ Liebe zur Wissenschaft. So gesehen, ist Beatrice vor allem eins: eine Funktion, ein Zahlen-Konstrukt. Ohne Beatrice ausführlich zu erwähnen, wird die Liebe zu ihr im Gastmahl mit einem Prozess wissenschaftlichen Denkens gleichgesetzt. Dieser Prozess vollzieht sich in ansteigenden Zahlen und Kreisen. Heute mutet diese Analogie von Bewegung im Kosmos und im Kopf seltsam an. Im frühneuzeitlichen Denken war sie eine vertraute Methode, um durch Ähnlichkeiten von Abläufen allgemeine Strukturen besser verstehen zu können.
Dantes Wissenschaftsmodell, in dem der imaginäre Aufstieg stattfindet, ist das mittelalterliche Sphärenmodell. Der Erkenntnisprozess des Dichters wird durch sich erweiternde Himmelskreise vorgestellt.
Um dies anschaulich zu machen, hier eine Skizze.
Dantes Modell ist ein Gedankenmodell. Es besteht aus neun Sphären (Kugelschalen): Darin bewegen sich sieben Planeten, der Fixstern- und der Kristallhimmel. Über den Sphären liegt das Empyreum auf zehnter Ebene. Das Empyreum wird als zweites Lichtzentrum und ebenfalls ruhend gedacht. Dantes Modell hat Vorläufer: Platon, Cicero, spätantike Dichter wie Boethius, Macrobius und Martianus Capella. Das Neue an Dantes Darstellung sind – gerade in Abgrenzung von Aristoteles und dem ptolemäischen Weltmodell – die Allegorie und die Analogie, die er seinem Lehrmodell zugrunde legt. Jede Sphäre ist eine Station der „Reise“. Jeder Sphäre ist eine eigene Wissenschaft zugeordnet. Im Durchmessen der Sphären und im Dialog findet ein Lernprozess statt, durch steigende Grade an Schwierigkeit. Er beginnt mit den Artes liberales (dem Wort- und Zahlenwissen). Er führt weiter zu Physik und Metaphysik und kulminiert schließlich in der reinen Wissenschaft, der christlichen Lehre (Theologie). Diese kann nicht aktiv erworben, sondern nur ‚geschaut‘ werden. Die zehnte Ebene gleicht als Lichtraum Platons Bereich der göttlichen Ideen. Hier bündelt sich vollkommenes Wissen in einem Licht-Punkt. Hier offenbart sich wissenschaftliche Gewissheit. Hier ist menschliches Maß außer Kraft gesetzt. Zur Veranschaulichung eine Tabelle, die von unten nach oben gelesen werden sollte.
Dantes „Reise“ durch die Himmel der Wissenschaften (das Paradies)
Alleine kann der Lernende den Weg zur Wissenschaft nicht vollbringen, nur im Dialog. Dass Beatrice diejenige ist, die das Dante-Ich am Anfang der Komödie (Commedia) durch Vergil ruft, seine „Reise“ durch die Hölle, den Läuterungsberg und das Paradies zu wagen, verwundert nicht: „Ich bin Beatrice, und ich heiße dich gehen.“ [3]
Literaturhinweis: Dante Alighieri, La Commedia / Die Göttliche Komödie III, Paradiso / Paradies
Und in der Logik des Gedankenmodells ist es dann auch Beatrice, die Dante – als Lenkerin des neunten Himmels [4] – auf seinem Flug im Paradies von der Erde durch die Himmel führt und ihn durch Fragen, Antworten, durch ihr Schweigen und Lächeln ins Denken bringt. Beatrice zeigt die Richtung zum Empyreum (Licht). Sie verkörpert das bewegende Prinzip.
Beide Miniaturen unten machen dies sichtbar.
