Daumenkino im Video-Stream – Forschungsperspektiven auf die Digitalisierung kinetischer Kulturobjekte

Dieser Beitrag erscheint parallel auf dem Blog der Deutschen Nationalbibliothek.

Die Erwerbung einer Privatsammlung von mehr als 4.200 Pop-Up-Büchern durch das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig im vorvergangenen Jahr gab den Anstoß, die Digitalisierung und interaktive Präsentation der umfangreichen Sammlungen von Deutscher Nationalbibliothek und Staatsbibliothek zu Berlin an Bewegungs- und Spielbilderbüchern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts gemeinsam in den Blick zu nehmen. Denn kinetische Buchobjekte wie Pop-Ups, Daumenkinos oder Papierbühnen mit ihren charakteristischen flexiblen Bedienelementen – meist Ziehlaschen oder Drehscheiben – stellen keineswegs einen bloß marginalen Sonderfall neben dem Standardkodex dar. Als Plattform für eine solche Kooperation beider Einrichtungen, die durch den Material Turn der Geistes- und Kulturwissenschaften, den anhaltenden Boom der Digital Humanities und nicht zuletzt die Öffnung des Förderprogramms Digitalisierung und Erschließung der Deutschen Forschungsgemeinschaft für nicht-textuelle bzw. dreidimensionale Objekte Rückenwind hat, bieten sich die von der Staatsbibliothek zu Berlin in Verbindung mit ZEDIKUM, dem 3D-Digitalisierungszentrum der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, formulierten Empfehlungen zur digitalen Replikation dynamischer Buchobjekte an.

Doch welche Gültigkeit können im Mai 2018 veröffentlichte Richtlinien nach knapp vier Jahren auf einem derart dynamischen Feld überhaupt noch für sich beanspruchen? Um sich der Beantwortung dieser Frage in einem ersten Schritt anzunähern, haben Deutsche Nationalbibliothek und Staatsbibliothek zu Berlin im Januar 2022 einen Workshop zur Spezifizierung der Anforderungen verschiedener Disziplinen an eine wissenschaftsadäquate 3D-Digitalisierung kinetischer Kulturobjekte organisiert. Zwar lag ein Schwerpunkt dieser Veranstaltung auf den so vielfältigen Erscheinungsformen historischer Spielbilderbücher, allerdings war die Einbeziehung auch anderer buch- wie nicht-buchförmiger Materialien den organisierenden Einrichtungen ein wichtiges Anliegen. Denn zu deren Kreis zählt zudem NFDI4Culture, ein Konsortium von Forschungs- und Sammlungseinrichtungen das sich unter dem Dach der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur u.a. der Entwicklung von Standards für die digitale Repräsentation von materiellen und immateriellen Kulturgütern verschrieben hat. Besagter Workshop soll daher den Auftakt zu einer Reihe von NFDI4Culture moderierter Folgeveranstaltungen zur Einholung weiterer Wissenschaftsperspektiven markieren – in der Hoffnung, damit einen Beitrag zur künftig selbstorganisierten kooperativen Weiterentwicklung der Praxisregeln Digitalisierung der Deutschen Forschungsgemeinschaft leisten zu können.

Über das sich aus seinen Mosaiksteinchen nach und nach zusammensetzende Gesamtbild wird kontinuierlich auf den Seiten von NFDI4Culture zu berichten sein – verbunden mit der Einladung an Sie, sich an diesem Prozess zu beteiligen und die von den jeweils eingeladenen Forschenden eingenommenen Positionen aus Ihrer Sicht zu kommentieren. Erste Informationen über die im Rahmen des initialen Workshops ausgemessenen Blickwinkel aus Komparatistik, Kunstgeschichte des Mittelalters, Buch- und Medienwissenschaften und historischer Mediävistik finden Sie aber bereits schon im Protokoll dieses so angeregten wie anregenden Auftakts zum Dialog zwischen Forschung und Sammlungseinrichtungen.

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