The Tempest

Digitale Lektüretipps 7 – Hey Nonny, Nonny: Shakespeare digital, auch und gerade jetzt

Ein Beitrag aus unserer Reihe Sie fehlen uns – wir emp-fehlen Ihnen: Digitale Lektüretipps aus den Fachreferaten der SBB

Vielleicht haben Sie im Moment viel Zeit, um zu lesen. Dann lesen Sie etwas von Shakespeare, digital. Oder etwas über Shakespeare, auch digital. Das ist Stoff und Genuss nicht nur für Wochen, sondern für Jahre.

Auch in anstrengenden und ungewohnten Situationen wie der momentanen findet man bei William Shakespeare meistens Rat, Trost, profunde Gedanken oder Comic Relief. Krankheit als Thema oder Motiv steht bei Shakespeare zwar nicht allzu sehr im Fokus – da sein Gesamtwerk aber nach wie vor als umfassendes Kompendium der menschlichen Natur und der Welt insgesamt durchgeht, kommt es an den Leiden des Körpers freilich auch nicht ganz vorbei. Für einen schnellen Überblick und Einstieg empfiehlt sich  Shakespeare’s Medical Language: A Dictionary von Sujata Iyengar, 2011 erschienen, bei uns als E-Book im Bestand und von überallher zugänglich. Bei der – recht munteren – Lektüre erinnert man sich unter anderem an eine denkwürdige Szene in The Tempest, in der Caliban seinem Herrn Prospero “all the infections that the sun sucks up /From bogs, fens, flats” an den Hals wünscht.

Auch über das Thema Krankheit hinaus ist Shakespeare als der kanonische Autor der Weltliteratur schlechthin in der Online-Welt bestens bedient. Wir können hier selbstverständlich nur die alleroberste Spitze des Eisbergs ankratzen, aber nichtsdestotrotz… fangen wir mal mit den eigentlichen Texten an: Eine der besten Quellen für die originalen Texte von Shakespeares Dramen ist derzeit die Datenbank Drama Online, bei uns lizenziert und im Fernzugriff zugänglich. Hier finden Sie nicht nur die Texte von Shakespeares Dramen (und die aller möglicher anderer Autor*innen) in verschiedenen historischen und modernen Fassungen, sondern auch einen umfangreichen kritischen Apparat und reichlich Material zu historischen und kulturellen Kontexten, zur Aufführungsgeschichte und zur Rezeption. Sahnestückchen sind Video-, teilweise auch Audioaufzeichnungen wichtiger Inszenierungen der Stücke, unter anderem von der Royal Shakespeare Company. Nicht ganz so umfangreich, aber ebenfalls sehr empfehlenswert sind die frei im Netz verfügbaren Internet Shakespeare Editions, ein Non-Profit-Projekt, das u.a. von der University of Victoria in Kanada gefördert wird: gerade auch für die nicht-dramatischen Texte, also die Sonette und Versepen sowie deren Rezeption, Kontexte und Aufführungsgeschichte, sehr gut.

Falls es die deutschen Übersetzungen sein sollen: Die finden Sie als schmucklose und unkommentierte Volltexte bei Project Gutenberg; zu qualitativ hochwertigen Digitalisaten von Schlegel/Tieck und anderen (u.a. aus der Bayerischen Staatsbibliothek) gelangen Sie am besten über das Zentralverzeichnis digitalisierter Drucke. Bei unstillbarem Lesehunger auf historische Quellen der Tudorzeit lohnt sich ein Blick in Early English Books Online (EEBO), wo Sie fast die gesamte Buchproduktion Englands des 16. und 17. Jahrhunderts in digitalisierter Form finden.

Standardbibliographie für die Shakespeare-Forschung ist die World Shakespeare Bibliography, die wir Ihnen seit langem online im Fernzugriff anbieten. Zu „Pestilence“ finden Sie hier immerhin acht Publikationen, außerdem einen Aufsatz über Caliban als Metapher für ein Virus. Digitale Forschungsliteratur finden Sie natürlich über den Stabikat+ und den Stabikat (jeweils auf „nur online“ bzw. E-Books eingrenzen), ansonsten über die großen Volltextdatenbanken JSTOR und Project Muse (beide mit zusätzlichem Content in Zeiten von Corona) sowie das umfassende Anglistik-Portal Literature Online.

Allerlei Bonbons und Schmankerl, teilweise multimedial, gibt es zu Shakespeare natürlich auch. In Zeiten geschlossener Unis sind Online-Lectures ein Segen – exzellent ist z.B. (natürlich) die Reihe Approaching Shakespeare der University of Oxford. Auch die Podcasts von Play Shakespeare sind sehr gut und haben überdies einen hohen Unterhaltungswert. Das ganze Web-Angebot von Play Shakespeare lohnt übrigens eine nähere Beschäftigung, nicht nur für Theaterschaffende (aber besonders auch für die). Die möglicherweise recht lange Zeit bis zur nächsten Reise nach London  – irgendwann aber wird sie kommen, latürnich! – können Sie vielleicht mit der Agas Map überbrücken, der digitalisierten Version eines London-Stadtplans aus der Tudor-Zeit, in der Sie sich interaktiv Theater, Pubs, Kirchen und Gefängnisse anzeigen lassen und sich virtuelle Spaziergänge zusammenbasteln können. Wenn’s ein Blog sein soll: Ein qualitätsvolles und sehr aktuell gehaltenes Shakespeare-Blog läuft unter dem unprätentiösen Titel Blogging Shakespeare. Und last not least: Comic Relief gibt es nicht nur bei Shakespeare selbst, sondern auch bei Good Tickle Brain, „the world’s foremost (and possibly only) Shakespeare stick figure web comic“ – ziemlich kurzweilig. Die Autorin war übrigens in einem früheren Leben mal Bibliothekarin.

Das sollte an Material erst einmal ausreichen. Geben wir die letzten Worte dem Barden selbst:

Sigh no more, ladies, sigh no more.
Men were deceivers ever,
One foot in sea, and one on shore,
To one thing constant never.
Then sigh not so, but let them go,
And be you blithe and bonny,
Converting all your sounds of woe
Into hey nonny, nonny.

(Much Ado About Nothing, II 3)

 



 

 

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