In der Struktur folgt Dantes Paradies dem Sphärenmodell im Gastmahl – nacheinander werden alle Himmel ‚angesteuert‘. Die Gespräche jedoch werden von theologischen, politischen und moralischen Themen bestimmt, nicht von den zehn Wissenschaften. Das, was das Gastmahl theoretisch erörtert, bringt die Komödie erzählerisch-poetisch zur Darstellung. Das Dante-Ich unternimmt an der Seite von Beatrice seine allegorische Sphärenreise. Es ist ein Raum außerhalb von Zeit und Welt. Kennzeichnend hierfür ist der Traum-Rahmen am Anfang und Ende der Komödie. Dantes Aufstieg im dritten Teil beschreibt den Prozess einer Vision, einer imaginativen Kraft. Beide verschaffen dem Autor auch Freiräume für Hypothesen. Zur Erläuterung: Im offiziellen Diskurs ist der Himmel ein göttlicher Bereich, der nur den Theologen für Interpretationen vorbehalten ist, nicht den Laien. Bis ins 17. Jahrhundert ändert sich nichts daran. Noch Johannes Kepler wird von Universitätsgelehrten geraten: „Hände weg vom Himmel!“
Dantes Blick zurück in den Weltraum
Dante und Beatrice sind oben, am Ende des Saturnhimmels – der Sphäre der Kontemplation – angekommen. Hier haben sie den Weltraum unter ihren Füßen. Hier ist der Augenblick, an dem sie die Konstellationen der Sphären kontemplieren, an dem sie ihre Ideale prüfen. Ehe der Aufstieg in den Fixsternhimmel beginnt, fordert Beatrice Dante auf, über alle Sphärenkreise hinweg Richtung Erde hinunterzuschauen: „Drum schau (…) noch einmal hinunter und sieh, wie viel Welt ich schon unter deine Füße gebracht habe.“ [8] Beatrices Ironie klingt an. Dante reagiert nicht minder humorvoll: „Ich schaute also noch einmal zurück, durch sämtliche sieben Sphären hinab, und da sah ich doch diesen Erdball hier so winzig, dass ich lachen musste bei dem kläglichen Anblick.“ [9]
Diese Reaktion ist enorm. Warum? Die veränderte Perspektive aus dem Weltraum zeigt Distanz, damit auch Kritik: Das Lächeln über die Winzigkeit der Erde stellt den Anspruch, dass die Erde das Zentralgestirn des Universums sei, in Frage. Die Blickrichtung über die Planeten-Reihe hinweg legt nahe: Die Erde ist nur ein Planet unter anderen und eben nur ein kleiner unter größeren.
Nicht minder kühn sind die Verse, die folgen. [10] Der Reihe nach betrachtet Dante alle sieben Sphären und geht sie durch. Nach der Erde den Mond, dessen Oberfläche er zuvor falsch wahrgenommen hatte. Anschließend nimmt er Sonne, Venus und Merkur in den Blick. Aber nun ändert der Autor seine Methode. Anstatt das Naturphänomen zu beschreiben, wechselt er in das mythologische Register. Mit griechischen und römischen Götternamen spricht er eine astronomische Hypothese an: den Sonderkreislauf von Venus, Merkur und Sonne. Nämlich die Annahme, dass sich Venus und Merkur um die Sonne bewegen. Dantes Kunstgriff der mythologischen Verkleidung ist hier nicht zufällig. Es handelt sich um eine brisante Hypothese von einem antiken Dichter: Dass es innerhalb des geozentrischen Weltmodells noch einen zweiten, einen heliozentrischen Kreislauf geben müsse. Als sogenannte „ägyptische Hypothese“ ist sie in Fachkreisen bekannt. Überliefert wurde sie durch spätantike Texte, die Dante gekannt haben kann. Kopernikus und Kepler berufen sich auf diese Hypothese, ihre Autoren als Vordenker des heliozentrischen Weltmodells.
Dante beschließt seinen Rückblick auf die sieben Planeten mit einer Überlegung, die nicht minder aktuell anmutet: „Alle sieben zeigten sie mir, wie groß sie sind, und wie schnell, und wie weit sie voneinander stehen.“ Um wieder auf die Winzigkeit der Erde und ihre Bewohner zu kommen: „Das Fleckchen Erde, auf dem wir uns so wild gebärden…“. [11]
Das berühmte Foto eines Astronauten kommt einem in den Sinn. Es entstand 1968 bei der Mondumrundung der Apollo 8-Mission. Eine kahle, graue Mondlandschaft im Vordergrund, die Erde als kleiner, blauer Planet darüber. Ein Spielball im Universum.
Wie gehen wir mit unserem einzigartigen Planeten um?
Lange vor der Eroberung des Weltraums durch die Luftfahrt waren die Dichter im Universum. Mit ihren Imaginationen und Visionen haben sie ihre Leserschaft nicht nur unterhalten, sondern einen konkreten Beitrag zur wissenschaftlichen Entwicklung geliefert.
Literaturhinweis: Filippo Camerota, Dall’inferno all’empireo: il mondo di Dante tra scienza e poesia
Ein Beitrag von Laetitia Rimpau
Laetitia Rimpau ist Dozentin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Bergischen Universität Wuppertal. 2018-2019 war sie Gastprofessorin am Peter Szondi-Institut der Freien Universität Berlin, 2013 bis 2018 Lehrbeauftragte am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Bis 2009 war sie Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Romanische Sprachen und Literaturen ebendort.
Publikationen: Visionen neuer Wissenschaft. Zur dialogischen Dichtung von Dante Alighieri und Johannes Kepler (Heidelberg 2021), Reisen zum Ursprung : das Mauritius-Projekt von Jean-Marie Gustave Le Clézio (Dissertation über Le Clézio und die Poesie der Elemente nach Gaston Bachelard, Tübingen 2002); Anthologien über das Lachen und das Träumen (Fischer Verlag); Veröffentlichungen zur Konkreten Poesie, zu Stefan Zweig, Kurt Schwitters und Franz Mon („Schrift und Graphisches im Vergleich“) Joan Miró („Malerei als Poesie“), zur Literatur des Mittelalters („Raumerfahrung – Raumerfindung“) und der Renaissance („Diener – Herr – Herrschaft?“); zahlreiche Beiträge zur französischen und italienischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts (Kindlers Literatur Lexikon 2009, 3. Auflage).
Vorschau: Wir erblicken am Himmel ein Recherche-Universum: Die Historische Systematik. Kommen Sie mit auf Entdeckungstour im nächsten Beitrag!
Fußnoten
[1] Dante Alighieri, La Vita Nuova / Das Neue Leben. Italienisch und Deutsch mit Kommentaren von Luca Carlo Rossi und Guglielmo Gorni. Übersetzung von Thomas Vormbaum, Berlin, Berliner Wissenschafts-Verlag 2007, 132-133.
[2] Dante Alighieri, La Vita Nuova / Das Neue Leben, 8-9.
[3] Dante Alighieri, La Commedia / Die Göttliche Komödie, I, Inferno / Hölle, Italienisch / Deutsch. In Prosa übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler, Stuttgart, Reclam 2010, I. Gesang, Vers 70.
[4] Dante Alighieri, La Commedia / Die Göttliche Komödie, III, Paradiso / Paradiese, Italienisch / Deutsch. In Prosa übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler, Stuttgart, Reclam 2012, I. Gesang, Vers 73-74. Siehe auch die folgenden Verse 76-78: „Als mich die Drehung fesselte, die du (Beatrice, L.R.) den Himmeln als ewiges Streben zu dir hingegeben hast, mit der Harmonie, wie du sie stimmst und ordnest.“
[5] Dante, Divina Commedia, Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana Cod. It. IX, 276 (=6902), aus: Dante, Göttliche Komödie. Nach einer Handschrift aus dem 15. Jahrhundert. Kommentar zu den Miniaturen Sergio Samek-Ludovici, Fribourg – Genève, Productions Liber SA – Editions Minerva SA 1979, 92.
[6] Dante, Divina Commedia, Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana Cod. It. IX, 276 (=6902), aus: Dante, Göttliche Komödie. Nach einer Handschrift aus dem 15. Jahrhundert. Kommentar zu den Miniaturen Sergio Samek-Ludovici, Fribourg – Genève, Productions Liber SA – Editions Minerva SA 1979, 112.
[7] Divine Comedy, italienische Handschrift 1320-1350, British Library, Egerton 943, 172.
[8] Dante Alighieri, La Commedia / Die Göttliche Komödie, III, Paradiso / Paradiese, Italienisch / Deutsch. In Prosa übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler, Stuttgart, Reclam 2012, XXII. Gesang, Verse 127-129.
[9] Dante Alighieri, La Commedia / Die Göttliche Komödie, III, Paradiso / Paradiese, Italienisch / Deutsch. In Prosa übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler, Stuttgart, Reclam 2012, XXII. Gesang, Verse 132-135.
[10] Dante Alighieri, La Commedia / Die Göttliche Komödie, III, Paradiso / Paradiese, Italienisch / Deutsch. In Prosa übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler, Stuttgart, Reclam 2012, XXII. Gesang, Verse 133-154.
[11] Dante Alighieri, La Commedia / Die Göttliche Komödie, III, Paradiso / Paradiese, Italienisch / Deutsch. In Prosa übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler, Stuttgart, Reclam 2012, XXII. Gesang, Verse 148-151.
UNSER UNIVERSUM
Am Anfang war der Urknall,
um uns herum der Nachhall.
Das Weltall in Expansion
Milliarden Jahre nun schon.
Es sind dabei die Galaxien
einander rasant zu entflieh’n.
Da ist keine Wende in Sicht,
irgendwann geht aus das Licht.
Dunkle Materie ist rätselhaft,
dunkle Energie nicht minder.
Das Wissen ist noch lückenhaft,
man kommt nicht recht dahinter.
Es braucht wohl wieder ein Genie,
gar eine neue Theorie.
Des Universums Architektur –
Was ist der Sinn von allem nur?
Uns’re Galaxie ist eine von Milliarden,
ein Spiralsystem, keine Besonderheit.
Die Erde hatte die besten Karten,
hier fand das Leben Geborgenheit.
Aus toter Materie ging es hervor,
strebte hin zu höchster Komplexität.
Die Evolution wirkt als ein Motor,
der einfach niemals ins Stocken gerät.
Zahllose Arten entsteh’n und vergeh’n,
bevor der Mensch betritt die Szenerie.
Auch dessen Ende ist vorherzuseh’n,
das ist die kosmische Dramaturgie.
DER BLAUE PLANET
Die Erde ist ein herrlicher Ort,
doch wir bedrängen sie immerfort.
Was nützt uns Wohlstand und alles Geld,
wenn am Ende kollabiert die Welt.
Man produziert und produziert,
plündert Ressourcen ungeniert.
Plastikflut und Wegwerftrend,
man konsumiert permanent.
Der Mensch, dieses kluge Wesen
kann im Gesicht der Erde lesen.
Er sieht die drohende Gefahr,
spürt die Erwärmung Jahr für Jahr.
Homo sapiens muss aufwachen,
seine Hausaufgaben machen.
Die Jagd nach ewigem Wachstum
bringt letztlich den Planeten um.
Das oberste Gebot der Zeit
muss heißen Nachhaltigkeit.
Statt nur nach Profit zu streben,
Im Einklang mit der Natur leben.
Zu viele Buchen und Eichen
mussten schon der Kohle weichen.
Retten wir den herrlichen Wald,
bewahren die Artenvielfalt.
Kämpfen wir für Mutter Erde,
dass sie nicht zur Wüste werde.
Wir alle stehen in der Pflicht,
maßvoll leben ist kein Verzicht.
Teilen und Second Hand der Trend,
Repair vor Neukauf konsequent.
Bei allem etwas Enthaltsamkeit,
nehmen wir uns die Freiheit.
Für die Zukunft des Planeten,
weg mit Panzern und Raketen.
Lasst die weißen Tauben fliegen,
Aggression und Hass besiegen.
Keiner ist des Anderen Knecht,
für alle gilt das Menschenrecht.
Die Leute legen ab den Neid,
die Religionen ihren Streit.
Jeder kann glauben, was er will,
Frieden und Freiheit unser Ziel.
SUPERMOND
Der Mond über Haus und Wiese
zeigt sich heut‘ als wahrer Riese.
Als ob er uns in der Krise
hier unten nicht allein ließe.
Der Erde treuer Begleiter
stimmt uns mal traurig, mal heiter;
berührt das menschliche Gemüt,
gebannt man ihm ins Antlitz sieht.
Verliebte mögen den Mondschein,
sind mit sich und dem Mond allein.
Mondsüchtige treibt er aufs Dach,
auch Tiere bleiben länger wach.
Der Mond besitzt enorme Kraft,
womit er die Gezeiten schafft.
Doch er zieht sich langsam zurück,
entfernt sich leider Stück um Stück.
Ohne Mond kämen wir in Not,
er hält die Erdachse im Lot.
Höchste Zeit, dass ein Astronaut
mal wieder nach Frau Luna schaut.
DIE WELT DER STERNE
Deklination und Rektaszension
bestimmen die Sternposition.
Die Parallaxe indessen
hilft uns beim Entfernung messen.
Mehr Erkenntnisse bringt uns dann
das Hertzsprung-Russel Diagramm.
Der Sterne Aufbau und Wesen
an der Stellung abzulesen.
Wir sehen Sterne blau und rot,
neugeboren, auch kurz vorm Tod;
oder uns’rer Sonne ähnlich,
mittelalt und leuchtend gelblich.
Da gibt es Riesen und Zwerge
verschiedenster Leuchtstärke;
Solisten und Mehrfachsterne,
recht nah und in weiter Ferne.
All dieser Sonnen Profession
ist im Innern die Kernfusion.
Eruption und Protuberanz
sind nur oberflächlicher Tanz.
Sternenheimat sind Galaxien,
die mit ihnen durchs Weltall zieh’n.
Meist von Planeten umgeben,
gibt’s ohne Sterne kein Leben.
Die Sterne sind bis zum Ende
Geburtsort der Elemente.
Nach dem Eisen ist damit Schluss,
von den Sternen ein letzter Gruß.
Für Elemente superschwer
muss eine Supernova her.
Der Mensch, ein Kind der Sterne,
betrachtet’s aus der Ferne.
DAS SCHWARZE LOCH
Dieses obskure Objekt
hält sich im Weltall versteckt.
Es wird von Sternen umkreist,
was uns sein Dasein beweist.
Ein kosmisches Schwergewicht,
zu keiner Diät bereit.
Sternenstaub das Hauptgericht,
verschmäht wird keine Mahlzeit.
Die Materie superdicht,
stark verbogen die Raumzeit.
Dem Monster entkommt kein Licht,
Gefängnis für die Ewigkeit.
Der Ereignishorizont ist Grenze,
dahinter ist einfach Sense.
STERNENFREUNDE
Sie blicken zu Mond und Sternen,
sind den Planeten auf der Spur;
reisen zu des Weltalls Fernen,
wenn auch mit Teleskopen nur.
Unterwegs in finsterer Nacht,
im Banne der himmlischen Pracht.
Licht aus, Sterne an, klare Sicht;
viel mehr brauchen sie dazu nicht.
DER ROTE PLANET
Wenn man so auf Mars schaut,
rostrot schimmert seine Haut.
Der äußere Nachbar der Erde
ist ein ziemlich kalter Gefährte.
Halb so groß, von ähnlicher Gestalt,
der Mensch will ihn besuchen bald.
Der Planet ist mal nah, mal fern,
zieht exzentrisch um uns’ren Stern.
Dünn ist seine Atmosphäre,
früher gab’s wohl sogar Meere.
Vieles wird man noch ergründen,
vielleicht Lebensspuren finden.
LEBEN IM WELTALL
Sind wir im Universum allein,
ist weit draußen nur totes Gestein?
Zahllose Sterne am Himmel steh’n,
zahllose Planeten daneben.
Sollte man nirgendwo Leben seh’n,
zu höchster Komplexität streben?
Von Mikroben könnte es wimmeln,
unter herrlichen Exo-Himmeln.
Sterne entstehen und vergehen,
das ist im All Normalgeschehen.
Wir alle kommen von den Sternen,
wo die Elemente geboren.
Kein Atom in des Kosmos Fernen
geht im großen Zyklus verloren.
So werden in allen Galaxien
Lebenskeime ihre Kreise zieh’n.
Rainer Kirmse , Altenburg
Herzliche Grüße aus Thüringen
Danke für die interessante und meiner Meinung nach fundierte Darstellung.